Nicht verwechseln

Rechtfertigung und Heiligung

Artikel von Guy Waters
23. September 2018 — 4 Min Lesedauer

Die Worte Rechtfertigung und Heiligung werden in der westlichen Kultur nur noch selten gebraucht. Traurigerweise verschwinden sie auch aus dem Sichtfeld der christlichen Kirche. Ein Grund dafür, dass dieser Rückgang besorgniserregend ist: Die Bibel gebraucht die Wörter Rechtfertigung und Heiligung, um das rettende Werk Christi für Sünder zu beschreiben. Das heißt, beide Begriffe liegen am Herzen des biblischen Evangeliums. Also, was lehrt die Bibel über Rechtfertigung und Heiligung? Wie unterscheiden sie sich voneinander? Wie helfen sie uns, die Beziehung des Gläubigen zu Jesus Christus besser zu verstehen?

Rechtfertigung

Rechtfertigung ist ein Akt Gottes. Es beschreibt nicht den Weg, wie Gott einen Menschen innerlich erneuert und verändert. Stattdessen ist es eine juristische Erklärung, in der Gott den Sünder von all seinen Sünden freispricht und ihn als gerecht in seinen Augen annimmt. Gott erklärt den Sünder genau in dem Moment für gerecht, sobald der Sünder sein Vertrauen auf Jesus Christus setzt (Röm 3,21–26; 5,16; 2Kor 5,21).

Was ist die Grundlage dieses Urteilsspruchs? Gott rechtfertigt den Sünder allein auf Grundlage des Gehorsams und Todes seines Sohnes, unseres Stellvertreters, Jesus Christus. Christi vollkommener Gehorsam und die daraus resultierende vollständige Genugtuung für Sünder sind die einzige Grundlage, auf der Gott den Sünder für gerecht erklärt (Röm 5,18–19; Gal 3,13; Eph 1,17; Phil 2,8). Wir werden nicht durch unsere eigenen Werke gerechtfertigt; wir werden einzig auf Grundlage von Christi Werk für uns gerechtfertigt. Diese Gerechtigkeit wird dem Sünder angerechnet. Mit anderen Worten: In der Rechtfertigung schreibt Gott dem Sünder die Gerechtigkeit seines Sohnes gut. Genauso wie meine Sünden am Kreuz auf Christus transferiert oder auf ihn gelegt wurden, so wird mir auch seine Gerechtigkeit angerechnet (2Kor 5,21).

Wodurch werden Sünder gerechtfertigt? Sünder werden durch Glauben allein gerechtfertigt, wenn sie ihr Vertrauen auf Christus bekennen. Wir werden nicht auf Grundlage irgendeines guten Werks gerechtfertigt, das wir getan haben, momentan tun oder tun werden. Glaube ist das einzige Mittel zur Rechtfertigung. Glaube fügt nichts hinzu, was Christus für uns in der Rechtfertigung getan hat. Glaube empfängt bloß die Gerechtigkeit Jesu Christi, die im Evangelium dargeboten wird (Röm 4,4–5).

Heiligung

Schließlich muss sich rettender Glauben als echt erweisen, indem er gute Werke hervorbringt. Es ist möglich, vorzugeben, rettenden Glauben zu haben, ohne ihn wirklich zu besitzen (Jak 2,14–25). Was wahren Glauben von einer bloßen Behauptung zu glauben unterscheidet, ist das Vorhandensein von guten Werken (Gal 5,6). Wir sind auf keine Weise gerechtfertigt durch unsere guten Werke. Aber keiner darf sich als gerechtfertigt erachten, wenn er in seinem Leben nicht die Frucht und den Beweis für rechtfertigenden Glauben sieht; nämlich gute Werke.

Der Unterschied zwischen Rechtfertigung und Heiligung

Sowohl Rechtfertigung als auch Heiligung sind Gnadengaben des Evangeliums; sie gehen immer Hand in Hand; und sie haben mit der Sünde des Sünders zu tun. Aber sie unterscheiden sich auf einige wichtige Weisen.

Erstens, während Rechtfertigung die Schuld unserer Sünde anspricht, spricht Heiligung die Herrschaft und Verderbnis der Sünde in unserem Leben an. Gottes Rechtfertigung erklärt den Sünder für gerecht; Heiligung ist Gottes Erneuerung und Transformation des ganzen Menschen – unseres Verstandes, Willens, unserer Gefühle und unseres Verhaltens. Eins gemacht mit Jesus Christus in seinem Tod und seiner Auferstehung und bewohnt durch den Geist Christi sind wir tot für die Herrschaft der Sünde und lebendig für die Gerechtigkeit (Röm 6,1–23; 8,1–11). Wir sind nunmehr verpflichtet, unsere Sünde zu töten und unsere „Glieder Gott als Werkzeuge der Gerechtigkeit“ zu geben (Röm 6,13; siehe 8,13).

Zweitens, unsere Rechtfertigung ist ein vollständiger und abgeschlossener Akt. Rechtfertigung bedeutet, dass jeder Gläubige vollständig und abschließend von der Verdammnis und dem Zorn Gottes befreit ist (Röm 8,1.33–34; Kol 2,13b–14). Heiligung dagegen ist ein fortgesetztes und fortschreitendes Werk in unserem Leben. Obwohl jeder Gläubige ein für alle Mal aus der Herrschaft der Sünde herausgeführt wurde, werden wir nicht sofort vollkommen gemacht. Wir werden nicht vollständig von der Sünde befreit werden, bis wir unsere Auferstehungsleiber am Jüngsten Tag erhalten.

Christus hat für sein Volk sowohl Rechtfertigung als auch Heiligung erworben. Beide Gnadengaben haben mit Glauben an Jesus Christus zu tun, jedoch auf unterschiedliche Weise. In der Rechtfertigung führt unser Glaube dazu, dass uns vergeben wird, wir angenommen und in Gottes Augen als gerecht erachtet werden. In der Heiligung nimmt der gleiche Glaube aktiv und eifrig alle Gebote auf, die Christus dem Gläubigen gegeben hat. Wir dürfen Rechtfertigung und Heiligung weder voneinander trennen, noch sie miteinander vermischen. Wir müssen sie jedoch voneinander unterscheiden. Und, durch beide Gnadengaben kommen wir in den Reichtum und die Freude der Gemeinschaft mit Christus durch Glauben an ihn.