„Fleisch“ und „Geist“
Was ist damit eigentlich gemeint?
Die Autoren des Neuen Testaments verweisen immer wieder auf den Gegensatz von Fleisch (griech. sarx) und Geist (griech. pneuma). Doch diese Gegenüberstellungen sind nicht alle gleich. Man kann dabei insgesamt sogar zehn verschiedene Gegensatzpaare unterscheiden (obwohl sich manche davon überlappen):
1. Körperlicher vs. geistlicher Aspekt
Paulus ermahnt: „... so wollen wir uns reinigen von aller Befleckung des Fleisches [sarx] und des Geistes“ (2Kor 7,1). Dabei geht es ihm darum, dass die Sünde unser ganzes Wesen verunreinigt, was zwei Aspekte beinhaltet: einen körperlichen (äußeren) und einen geistlichen (inneren). Paulus verwendet diese Dichotomie auch an anderen Stellen: „Denn wenn ich auch leiblich [sarx] abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch“ (Kol 2,5; vgl. auch 1Kor 5,3); ebenso die Anweisung, „den Betreffenden“ „dem Satan zu übergeben zum Verderben des Fleisches, damit der Geist gerettet werde am Tag des Herrn Jesus“ (1Kor 5,5).
2. Körperliche Schwäche vs. gute Absichten
„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach“ (Mt 26,41; Mk 14,38). Physische Schwäche kann bewirken, dass es uns schwer fällt, das Richtige zu tun, obwohl wir eigentlich die gute Absicht haben, richtig zu handeln.
3. Physischer Körper vs. nicht-physische Person
„Seht an meinen Händen und meinen Füßen, dass ich es bin! Rührt mich an und schaut, denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich es habe!“ (Lk 24,39) Nachdem Jesus von den Toten auferstanden war, musste er seine Jünger davon überzeugen, dass er einen physischen Körper hatte und nicht nur ein Geist oder eine nicht-physische Person war.
In diesem Sinn unterscheidet Paulus auch, wogegen wir zu kämpfen haben: „Denn unser Kampf richtet sich nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen … die geistlichen [griech. pneumatikos; das Adjektiv zu pneuma] Mächte der Bosheit in den himmlischen Regionen“ (Eph 6,12).
4. Physischer Körper vs. Heiliger Geist
Christus wurde Mensch mit einem menschlichen Körper und wurde so auch getötet, aber der Geist ließ ihn wieder auferstehen: „Gott ist geoffenbart worden im Fleisch, gerechtfertigt im Geist“ (1Tim 3,16). Christus wurde „getötet nach dem Fleisch [sarx], aber lebendig gemacht durch den Geist“ (1Petr 3,18; vgl. 1Petr 4,6).
5. Vergänglicher vs. unvergänglicher Körper
„Die Bibel nennt den Leib als solchen niemals böse“
In 1. Korinther 15,35–57 stellt Paulus unseren vergänglichen (physischen) Körper und unseren zukünftigen unvergänglichen (ebenfalls physischen) Auferstehungskörper gegenüber: „Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht erben; auch erbt das Verwesliche nicht die Unverweslichkeit“ (1Kor 15,50). „Es wird gesät ein natürlicher Leib [griech. soma, ein Synonym für sarx], und es wird auferweckt ein geistlicher [pneumatikos] Leib [soma]. Es gibt einen natürlichen Leib [soma], und es gibt einen geistlichen Leib [pneumatikos]“ (1Kor 15,44). In diesem Fall sind der natürliche Leib und der geistliche Leib beide physisch; die Bibel nennt den Leib als solchen niemals böse. Der Unterschied zwischen beiden ist, dass der geistliche (der Auferstehungsleib) niemals sterben wird.
6. Körperliche Einheit vs. geistliche Einheit
„Oder wisst ihr nicht, dass, wer einer Hure anhängt, ein Leib mit ihr ist? ‚Denn es werden‘, heißt es, ‚die zwei ein Fleisch sein.‘ Wer aber dem Herrn anhängt, ist ein Geist mit ihm“ (1Kor 6,16–17). Ein Grund, warum Christen keinen Sex mit Prostituierten haben dürfen, ist, dass solch eine körperliche Einheit nicht vereinbar ist mit ihrer geistlichen Einheit mit Christus, schließlich gehört auch ihr Leib Christus (siehe 1Kor 6,12–20).
7. Geistlicher Tod vs. geistliches Leben
„Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist“ (Joh 3,6). Das Prinzip ist hier, dass Gleiches Gleiches hervorbringt. Menschen reproduzieren nur weitere geistlich tote Menschen – allein der Geist bringt Menschen hervor, die geistlich lebendig sind.
8. Menschliche Unfähigkeit vs. die Fähigkeit des Heiligen Geistes
- „Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch, und was aus dem Geist geboren ist, das ist Geist“ (Joh 3,6).
- „Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch rede, sind Geist und sind Leben“ (Joh 6,63).
- „Denn nicht der ist ein Jude, der es äußerlich ist; auch ist nicht das die Beschneidung, die äußerlich am Fleisch geschieht; sondern der ist ein Jude, der es innerlich ist, und seine Beschneidung geschieht am Herzen, im Geist, nicht dem Buchstaben nach“ (Röm 2,28–29a).
Menschen können kein ewiges Leben produzieren. Nur Gottes Geist kann das (Joh 1,13). Diese Überzeugung liegt auch zugrunde, wenn Paulus in Galater 4,29 schreibt: „Doch gleichwie damals der gemäß dem Fleisch Geborene [Ismael] den gemäß dem Geist Geborenen [Isaak] verfolgte, ...“
Das gleiche Prinzip gilt auch für das christliche Leben: „Seid ihr so unverständig? Im Geist habt ihr angefangen und wollt es nun im Fleisch vollenden?“ (Gal 3,3; siehe auch Phil 3,3–4). Der Geist bringt Leben hervor, sodass die Menschen zunächst Christus bei ihrer Bekehrung vertrauen, dann aber auch ihr ganzes Leben lang.
9. Nichtchristlich vs. christlich
Der Kontrast besteht hier darin, ob jemand „im Fleisch“ oder „im Geist“ ist. Nur Nichtchristen leben in diesem Sinn „im Fleisch“ (dem entspricht der „alte Mensch“ in Röm 6,6; Eph 4,22; Kol 3,9) und nur Christen leben „im Geist“.
„Denn als wir im Fleisch waren, da wirkten in unseren Gliedern die Leidenschaften der Sünden, die durch das Gesetz sind, um dem Tod Frucht zu bringen. Jetzt aber sind wir vom Gesetz frei geworden, da wir dem gestorben sind, worin wir festgehalten wurden, so dass wir im neuen Wesen des Geistes dienen und nicht im alten Wesen des Buchstabens“ (Röm 7,5–6).
„... damit die vom Gesetz geforderte Gerechtigkeit in uns erfüllt würde, die wir nicht gemäß dem Fleisch wandeln, sondern gemäß dem Geist. Denn diejenigen, die gemäß der Wesensart des Fleisches sind, trachten nach dem, was dem Fleisch entspricht; diejenigen aber, die gemäß der Wesensart des Geistes sind, trachten nach dem, was dem Geist entspricht. Denn das Trachten des Fleisches ist Tod, das Trachten des Geistes aber Leben und Frieden, weil nämlich das Trachten des Fleisches Feindschaft gegen Gott ist; denn es unterwirft sich dem Gesetz Gottes nicht, und kann es auch nicht; und die im Fleisch sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht im Fleisch, sondern im Geist, wenn wirklich Gottes Geist in euch wohnt; wer aber den Geist des Christus nicht hat, der ist nicht sein. … So sind wir also, ihr Brüder, dem Fleisch nicht verpflichtet, gemäß dem Fleisch zu leben! Denn wenn ihr gemäß dem Fleisch lebt, so müsst ihr sterben; wenn ihr aber durch den Geist die Taten des Leibes tötet, so werdet ihr leben“ (Röm 8,4–13).
Paulus verweist auf das Prinzip des Säens und Erntens, wenn er „Verderben“ und „ewiges Leben“ gegenübergestellt: „Denn wer auf sein Fleisch sät, der wird vom Fleisch Verderben ernten; wer aber auf den Geist sät, der wird vom Geist ewiges Leben ernten“ (Gal 6,8).
10. Sündhafte Neigung vs. Heiliger Geist
Christen stehen in einem lebenslangen Kampf gegen „das Fleisch“, bevor sie einst verherrlicht werden:
„Christen stehen in einem lebenslangen Kampf gegen „das Fleisch“, bevor sie einst verherrlicht werden.“
„Denn ihr seid zur Freiheit berufen, Brüder; nur macht die Freiheit nicht zu einem Vorwand für das Fleisch, sondern dient einander durch die Liebe. … Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Lust des Fleisches nicht vollbringen. Denn das Fleisch gelüstet gegen den Geist und der Geist gegen das Fleisch; und diese widerstreben einander, so dass ihr nicht das tut, was ihr wollt. Wenn ihr aber vom Geist geleitet werdet, so seid ihr nicht unter dem Gesetz. … Die aber Christus angehören, die haben das Fleisch gekreuzigt samt den Leidenschaften und Lüsten. Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln“ (Gal 5,13.16–25; vgl. auch Röm 7,18; 1Petr 2,11).
Menschen, deren Lebensstil durch das Fleisch geprägt ist, werden das Reich Gottes nicht erben (Gal 5,19–21). Die Gläubigen sollten deshalb „das Fleisch nicht bis zur Erregung von Begierden“ pflegen (Röm 13,14).