Eva, du darfst ein gewöhnliches Leben führen!

Artikel von Melissa Kruger
27. September 2021 — 6 Min Lesedauer
Du bist ganz besonders. Lass nicht zu, dass jemand dein Potential einschränkt. Du bist für mehr geschaffen. Dein Leben ist in deiner Hand. Mach mehr Sport. Ernähre dich besser. Nimm dir Zeit für dich selbst. Ermutige andere mehr. Gib mehr. Tu mehr. Versuch noch mehr. Lauf schneller. Und wenn du schon dabei bist: Verändere die Welt. Finde eine Lösung für Ungerechtigkeit. Gründe eine Hilfsorganisation. Leite eine Bibelstudiengruppe. Lies alle neuen Bücher (und schreibe vielleicht gleich eins). Lies die Klassiker. Geh wählen. Wasche dein Gesicht. Lebe ungezähmt. Kein Wunder, dass du noch nicht darüber nachgedacht hast, was es zum Abendessen gibt – aber was immer du kochst, verwende auf jeden Fall gehaltvolle Bio-Freiland-Lebensmittel aus lokaler Aufzucht.

Spürst du auch den Druck? An manchen Tagen ist es ganz schön ermüdend, eine Frau zu sein. Innerlich empfinden wir, dass wir unseren eigenen Maßstäben nicht gerecht werden und nicht die Freundin, Angestellte, Tochter, Ehefrau oder Mutter sind, die wir gerne wären. Von außen aber erzählen uns so viele „Influencer“, dass wir einen großen, bahnbrechenden Unterschied in der Welt machen sollen. Worte, die uns inspirieren wollen, führen oft dazu, dass wir mutlos werden.

Darf ich einen Augenblick deiner Zeit nehmen, um dir (und mir) zu erlauben, ein ruhiges, gewöhnliches Leben zu führen? Wenn ich mich von all den Botschaften überwältigt fühle, die jeden Tag auf mich einprasseln, dann erinnere ich mich an 1. Thessalonicher 4,11:

„[Sucht eure Ehre darin,] ein stilles Leben zu führen, eure eigenen Angelegenheiten zu besorgen und mit euren eigenen Händen zu arbeiten.“

Dieses ruhige, gottgefällige Leben, das hier beschrieben wird, liegt in unserer Reichweite; und ich habe selbst beobachtet, wie solch ein Leben aussehen kann.

Ein gewöhnliches Leben

Kürzlich durfte ich die letzten Momente im Leben meiner Freundin Petra miterleben. Wahrscheinlich kennst du sie nicht. Sie war kein „Influencer“ und auch keine Bestsellerautorin auf der New York Times-Liste. Petra war eine Ehefrau und Mutter von zwei Kindern im Studentenalter.

Sie hat lange an einer Bibelschule gearbeitet, wo sie sich um die Akkreditierungen kümmerte. Sie war nicht als Missionarin in fremden Ländern unterwegs, eröffnete kein Waisenhaus und hat auch nicht Tausenden biblische Wahrheiten gelehrt. Aber ihr treuer Dienst hat Menschen unterstützt, die all dies – und mehr – tun.

Ich will ein Leben wie Petra führen. Drei Stellen aus der Bibel geben mir die Grundlage, einen Ehrgeiz der anderen Art zu verfolgen:

1. Liebe den Herrn

In erster Linie ist unsere Berufung diese:

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Denken. Das ist das erste und größte Gebot“ (Mt 22,37–38).

Das Gebot der Liebe wird in der Bibel oft damit verbunden, das Gesetz mit ganzem Herzen anzunehmen und uns daran zu freuen (5Mose 11,1; Jos 22,5; Ps 19,7–10; Joh 15,9–10). Es ist nicht falsch, Ehrgeiz zu haben – er muss nur das richtige Ziel verfolgen.

Diese Berufung, den Herrn zu lieben, ist nicht mit einer einmaligen Angelegenheit, bei der wir Jesus annehmen, erledigt. Den Herrn zu lieben bedeutet vielmehr, das alltägliche Leben mit Gott zu leben: mit ihm zu reden, ihn zu kennen und ihm zu dienen. Unsere Liebe für Jesus muss sorgfältig gepflegt werden, weil sie sonst dazu neigt, zur Gleichgültigkeit zu verkommen oder lauwarm zu werden (Offb 3,16). Josua erinnerte das Volk Israel deshalb: „Habt gut acht auf eure Seelen, dass ihr den HERRN, euren Gott, lieb habt“ (Jos 23,11).

Unter allen Dingen, die erledigt werden sollten, ist dies das eine, was getan werden muss. Vernachlässige nicht den Herrn. Gewöhnliche, alltägliche Treue ist nur durch Gottes außergewöhnliches Wirken möglich. Lebe also in seinem Wort. Verbringe Zeit im Gebet. Preise ihn in der Gemeinde. Lebe im Licht seiner Gebote.

2. Erfülle deinen Dienst

Am Ende des Kolosserbriefes schreibt Paulus:

„Und sagt dem Archippus: Habe acht auf den Dienst, den du im Herrn empfangen hast, damit du ihn erfüllst“ (Kol 4,17).

Die Einfachheit, mit der Paulus diese Erinnerung formuliert, lässt die Stimmen verstummen, die mir sagen, dass ich größer träumen, kühner leben, härter arbeiten und mehr tun muss.

Ich bin nicht dazu in der Lage, all die Probleme dieser Welt zu lösen, aber ich kann den Dienst erfüllen, den Gott mir gegeben hat. Ich bin ein kleiner Teil seiner großen Geschichte – welch ein Privileg, eine Rolle darin zu spielen!

Was steht heute an? Wenn du einen Ehemann oder Kinder hast, dann liebe sie (Tit 2,4). Wenn du arbeitest – ob das nun heißt, Wäsche zu waschen, Emails zu beantworten oder an Besprechungen teilzunehmen – arbeite von Herzen als dem Herrn (Kol 3,23).

Halte dich nicht mit Dingen auf, zu denen jemand anderer berufen ist. Ermutige und unterstütze andere, aber glaube nicht, dass du dasselbe auch tun musst, nur weil jemand etwas bestimmtes tut. Zu was auch immer dich Gott berufen haben mag, erfülle den Dienst treu, den er dir gegeben hat. Ein gewöhnliches Leben kann ungewöhnliche Früchte tragen.

3. Hoffe auf die Ewigkeit

Hoffnung ist etwas Kostbares. Zu schnell setzen wir unsere Hoffnung auf irdische Annehmlichkeiten, auf Erfolg oder andere Menschen. Wenn sie uns dann enttäuschen (und früher oder später werden sie das tun), werden wir uns fragen, ob Gott uns verlassen hat. Petrus aber erinnert uns:

„…setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch zuteilwird in der Offenbarung Jesu Christi“ (1Petr 1,13).
„Glaube nicht der Lüge, dass dein Leben nur dann von Wichtigkeit ist, wenn du viele Follower hast oder wenn du großartige Dinge erreichst.“
 

Eine Hoffnung, die im Himmel verankert ist, sichert unsere Treue auf der Erde ab. Dieses Leben ist nur eine Reise – es spielt eigentlich keine Rolle, ob sie gewöhnlich ist oder nicht. Glaube nicht der Lüge, dass dein Leben nur dann von Wichtigkeit ist, wenn dein Name bekannt ist, wenn du viele Follower hast oder wenn du großartige Dinge erreichst.

Dein Leben ist wichtig, weil du nach dem Abbild Gottes erschaffen wurdest (1Mose 1,27). Gläubige Frauen, ihr dürft euch freuen – nicht wegen all dem, was ihr erreicht habt, sondern weil euer Name im Himmel geschrieben steht (Lk 10,20). Ihr werdet vom König selbst geliebt.

Recht so, du guter und treuer Knecht

Vor einigen Wochen erhielten wir den Anruf: Petras Krebstherapie half nicht mehr. Ein Besuch nach dem anderen kam vorbei und saß bei ihr auf der Terrasse. Manche kamen mit dem Flieger aus weiter Ferne, andere kamen mit dem Auto. Eines Abends standen wir in ihrem Garten und sangen Lieder, während sie von der Terrasse aus zuhörte.

Am Sonntag morgen versammelten wir uns in ihrem Haus zu einem Gottesdienst. Bernhard, ihr Mann, saß die ganze Zeit neben ihr und ihre Kinder hörten zu, erzählten und lachten gemeinsam über die Geschichten. Sie lasen die Bibel und beteten gemeinsam. Wenig später war sie bei Jesus.

Ja, man könnte sagen, dass ihr Leben gewöhnlich war. Aber als ich sah, wie sich die Menschen, die Teil ihres Lebens waren, um sie versammelten, musste ich denken: Wie schön und außergewöhnlich ist meine Freundin. Sie liebte den Herrn. Sie erfüllte ihren Dienst. Sie hoffte auf die Ewigkeit.

Was für ein wunderbares Leben.