„Wir sind in unserer Unterschiedlichkeit gewollt“

Dritter Teil der Interviewreihe zum Thema „Wie lebe ich Ezer praktisch?!“

Interview mit Ezer und Sabrina Gnädinger
4. August 2021 — 7 Min Lesedauer

Ezer, hebräisch „Hilfe“, nennt sich der Frauenarbeitszweig von Evangelium21.

In 1. Mose 2,18 lesen wir: „Dann sprach Gott, der HERR: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe (hebr. „Ezer“) machen, die ihm entspricht“.

Die Frau als Hilfe bzw. Gehilfin ist ihrem Mann weder unterlegen noch ist sie minderwertig. Sie ergänzt ihn, passt zu ihm, ist für ihn unentbehrlich und befindet sich mit ihm auf Augenhöhe. Eva war für Adam die perfekte Ergänzung, die er brauchte, um das von Gott gegebene Schöpfungsmandat auszuführen. Auch Gott ist ein Helfer. Im Alten Testament bezeichnet Er sich selbst als Ezer und im Neuen Testament befähigt Jesus seine Braut, die Gemeinde, den Missionsauftrag zu erfüllen, indem er ihr seinen Geist als Helfer sendet.

In unserer Interview-Reihe „Wie lebe ich Ezer praktisch?!“ möchten wir einen Einblick in das Leben verschiedener Frauen gewähren und fragen, wie sie im Alltag als Helferin leben.


Heute stellen wir Sabrina Gnädinger vor. Sie ist 43 Jahre alt und wohnt mit ihrem Ehemann Joachim und den vier Kindern im Alter von 8 bis 14 Jahren bei Stuttgart. Sabrina ist Teil der Ezer-Gruppe, Vollzeit-Hausfrau und Mutter. In ihrer Kirchengemeinde engagiert sie sich im Bereich der Frauenarbeit.

Ezer: Sabrina, welchen Einfluss hat die gesellschaftliche Meinung auf dein Selbstwertgefühl als Frau?

Sabrina: Ich freue mich sehr an der Aufgabe, die ich als Mama, Hausfrau und Ehefrau anvertraut bekommen habe. Aber ich muss gestehen, dass es manchmal ein innerer Kampf ist, mich nicht an den Maßstäben der Gesellschaft zu messen und ihnen entsprechen zu wollen. Im Verstand weiß ich, dass mein eigentlicher Wert nicht in meinen Leistungen begründet ist, sondern darin, dass Jesus mich liebt und zwar ganz unabhängig von dem, was ich bringen kann.

Leider ist die menschliche Prägung und somit die der Gesellschaft eine ganz andere. Sie wurzelt darin, einen Wert zu haben, wenn wir etwas vorweisen können, das uns wertvoll für andere macht, und wir dafür Anerkennung bekommen.  So lange diese Rechnung aufgeht, empfinden wir einen Selbst-Wert, aber was ist, wenn wir nichts mehr leisten können, um für andere einen Wert zu haben?!

Ich denke, jeder Mensch wünscht sich eigentlich tief in sich ein bedingungsloses Angenommen- und Geliebt-Sein und doch fällt es uns unendlich schwer, das zu erfassen und unseren Wert darin zu begründen, was Gott seinen Kindern durch Jesus verheißen und offenbart hat (Joh 3,16):

Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn gab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.

Was braucht es denn eigentlich mehr als diesen unfassbaren Wert, den Gott hier seinen Kindern zuspricht, durch das, was er für mich zu geben bereit war.

Wenn ich auf diese Wahrheit ausgerichtet bin, dann scheint es mir total verrückt, nach Anerkennung und Wert bei Menschen zu suchen. Aber je nachdem, wo mein Herz gerade ist, merke ich immer wieder, wie ich doch auch etwas vorweisen möchte, was Menschen beeindruckt und auch mir eine greifbare Zufriedenheit schenkt. Den eigenen Wert an Menschen festzumachen, hat aber einen Preis: Diese Suche nach menschlicher Anerkennung ist oft begleitet von einer Angst des Scheiterns, Depression und der Gefahr des Ausbrennens.

Ezer: Wie siehst du dagegen das Bild der biblischen Frau?

Sabrina: Da ich nicht in einer christlichen Familie aufgewachsen bin, war mir viele Jahre gar nicht klar, dass Gott sich etwas Wundervolles gedacht hat, als er den Menschen als Mann und Frau schuf. Es war für mich ein großer Schatz, begreifen zu dürfen, dass wir als Mann und Frau in Gottes Ebenbild geschaffen sind und sein Wesen in unterschiedlichen Facetten widerspiegeln dürfen. Es war sehr befreiend, zu begreifen, dass wir in unserer Unterschiedlichkeit gewollt sind und wir darin wertvoll sind, Gott widerzuspiegeln. Heute finde ich es sehr traurig, dass die Gesellschaft einen Wert in der Gleichschaltung jedes Menschen erzeugen will. Mit dem Streben, dass jeder alles gleich kann, geht die Einzigartigkeit von Persönlichkeiten verloren und eben auch die Einzigartigkeit, als Mann und Frau geschaffen worden zu sein. Wir sind in der Gesellschaft so oft davon getrieben, beweisen zu wollen, dass er/sie auch alles kann, was das jeweils andere Geschlecht kann. Der Mut zur Unvollkommenheit und das Bekennen, Ergänzung zu brauchen, wird in dieser Gesellschaft kaum als erstrebenswert eingestuft.

„Es war sehr befreiend, zu begreifen, dass wir in unserer Unterschiedlichkeit gewollt sind und wir darin wertvoll sind, Gott widerzuspiegeln.“
 

Heute darf ich wissen, welch ein Frieden darin liegt, dass ich als Frau nicht alles können und leisten muss und dass meine Begabungen von Gott als wertvoll erachtet werden, egal, ob die Gesellschaft das auch so sieht oder nicht. Es war für mich ein besonderer Aha-Effekt, als ich begriff, dass die minderwertige Empfindung bei dem Wort Ezer (Gehilfin), als die wir Frauen geschaffen wurden, allein darin begründet ist, dass wir Menschen das daraus ableiten. Als ich las, dass auch Gott selber sich als Gehilfe beschreibt, verstand ich, wie sehr der Mensch sich seine eigene Wahrheit und Beurteilung geschaffen hat, die nicht in Gottes Wahrheit gegründet ist. Und es ist traurig, dass ich, obwohl ich das heute aus Gottes Perspektive ganz anders verstehen darf, doch immer wieder darin zurückfalle, mich aus dem empfundenen Minderwert kämpfen zu wollen, wo eigentlich Frieden und Dankbarkeit über meinen Wert in Christus regieren dürften.

Ezer: Ihr habt vier Kinder. In der Schule werden die Jüngsten mit der Einebnung der Geschlechter konfrontiert. Wie fängst du dies zu Hause auf?

Sabrina: Wir sprechen darüber, dass Gott sich den Menschen als Mann und Frau ausgedacht hat und dass das „sehr gut“ ist und warum wir dankbar dafür sind. Uns ist es aber auch wichtig, darüber zu sprechen, warum die Gesellschaft das Einebnen der Geschlechter als erstrebenswert empfindet und worin nach unserem Verständnis der Irrtum liegt. Wir wollen unseren Kindern aufzeigen, dass Gott, der Schöpfer, den besten Plan für uns Menschen hat, denn er liebt uns. Der Mensch aber hat sich von Gott abgewandt und will lieber nach seinem eigenen Ermessen leben. Zum wirklichen Frieden findet der Mensch aber trotz seines vielen Ringens nicht anhaltend. Darum gibt es immer wieder neue Versuche, Glückseligkeit zu schaffen, indem der Mensch sich selber zu Gott macht und sich selbst seine Ordnungen und Maßstäbe festsetzt, in der Hoffnung, dann endlich in sich ruhen zu können. Wir wünschen uns für unsere Kinder, dass sie erkennen, dass Gottes Schöpfungsordnung in Liebe geplant und umgesetzt wurde und dass Menschen, die daran zweifeln, letztendlich auch auf der Suche nach Erfüllung sind, aber leider eine Fülle ohne ihren Schöpfer. So wollen wir unseren Kindern erklären, dass wir keinen Menschen in seiner verzweifelten Suche nach Antworten auf die innere Leere verurteilen wollen. Wir wollen glaubwürdige Zeugen für die Wahrheit sein, dass unser Frieden, unser Wert und unser bedingungsloses Angenommensein darin liegt, Gott in allen seinen Wegen zu vertrauen, und nicht darin, sich selbst Wege und Maßstäbe aus menschlicher Perspektive zu schaffen.

Ezer: Welches Geschlechterbild vermittelst du euren Kindern und wie?

Sabrina: Ich kenne den Unterschied sehr gut, zuerst nach dem menschlichen Geschlechterbild gelebt zu haben, bis ich zum Glauben kam und Gottes Schöpfungsordnung kennen lernte. Das Leben nach Gottes guter und liebevoller Ordnung hat mir zunehmend Ruhe und Frieden in meinem Leben geschenkt, wie ich es vorher so nicht kannte.

„Wir wollen unseren Kindern aufzeigen, dass Gott, der Schöpfer, den besten Plan für uns Menschen hat, denn er liebt uns.“
 

Wir möchten gerne im Gespräch sein mit unseren Kindern, besonders dann, wenn sie selber beginnen, die Maßstäbe und Wahrheiten dieser Welt zu prüfen und wir wollen ihnen gerne fortlaufend erklären, warum wir zu dem Schluss gekommen sind, dass wir Gott in seinem Plan für uns Menschen und diese Welt vertrauen. Aber letztendlich beten wir bei allen Erklärungen, dass sie eines Tages selbst zu dem Schluss kommen, dass es keinen besseren Weg gibt als den, den Gott für die Menschen in aufopfernder Liebe geplant und vollbracht hat.

Ezer: Welche biblischen Vorbilder ermutigen dich?

Sabrina: Eines meiner biblischen Vorbilder als Mama ist Hanna, die Mutter von Samuel. Sie ist mir ein Vorbild darin, dass sie zu Gott ganz authentisch in Schwachheit kommt und zu ihm von Herzen betet (1Sam 1 ff). Und ich staune, wie sie Gott ihren Sohn Samuel anvertraut, da sie weiß, dass Samuel ihm gehört und es niemanden gibt, der es so gut mit ihm meint und noch dazu die Macht hat, ihm alles zum Guten dienen zu lassen, wie wir es in Römer 8,28 lesen können.

Ezer: Vielen Dank für das Interview. Gott segne dich!