Es braucht eine ganze Gemeinde, um ein Kind zu erziehen

Artikel von Mark Bates
22. Februar 2021 — 5 Min Lesedauer

Die Gemeinde als große Familie Gottes

Immer wieder habe ich mitbekommen, wie sich Eltern über ihre Kinder beschwert haben, die vom Studium heimkommen, ihre Schmutzwäsche abliefern und sich direkt mit Freunden treffen, ohne Zeit mit der Familie zu verbringen. Damals dachte ich: „Meine kleinen Mädchen werden das niemals so machen.“

Als meine Tochter dann ihr erstes Semester am College abgeschlossen hatte, kam sie heim, lud ihre Schmutzwäsche ab und fuhr direkt los, um eine Freundin zu besuchen. Ich war jedoch nicht enttäuscht. Ich war dankbar. Die Freundin, die meine Tochter besuchte, war die Frau eines Ältesten. Die Tatsache, dass meine Tochter Zeit mit dieser gottesfürchtigen Frau verbringen wollte, war ein Zeugnis für die Gemeinde.

Das Elternsein ist nichts für schwache Nerven. Eltern sollten außerdem nicht versuchen, alles allein zu schaffen. Und zum Glück müssen Mitglieder der Gemeinde das auch nicht. Sie sind Teil einer Großfamilie, der Familie Gottes. Das kann einen großen Unterschied in der Erziehung der Kinder bewirken.

Wird ein Kind getauft, so wird die Gemeinde an das Bündnisversprechen Gottes, die Gläubigen und ihre Kinder zu segnen (Gen 17,7), erinnert. Auch erneuert die Gemeinde ihr Engagement für die Kinder. Wenngleich in allererster Linie die Eltern die Verantwortung für die Erziehung ihrer Kinder tragen, liegt sie doch nicht ausschließlich bei ihnen. Schließlich gebot Gott der gesamten Nation Israel, die Kinder zu lehren (Dtn 6).

Wie können Gemeindemitglieder Eltern dabei unterstützen, die Kinder so zu erziehen, dass sie Gott kennen und lieben lernen? Es gibt da einige ganz praktische Möglichkeiten.

Wie Gemeindemitglieder Eltern unterstützen können

Erstens: Unterstütze die Kinderarbeit in deiner Gemeinde. Dies kann sowohl finanziell geschehen, als auch durch die Mitarbeit in den verschiedenen Arbeitsbereichen.

Als ich gerade in der dritten Klasse war, zog meine Familie nach Atlanta um. In der vorherigen Gemeinde waren wir seit der Gründung aktiv und es war die einzige Gemeinde, die ich überhaupt kannte. Plötzlich fand ich mich in einer neuen Stadt, einer neuen Gemeinde und einer neuen Sonntagschulgruppe wieder. Der Sonntagschullehrer, Herr Tinken, begrüßte mich herzlich und stellte mir die anderen Jungen vor. Herr Tinken hatte keine eigenen Jungen in meinem Alter, aber er hat uns geliebt und uns durch den Unterricht treu gedient. Seine Gegenwart in diesem Raum, Woche für Woche, hat meine Liebe zu Jesus gefördert.

Zweitens: Sprich nicht nur mit den Eltern, sondern auch direkt mit ihren Kindern. Frag sie nach der Schule, dem Sport, ihren Hobbys. All diese Themen, die wir unter „smalltalk“ abtun, helfen uns, ihre Lebenswelt kennenzulernen und Liebe wie auch Sorge auszudrücken. Durch diese kleinen Gespräche nebenbei entstehen vertraute Beziehungen, die wichtig werden, wenn die Kinder aufwachsen und auch mal mit anderen Erwachsenen als Mama und Papa reden wollen.

„Viele wünschen sich Mentoren, die sie begleiten, die nicht nur Weisheiten teilen, sondern Ermutiger und Freunde sind.“
 

Drittens: Ältere Erwachsene können einen entscheidenden Einfluss auf die Kinder der Gemeinde haben, indem sie sich mit Eltern kleiner Kinder anfreunden. Viele dieser jungen Eltern sind nicht in gläubigen Elternhäusern aufgewachsen. Somit fehlen ihnen Vorbilder, wie sie ihre Kinder in einer göttlichen Art disziplinieren und erziehen können. Andere junge Eltern leben weit entfernt von ihren Familien. Viele wünschen sich Mentoren, die sie begleiten, die nicht nur Weisheiten teilen, sondern Ermutiger und Freunde sind. Diese Eltern brauchen jemanden, der sie daran erinnert, dass Gott an ihren Kindern arbeitet, auch wenn sie als Eltern versagen.

Dies betrifft insbesondere Alleinerziehende und diejenigen, deren Partner nicht gläubig ist. Kindererziehung kann man nicht allein bewältigen. Und doch werden in unserer gefallenen Welt viele dazu gezwungen. Die Auswirkungen kaputter Familien können durch die Kirche abgemildert werden, indem sich die Gläubigen mit den Alleinerziehenden und ihren Kindern anfreunden. So kann eine alleinerziehende Mutter zum Essen eingeladen werden, man kann auf ihre Kinder aufpassen und ihr einen freien Abend ermöglichen oder die Kinder zum Fußballspiel begleiten und sie anfeuern. Kirchenmitglieder können so einen entscheidenden Einfluss auf die Kinder Alleinerziehender ausüben.

In der Schule meiner jüngsten Tochter gibt es jedes Jahr einen „Oma und Opa Tag“. Die meisten der Kinder haben Großeltern, die in der Nähe leben und bei der Feier dabei sein können. Allerdings ist eine Oma meiner Tochter bereits vor einigen Jahren verstorben und die andere Oma lebt weit entfernt. Und so hat sich eine Frau aus der Gemeinde bereit erklärt, ihre „Oma“ zu sein. In den letzten drei Jahren hat sie unsere Tochter zum „Oma und Opa Tag“ begleitet und sie anschließend zu einem Eis eingeladen. Dabei hätte dieser Tag unangenehm und schmerzhaft sein können. Diese Frau jedoch zeigt durch ihre Liebe zu meiner Tochter und die von ihr investierte Zeit, was es heißt, zur Familie Gottes zu gehören.

Schließlich können Gemeindemitglieder für die Kinder beten. Unsere Kinder sind Teil eines großen geistlichen Kampfes – ein Kampf um ihre Seelen. Diesen Kampf werden wir weder durch ein besseres Programm, noch durch bessere Erziehungsmethoden gewinnen. Gott muss in den Herzen unserer Kinder arbeiten. So wie der Apostel Paulus für die Gemeinde gebetet hat, sollten wir Gott bitten, dass er ihnen den „Geist der Weisheit und Offenbarung gebe in der Erkenntnis seiner selbst“ (Eph 1,17).

Um ein Kind zu erziehen braucht man mehr als nur die Eltern. Man braucht eine Familie – eine große Familie. Gott sei der Dank, dass er uns die Gemeinde als Familie Gottes gegeben hat und uns mit dem Privileg, Kinder zu erziehen, segnet.