Jesus, ein Prophet wie Mose
Jesus ist ein Prophet.
Dieser Wahrheit wird von liberalen Gelehrten, muslimischen Geistlichen und evangelikalen Christen zugestimmt, wenn auch in unterschiedlicher Weise. Doch worin besteht der Unterschied?
Glaubt man dem neuen Testament, so ist Jesus der menschgewordene Gott und der einzige Weg zum ewigen Leben ist. Somit unterscheidet sich der Status Jesu als Prophet grundlegend von dem anderer Religionen. Wie aber können wir diesen Unterschied beschreiben?
Wir können erstens darauf hinweisen, dass Jesus nicht nur ein Prophet ist, sondern auch ein Priester und ein König. Zweitens können wir uns ansehen, wie die Heilige Schrift von Jesus als Prophet spricht. Dadurch erkennen wir, dass Jesus kein selbstgemachter Prophet ist, wie liberale Gelehrte meinen, oder ein Prophet unter vielen anderen, wie der Koran ihn darstellt – er ist ein Prophet wie Mose, und einer, dessen Amt sich von allen anderen unterscheidet (5Mose 18,15–22).
Aber was bedeutet das – ein Prophet wie Mose zu sein? Um das zu beantworten, müssen wir in 5. Mose 18 beginnen und sehen, wie Christus die Worte Moses erfüllt.
Ein Prophet wie Mose
In 5. Mose 18 macht Mose eine Voraussage: „Einen Propheten wie mich wird dir der HERR, dein Gott, erwecken aus dir und aus deinen Brüdern; dem sollt ihr gehorchen“ (5Mose 18,15).
Als Mose starb, hinterließ er eine Sammlung von Schriften, die wir Pentateuch nennen. Irgendwann später fügte ein Schreiber diese inspirierten Worte an das Ende des fünften Buches Mose an:
Und es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose, den der HERR erkannt hätte von Angesicht zu Angesicht, mit all den Zeichen und Wundern, mit denen der HERR ihn gesandt hatte, dass er sie täte in Ägyptenland am Pharao und an allen seinen Großen und an seinem ganzen Lande, und mit all der mächtigen Kraft und den großen Schreckenstaten, die Mose vollbrachte vor den Augen von ganz Israel. (5Mose 34,10–12)
Dieser Rückblick machte die Erwartung an einen Propheten wie Mose noch größer.
So wie Gott Mose eine Vision des Himmels gab, die zum Vorbild für die Stiftshütte wurde (s. 2Mose 25,9.40), so gab er Mose auch eine Vision des Propheten, der Israel bei einem neuen Exodus führen würde. Dies ist genau das Vorbild, das wir bei Mose finden. Er war nicht bloß Gottes Sprachrohr und er empfing auch nicht nur Visionen von Gott, wie andere Propheten (4Mose 12,6–8). Vielmehr war Mose ein Prophet, der von Angesicht zu Angesicht mit Jahwe sprach (5Mose 34,12; vgl. 4Mose 12,8).
In dieser einzigartigen Position wird Mose als Befreier (2Mose 3,7–10), Bundesvermittler (2Mose 34,27), Priester (Ps 99,6) und Herrscher (2Mose 2,13–14; Apg 7,27) anerkannt. Gott entwarf Moses herausragende Stellung als ein Muster, an dem alle anderen Propheten gemessen werden sollten.
Aber natürlich hat Jesus mehr getan, als eine Botschaft von Gott zu überbringen. Er hat Gott zu seinem Volk und sein Volk zu Gott gebracht.
Den Propheten suchen und hören
Der Rest des Alten Testaments berichtet ausführlich über die Rolle der Propheten in Israel. In Jeremia 7,25 sagt der Herr: „Ja, von dem Tage an, da eure Väter aus Ägyptenland zogen, bis auf diesen Tag habe ich immer wieder zu euch gesandt alle meine Knechte, die Propheten.“ Doch trotz ihres ständigen Wirkens wird keiner von ihnen „der Prophet“ genannt – bis wir zu Johannes dem Täufer und zu Jesus kommen.
Johannes ist der erste Prophet seit Maleachi. Das wirft bei den Pharisäern einige Fragen auf: „Bist du Elia? . . . Bist du der Prophet? . . . Was sagst du von dir selbst?“ (Joh 1,21–22). Die Antwort des Johannes ist eindeutig: Jesus, nicht ich, ist derjenige, von dem das Gesetz des Moses und die Propheten geschrieben haben (Joh 1,45). Die samaritische Frau bezeichnet ihn sogar als „Propheten“ (Joh 4,19) – und schon bald bekennt das Volk: „Das ist wahrlich der Prophet, der in die Welt kommen soll“ (Joh 6,14).
Obwohl die vielschichtige Identität Jesu bis zu seinem Tod und seiner Auferstehung ungewiss blieb (Joh 7,40–41), dauerte es nicht lange, bis seine Anhänger ihn als einen Propheten wie Mose sahen. Petrus zitiert 5. Mose 18 und erklärt:
Mose sagte: „Einen Propheten wie mich wird euch der Herr, euer Gott, erwecken aus euren Brüdern; den sollt ihr hören in allem, was er zu euch sagen wird. Und es wird geschehen: Wer diesen Propheten nicht hören wird, der soll vertilgt werden aus dem Volk.“ (Apg 3,22–23)
Die Worte des Petrus offenbaren den Kern des prophetischen Amtes Jesu – nur sein Wort bringt Rettung. Diejenigen, die auf ihn hören, werden gerettet; diejenigen, die es nicht tun, werden vernichtet. Jesus ist nicht irgendein Prophet; er ist der Prophet wie Mose, dessen Worte Leben bringen und die Menschen einladen, ihm aus dem Tod ins Leben zu folgen.
„Die prophetischen Worte Jesu bringen Vergebung, Rettung und ewiges Leben. Wir müssen auf ihn hören, denn seine Worte sind die vollständige und endgültige Offenbarung Gottes“
Lukas weist treffend auf den neuen Exodus hin, als Jesus bei der Verklärung mit Mose und Elia über „sein Ende“ (griechisch: exodon) spricht, „das er in Jerusalem erfüllen sollte“ (Lk 9,31). Beim selben Ereignis sagt der Vater zu Petrus: „Dies ist mein auserwählter Sohn; den sollt ihr hören!“ (Lk 9,35). Dieser Imperativ weist Jesus als einen Propheten wie Mose aus, dessen Worte man hören, glauben und befolgen muss, wenn man gerettet werden will (5Mose 18,15).
Was das für uns bedeutet
Dies ist die Botschaft für uns heute: Die prophetischen Worte Jesu bringen Vergebung, Rettung und ewiges Leben. Wir müssen auf ihn hören, denn seine Worte sind die vollständige und endgültige Offenbarung Gottes (Hebr 1,1–2,4). Doch Jesus tut mehr, als nur Wahrheiten von Gott zu offenbaren. Er ist der menschgewordene Gott (Joh 1,1–5), das fleischgewordene Wort (Joh 1,14) und seine Botschaft der Gnade ist noch größer als die von Moses (Joh 1,14–18).
„So wie Mose das Volk Israel aus Ägypten befreit hat, um Gottes Wort am Sinai zu empfangen, so hat Jesus sein Volk vom Tod befreit, um sein Gesetz in ihre Herzen einzuschreiben.“
Jesus ist ein Prophet, der uns aufruft, ihm vom Tod zum Leben zu folgen, so wie Israel Mose durch das Rote Meer folgte und sich auf seinen Namen taufen ließ (1Kor 10,2). Und doch ist er größer als Mose, denn sein Heil verweist nicht nur auf einen anderen, sondern auf ihn selbst. Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater als nur durch mich“ (Joh 14,6), und noch heute bringen seine Worte allen, die hören wollen, das Leben (Eph 2,17). Wenn wir wissen wollen, was es für Jesus bedeutet, ein Prophet zu sein, müssen wir verstehen, wie die ganze Bibel ihn als einen Propheten wie Mose darstellt. Dadurch entdecken wir, dass jede Darstellung von Christus als bloßer prophetischer Lehrer nicht nur nicht-christlich, sondern auch nicht rettend ist. Denn nur wenn wir die Stimme Christi als des menschgewordenen Herrn hören, erkennen wir, wer er ist und wie seine Worte Leben schenken.
So wie Mose das Volk Israel aus Ägypten befreit hat, um Gottes Wort am Sinai zu empfangen, so hat Jesus sein Volk vom Tod befreit, um sein Gesetz in ihre Herzen einzuschreiben. Es gibt wirklich keinen Propheten wie ihn. Und aus diesem Grund müssen wir in einer Welt voller konkurrierender Propheten vor allem auf ihn hören.