Drei wunderschöne Früchte einer evangeliumszentrierten Gemeinde

Artikel von Adriel Sanchez
10. Dezember 2018 — 5 Min Lesedauer

Es ist in den letzten paar Jahren in Mode gekommen, über „Evangeliumszentrierung“ zu reden. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich schätze diesen Begriff. Nachdem ich Gemeinden erlebt habe, die eine sehr verkürzte Sicht des Evangeliums hatten (d.h. das Evangelium ist nur etwas, das mit der Bekehrung zu tun hat, nicht aber mit dem Rest des christlichen Lebens), bin ich erfrischt durch die Tatsache, dass Gemeinden wieder neu die heiligende Kraft des Werkes Jesu betonen.

Eine evangeliumszentrierte Gemeinde ist eine Gemeinde, die sich hauptsächlich auf das Werk Christi konzentriert. Sie erkennt, dass Jesu priesterlicher Dienst nicht nur mit unserer Rechtfertigung zu tun hat (der Akt, in dem wir vor Gott gerecht gemacht werden), sondern mit jedem Aspekt unseres Heils. In evangeliumszentrierten Gemeinden werden wir permanent an Gottes Initiative und Handlung uns gegenüber erinnert, was manche Theologen als „vollbrachte Erlösung“ bezeichnen. Es ist diese gute Nachricht, die die Gemeinde erschafft und aufrechterhält.

Hier sind drei Früchte einer evangeliumszenrierten Gemeinde:

1. Evangeliumszentrierte Gemeinden bringen Demut hervor.

Gott verurteilt Stolz in der ganzen Bibel. Ein hochmütiger Mensch macht sich selbst zum Feind Gottes (Jak 4,6). Traurigerweise ist Stolz ein Unkraut, das in unseren eigenen Herzen wachsen kann, wenn wir es nicht sorgsam beschneiden. Moralistische Gemeinden nähren oft unseren Stolz, weil sie sich auf menschlichen Erfolg konzentrieren. Wenn wir meinen, dass wir Gottes Norm erfüllen, fangen wir an, auf andere herabzublicken, die wir als weniger gehorsam einschätzen (Lk 18,11). Ironischerweise können wir sogar arrogant werden durch unser theologisches Wissen (1Kor 8,1). Das Evangelium ist wie Gottes himmlischer Unkrauthäcksler, der unseren Stolz in Stücke schreddert, indem er uns offenbart, wie sehr wir Gottes Norm verfehlen. Wir brauchen mehr als nur ein bisschen Hilfe hier und da; wir brauchen Gott, der auf die Erde kommt und die Arbeit in Ordnung bringt, bei der wir versagt haben

„Das Evangelium ist wie Gottes himmlischer Unkrauthäcksler, der unseren Stolz in Stücke schreddert, indem er uns offenbart, wie sehr wir Gottes Norm verfehlen.“
 

Evangeliumszentrierte Gemeinden sollten radikal demütige Jünger hervorbringen, weil der Fokus immer auf unserem Bedürfnis und Gottes großer Gnade liegt. Weil die Lösung außerhalb von uns liegt, haben wir keinen Grund, stolz auf uns selbst zu sein. Genau darauf wollte Paulus hinaus, als er nach der Erörterung der freien Rechtfertigung von Sündern durch Gott schrieb: „Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen! Durch welches Gesetz? Das der Werke? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens!“ (Röm 3,27)

2. Evangeliumszentrierte Gemeinden bringen Vielfalt hervor.

Leider ist diese Frucht des Evangeliums viel seltener, als sie in unseren Gemeinden sein sollte. Oft gehen wir heute in eine Gemeinde und finden eine Gruppe von wesensverwandten Menschen vor, statt eine Gemeinschaft, die durch das Evangelium begründet ist. Damit meine ich Folgendes: In vielen unserer Gemeinden bringt uns nicht hauptsächlich Jesus und sein Evangelium zusammen, sondern gemeinsame Interessen. Das ist, was Mark Dever und Jamie Dunlop in ihrem hilfreichen Buch The Compelling Community eine „Evangelium-Plus-Gemeinschaft“ nennen. Wir sind hier wegen Jesus – plus, weil wir alle weiße Mittelständler, geringverdienende Hispanics oder Millenials sind, die die Band „Head and the Heart“ feiern. Wir müssen verstehen, dass unsere Gemeinden standardmäßig Affinitätsgruppen sein werden, wenn wir nicht über die Bedeutung des Evangeliums für die Bildung vielfältiger Gemeinschaften sprechen. Das Evangelium wendet sich nicht an eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, sondern an Sünder. Die Sünde unterscheidet nicht, und Jesus tut das auch nicht.

„Das Evangelium wendet sich nicht an eine bestimmte Bevölkerungsgruppe, sondern an Sünder.“
 

Wenn das Evangelium zentral für das Leben der Gemeinde ist, sollte sie Menschen aus allen Teilen des Lebens und allen kulturellen Hintergründen anziehen. Das ist eine Frucht, die wir in unseren Ortsgemeinden erstreben sollten, weil sie solch eine mächtige Zurschaustellung davon ist, wozu die gute Nachricht von Jesus imstande ist. Keiner ist überrascht davon, wenn eine Gruppe von Freunden sich zum Essen trifft; jeder ist jedoch überrascht, wenn zwei Menschen, die nichts gemeinsam haben – ja, die sogar Feindschaft gegeneinander hegen – sich zum Brotbrechen zusammensetzen. Zu den ersten Jüngern Jesu gehörten ein Mann, der die Regierung terrorisieren wollte (Simon, der Zelot), und ein korrupter Beamter, der mit der Regierung zusammenarbeitete (Levi, der Zöllner). Aus weltlicher Sicht Todfeinde, wurden sie in die Gemeinde Jesu gebracht, um Seite an Seite zu dienen. Wenn die Welt diese süße Frucht des Evangeliums schmeckt, wird es ihr schwerfallen, seine Kraft zu leugnen.

3. Evangeliumszentrierte Gemeinden heißen Sünder willkommen.

Evangeliumsarme Gemeinden wissen nicht, was sie mit Sündern tun sollen. So viele von uns haben diese Art von Gemeinde erlebt, dass wir uns fragen, ob es sicher für uns ist, vor anderen Christen wir selbst zu sein.

Dietrich Bonhoeffer schrieb: „Die fromme Gemeinschaft erlaubt niemandem, ein Sünder zu sein. Deshalb muss jeder seine Sünde vor sich selbst und vor der Gemeinschaft verbergen. Wir trauen uns nicht, Sünder zu sein. Viele Christen sind entsetzt, wenn plötzlich ein wirklicher Sünder unter den Gerechten entlarvt wird. Deshalb bleiben wir mit unserer Sünde allein und leben in der Lüge und der Heuchelei.“ (Gemeinsam Leben)

„Das Evangelium durchbricht diese falsche Frömmigkeit und erlaubt uns, ehrlich miteinander über unser Versagen zu sprechen.“
 

Wir leben in einer leistungsorientierten Welt, in der Menschen nicht ehrlich über ihr Versagen reden können. Diese Kultur sickert manchmal in die Gemeinde ein, und wir können eine „fromme“ Gemeinschaft haben, die letztendlich auf Schein gebaut ist. Das Evangelium durchbricht diese falsche Frömmigkeit und erlaubt uns, ehrlich miteinander über unser Versagen zu sprechen. Es erlaubt uns, unsere Sünden ins Licht zu bringen, weil das Blut Christi uns reinigen und unsere Schande wegnehmen kann. Wenn wir aufhören vorzugeben, perfekt zu sein, können wir Menschen werden, die Sünder willkommen heißen, statt auf sie mit einer „wir gegen sie“-Einstellung  zu blicken. Wir sind wie sie, aus Barmherzigkeit von Jesus reingewaschen. Wenn wir eine Kultur der Transparenz und Abhängigkeit vom Evangelium bauen, helfen wir anderen Sündern zu sehen, dass es einen Gott gibt, der sich nicht vor ihnen fürchtet.