Geordnete Anbetung

Was hat Ordnung mit Liebe zu tun?

Artikel von David P. Barry
18. August 2019 — 5 Min Lesedauer

In den Kleinkinderbereich einer Gemeinde zu laufen, wenn er von niemandem überwacht wird, kann für viele überwältigend sein. Es ist ein Chaos. Die Kinder können schreien, miteinander kämpfen, Spielzeuge werfen, sich mit den Händen die Ohren zuhalten oder irgendwelche anderen Dinge gleichzeitig tun. Kindern brauchen unstrukturierte „Spielzeit“ für ihre Entwicklung, deshalb ist das nicht unbedingt schlimm. Dennoch kann man als erwachsener Beobachter zurecht aus der Unordnung schließen, dass diese Kinder sich nicht darauf geeinigt haben, was sie tun.

Wir können einen lauten Kleinkinderbereich tolerieren, aber in anderen Kontexten ist solch ein Chaos nicht in Ordnung. Eine ungeordnete Universitätsabschlussfeier oder Hochzeitsfeier wäre nicht angemessen, weil das von dem einheitlichen Fokus der Versammlung ablenken würde. Das gleiche Prinzip gilt für unsere Anbetung.

Das Bild des Chaos im Kleinkinderbereich ist so ähnlich, wie Paulus die Anbetung in der Gemeinde in Korinth beschrieb: „Wie ist es nun, ihr Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder von euch etwas: einen Psalm, eine Lehre, eine Sprachenrede, eine Offenbarung, eine Auslegung; alles lasst zur Erbauung geschehen!“ (1Kor 14,26). Das Problem waren nicht die Psalmen oder die Lehre, sondern dass jede Person anbetete, wie es ihr recht erschien. Dieses Klima hatte zur Folge, dass die Gläubigen nicht wuchsen und die Ungläubigen daran gehindert wurden, das Evangelium zu verstehen.

Wenn wir den ersten und den letzten Vers dieses Abschnitts miteinander vergleichen, sehen wir, was die Gläubigen daran hinderte zu wachsen. Der Befehl, „alles zur Erbauung geschehen zu lassen“ (Vers 26) wird von einem parallelen Befehl gefolgt, „alles anständig und ordentlich zugehen zu lassen“ (Vers 40). Unsere Erbauung ist ein Nebenprodukt der Verehrung des Herrn zusammen mit unseren Brüdern und Schwestern. Der Gedanken einer „freien Anbetung“, in der jede Person teilnimmt, wie sie geführt wird, übersieht die profunde Wirklichkeit, dass unsere Anbetung dazu gedacht ist, unsere Einheit zu verkörpern. Unsere Anbetung soll uns und der zusehenden Welt demonstrieren, dass Jesus die Macht hat, eigensinnige Individuen in eine Familie zu verwandeln. Aber wenn wir nicht vereint handeln, dann wird ein außenstehender Beobachter aus der Unordnung zurecht schließen können, dass wir uns nicht darauf geeinigt haben, was wir tun.

Es ist bedeutsam, dass Paulus uns lehrt, in unserer Anbetung anständig und ordentlich zu sein und alle Dinge zur Erbauung des Leibes geschehen zu lassen genau in dem Kapitel, das auf seine Lehre über die christliche Liebe folgt. Nachdem er wahre Evangeliumsliebe als „langmütig und gütig… nicht prahlend… und nicht das Ihre suchend“ (1Kor 13,4-5) beschrieben hat, ruft er alle dazu auf „nach der Liebe zu streben“ (1Kor 14,1) und dann beschreibt er richtige Anbetung. Mit anderen Worten, er lehrt uns, auf eine Art und Weise anzubeten, die unsere Liebe für einander und für Christus widerspiegelt. Wir können daraus schießen, dass ungeordnete Anbetung nicht nur ein alternativer Ansatz ist – sie ist unliebsam. Der „Anstand“ der Anbetung ist keine neutrale Vorstellung; es ist ein moralischer Gedanke. Die zwei anderen Male, als Paulus dieses Wort gebraucht, sind, als er über moralisches Verhalten redet (Röm 13,13; 1Thess 4,12). Unsere Anbetung wird entweder Gottes Macht demonstrieren, uns zusammenzubringen, oder sie falsch darstellen. Denn schließlich ist „Gott nicht ein Gott der Unordnung, sondern des Friedens“ (1Kor 14,33).

Die chaotische Anbetung in Korinth war eine Barriere für das Evangelium.

 

Aber die chaotische Anbetung in Korinth war nicht nur ein Problem für die Gemeinde selbst. Es war auch eine Barriere für das Evangelium. Es hinderte Ungläubige daran, die Wahrheit zu verstehen. Die meisten Eltern würden ihre Kinder nicht in einer Kleinkinderbetreuung abgeben, wo Chaos tobt. Paulus macht ein ähnliches Argument, wenn Ungläubige in einen ungeordneten Gottesdienst kommen, wo jeder redet und keine Ordnung herrscht. Er schließt daraus: „Würden sie nicht sagen, dass ihr von Sinnen seid?“ (Vers 23)

Zunächst mögen wir vielleicht geneigt sein, gegen diesen Punkt zu argumentieren. Wir mögen anführen, dass, bis der Heilige Geist das Herz eines Menschen verändert, er Anbetung nicht wertschätzen oder das Evangelium nicht verstehen kann. Aber es geht um mehr. Es ist nicht einfach eine Frage der „Ungeistlichkeit“ von Nichtchristen, sondern dass sie merken, dass die Liebe fehlt. Ist es nicht das, was Jesus seinen Jüngern im Obergemacht sagte? „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt“ (Joh 13,35). Unsere Anbetung ist dazu gedacht, der wichtigste Ort zu sein, wo wir die Liebe für Gott und für einander demonstrieren. Es ist der deutlichste Ort, wo Jesu Gebet für uns dargestellt wird: dass wir eins seien (Joh 17,11.21-23).

Jeder Teil unserer Anbetung sollte die Einheit widerspiegeln, für die Jesus betete, lebte, starb und wiederauferstand, um sie zu realisieren. Aber Jesu Verheißung, dass die Art und Weise, wie wir einander lieben, demonstrieren wird, dass wir seine Jünger sind, ist ein zweischneidiges Schwert. Wenn wir es zulassen, dass unsere Anbetung unsere Individualität widerspiegelt statt unsere Einheit, dann zeigen wir einer zusehenden Welt, dass Jesus Menschen nicht zusammenbringt. Ein „Unkundiger“ (um den Begriff von Paulus aus 1. Korinther 14,16.23 zu gebrauchen) sollte die versammelten Heiligen beobachten können, wie sie gemeinsam Christus bekennen, gemeinsam singen, gemeinsam beten und gemeinsam aktiv in ihrer Andacht Christus ihrem Herrn zuhören, wie er sie in seinem verkündigten Wort anredet. Er sollte erkennen können, dass es ein einheitliches Ziel und eine einheitliche Anbetung gibt. Er sollte die Macht Gottes sehen, verschiedene Personen und Persönlichkeiten zusammenzubringen und sie in einem heiligen Ziel und in einer heiligen Liebe zu vereinen.

Nachdem er die Korinther daran erinnert hatte, dass die „Liebe niemals aufhört“ (1Kor 13,8), sagte Paulus anschließend: „Als ich ein Unmündiger war, redete ich wie ein Unmündiger, dachte wie ein Unmündiger und urteilte wie ein Unmündiger; als ich aber ein Mann wurde, tat ich weg, was zum Unmündigsein gehört“ (Vers 11).

Wenn du das nächste Mal einen Gottesdienst besuchst, erinnere dich an die zwei großen Gebote: Gott und deinen Nächsten zu lieben.