Esra und Nehemia – warum sich die Lektüre lohnt

Artikel von Kathleen Nielson
12. November 2020 — 4 Min Lesedauer

Lass dich von der Geschichte begeistern

Es geht doch nichts über eine richtig gute Geschichte! Das ist eigentlich schon der erste Grund, alttestamentliche Bücher wie Esra oder Nehemia zu studieren.

Geschichten hatten schon immer eine ganz natürliche Anziehungskraft. Täglich leben wir in Geschichten, sind von der ersten bis zur letzten Seite bewegt und können kaum abwarten, was als nächstes geschieht. Eine gute Geschichte hat einen Wiedererkennungswert. Mit Protagonisten in einem Setting, einem Konflikt, und einer Form der Lösung des Konflikts. Da ist es doch wunderbar, dass Gott sich in uns in einer Fülle von literarischen Texten offenbart, ja dass eine Geschichte das zentrale Erzählelement von Gottes geoffenbartem Heilswirken ist. Esra und Nehemia geben uns eine ergreifende Darstellung des finalen Teils der Geschichte des Alten Testaments. Hier wird Gottes Volk nach einer langen Leidenszeit im Exil, selbstverschuldet durch Sünde, in das Land der Verheißung zurückgeführt.

Das klingt ja nach einer Geschichte mit Happy End. Doch der eigentliche Konflikt entsteht erst durch den intensiven Kampf um den Wiederaufbau Jerusalems. Denn mit dem Wiederaufbau der Stadt geht auch die Wiederherstellung als Volk Gottes einher. Ein Volk, das dazu berufen war, in Jerusalem zu leben und anzubeten. Die Aussichten für ein Happy End sind alles andere als rosig: Vom Volk bleibt nur noch ein armer Überrest, der einem fremden König dient. Jerusalem und der Tempel liegen in Schutt und Asche. Vor den Mauern der Stadt lauern drohende Feinde. Und dann ist da noch die Sünde, die unter ihnen ihr Unheil anrichten will.

Hauptakteur dieser Geschichte ist Gott, der Herr. Weitere Protagonisten, wie etwa Serubbabel, Esra und Nehemia, dienen Gott, indem sie das Volk anführen. Schnell kommt man in die Versuchung, sich ausschließlich auf ihre weise und gottesfürchtige Führungsqualität zu konzentrieren. In der Tat sind diese Männer großartige Beispiele hierfür und insbesondere Nehemia ist eine eindringliche und dramatische Figur. Dennoch zeigen die Autoren (einschließlich Esra und Nehemia als Ich-Erzähler) auf den souveränen Gott, der alles Handeln dirigiert. Gott ist es, der die Herzen der persischen Könige bewegt eine derartige Restauration zu ermöglichen. Immer wieder sehen wir, wie Gottes Hand Könige führt, das Volk von Feinden befreit uns sie an den verheißenen Ort zurückbringt.

Erkenne den roten Faden der Heilsgeschichte

Wir haben bereits einen zweiten Grund berührt, warum es sich lohnt die Bücher Esra und Nehemia zu studieren. Die Bücher sind Teil des roten Fadens der Heilsgeschichte. Diese post-exilische Geschichte ist die finale Episode des Alten Testaments. Eine Geschichte, die Gott selbst im Garten Eden startete. Eigentlich sogar viel früher, weit vor Grundlegung der Welt. Die Hauptfigur ist der ewige Gott, der die Erde und alles in ihr erschuf, der den ersten Sündern im Garten Eden barmherzig die Erlösung versprach, der durch den Samen Abrahams ein Volk für sich selbst erwählte und Segen auf und durch diesen Samen versprach.

„Esra und Nehemia bilden den entscheidenden Dreh- und Angelpunkt, der das Alte und das Neue Testament zusammenhält.“
 

In diesen Büchern sehen wir, wie Abrahams Same wiederhergestellt und wieder gesegnet wird. Gottes wiederholte und generationenübergreifende Segnungen waren durch wiederkehrende Rebellion quittiert worden und doch hielt Gott in seiner Barmherzigkeit seine schützende Hand über sein Volk, vergab ihnen, wenn sie Buße taten, und blieb seinem Versprechen treu, dass durch ihren Samen alle Nationen gesegnet werden würden. In Esra und Nehemia sind sie also immer noch da, immer noch ein Volk, das immer noch das Privileg hat, im Tempel Jerusalems anzubeten, und immer noch auf die Erfüllung aller Verheißungen Gottes wartet.

Esra und Nehemia bilden den entscheidenden Dreh- und Angelpunkt, der das Alte und das Neue Testament zusammenhält. Oft ignorieren wir die Zeit nach dem Exil als eine Zeit, in der nicht viel passiert ist. Dennoch manifestiert Gott in dieser Zeit seine Treue. Er gab seinem Volk die Kraft, sein Wort zu hören und ihm zu gehorchen. Er bereitete den Weg für den versprochenen König, der aus ihrem Samen kommen würde.

Lass dich von Jesus begeistern

Der dritte und wichtigste Grund die Bücher Nehemia und Esra zu studieren ist dieser: Sie ziehen uns zu Jesus. Die Befreiung aus dem Exil ist so wunderbar und dennoch so unzulänglich. Das Lesen der Bücher ruft in uns eine Sehnsucht nach einer noch größeren Befreiung hervor. Das Licht, dass wir am Ende des Alten Testaments sehen, ist zwar da, aber es ist noch sehr schwach. Erst mit dem Kommen von Jesus bricht das Licht hervor.

„Das Licht, dass wir am Ende des Alten Testaments sehen, ist zwar da, aber es ist noch sehr schwach. Erst mit dem Kommen von Jesus bricht das Licht hervor.“
 

Heute leben wir unseren Teil in dieser Geschichte, nachdem wir die Erfüllung aller Verheißungen Gottes in Christus gesehen haben. Diese Bücher heben unseren privilegierten Anteil an der Heilsgeschichte hervor. Aber bis zur endgültigen Vollendung der Geschichte sind wir dazu berufen, als Gottes Volk unter seiner guten Hand zu leben, sein Wort zu hören und an die Offenbarung von Gottes Verheißungen zu glauben. Esra und Nehemia helfen uns, diese Berufung zu hören und ihr zu folgen, so wie wir dem Herrn Jesus Christus folgen.