Jesus nachfolgen, ob als Single oder Mutter
Diese zweiteilige Artikelreihe besteht aus dem Transkript des Frauenseminars bei der Evangelium21-Hauptkonferenz 2022 in Hamburg. Vier Frauen aus dem Ezer-Team, die sich in unterschiedlichen Lebensphasen befinden, erzählten dabei über die Freuden und Herausforderungen ihrer jeweiligen Lebensphase und ermutigten zur Nachfolge.
In diesem ersten Artikel berichten uns Magda und Sabrina Gnädinger.
Im zweiten Artikel ermutigen uns Eowyn Stoddard und Kim Lotz.
Single und berufen
(Interview mit Magda)
Ezer: Wer bist du? Was machst du?
Magda: Ich heiße Magda und arbeite als Lehrerin. In meiner Gemeinde bin ich Teil des Frauenbibelkreises bin, gestalte den Kindergottesdienst mit und helfe hier und da im Hintergrund mit.
Ezer: Was heißt es für dich persönlich, Jesus nachzufolgen?
Magda: Jesus nachzufolgen heißt für mich in erster Linie, sich als Gottes geliebtes Kind zu verstehen. Das prägt meine Identität wie sonst nichts. Weder mein Beruf, mein Frausein, meine Tätigkeit in der Gemeinde oder sonst noch etwas sagt mehr darüber aus, wer ich bin. Dazu gehört natürlich, dass ich die Beziehung zu Jesus stets pflege, indem ich in Gottes Wort lese und bete. Gottes Willen zu tun, Glaubensgeschwister zu ermutigen und Nichtgläubigen das Christsein authentisch vorzuleben und ihnen vom Reich Gottes zu erzählen, das sind hohe Prioritäten in meinem Leben.
Ezer: Welche Freuden erlebst du gerade in der Nachfolge Jesu?
Magda: Dadurch, dass ich unverheiratet bin und keine Kinder habe, habe ich viel Freiheit. Ich bin flexibler und oft auch ausgeruhter und entspannter als meine Freunde mit Kindern. Das bietet mir viele Möglichkeiten, mich für das Reich Gottes einzusetzen. Ich habe zum Beispiel vor einer Weile eine berufliche Auszeit von zwei Jahren genommen und dafür für meine Gemeinde gearbeitet. Ich habe sie in verschiedenen Bereichen unterstützt und dabei einen guten Einblick in die Abläufe einer Gemeinde gewonnen. Außerdem bin ich in der Lage, mich beruflich mehr einzubringen als manch anderer. Erst kürzlich habe ich zum Beispiel eine kleine Rüstzeit für Schüler der Abschlussklasse organisiert, bei der ich die Möglichkeit hatte, mit den Schülern über das Evangelium zu reden und sie zum Nachdenken über Gott anzuregen. Dann kann ich gut in Nichtchristen investieren. Ich habe zum Beispiel seit über sechs Jahren eine syrische Familie, mit der ich sehr eng befreundet bin. Als sie neu in Deutschland waren, brauchten sie viel Unterstützung. Inzwischen läuft das meiste selbstständig, aber die Freundschaft haben wir nach wie vor. Ich sehe sie regelmäßig und bin fast Teil der Familie. Die Kinder nehme ich oft mit zur Gemeinde. Die Eltern kommen auch manchmal. Sie mögen die Leute dort sehr und fühlen sich wohl unter ihnen. So haben sie einen Zugang zum Evangelium, den sie in Syrien nicht gehabt hätten.
Ezer: Welche Herausforderungen gibt es in dieser Lebensphase?
Magda: Alleinstehend zu sein, ist nicht immer einfach. In den 20ern sind die meisten Freunde ebenfalls noch alleinstehend oder haben zumindest noch keine Kinder, da ist es noch einfacher. Aber dann kommt die 30, die biologische Uhr tickt auf einmal viel lauter und die meisten Freunde haben Familien, die sie natürlich sehr stark einnehmen. Dann wird es schwieriger, spontan jemanden zu finden, mit dem man sich verabreden kann oder der Lust auf Unternehmungen hat. Dadurch kann man sich manchmal einsam fühlen. Auch die Abwesenheit der ganz engen Bindungen, wie man sie zu Mann und Kindern hat, trägt dazu bei.
Ezer: Was möchtest du anderen Frauen sagen, die in derselben Lebensphase wie du sind?
„Wenn du alleinstehend bist, dann möchte dich Gott jetzt gerade in dieser Situation nutzen. Vielleicht für große Dinge wie Mission oder Gemeindegründung, vielleicht aber auch in den klein erscheinenden Dingen.“
Magda: Es ist leicht zu denken, als Alleinstehende sei man „übrig geblieben“, nicht gut genug, um von jemandem gewollt zu sein. Das wird auch hier und da in den Medien und der Welt suggeriert. Aber das ist nicht, wie Gott dich sieht. Er liebt dich so sehr, dass er dafür ans Kreuz gegangen ist. Wenn du jetzt gerade alleinstehend bist, dann möchte dich Gott jetzt gerade in dieser Situation nutzen. Vielleicht für große Dinge wie Mission oder Gemeindegründung, vielleicht aber auch in den klein erscheinenden Dingen im Alltag, in der Gemeinde und im Beruf. Gott ist ein liebender Gott, der es gut mit uns meint. Es ist eine wesentliche Herausforderung im Leben eines Menschen, sich daran zu erinnern und daran festzuhalten. Aber wahr ist es dennoch!
Ezer: Danke für das Interview, liebe Magda.
Mitten im Stress des Mutterseins
(Sabrina Gnädinger)
Ich heiße Sabrina, bin 44 Jahre alt und verheiratet mit Joachim. Zusammen haben wir vier Kinder im Alter von 15, 14, 12 und 9 Jahren. Seit inzwischen 16 Jahren bin ich Hausfrau. Mein Mann und ich, wir sind beide nicht in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen, sondern erst als Erwachsene zum Glauben gekommen. Seit vielen Jahren liegt mir die Arbeit mit Frauen in der Gemeinde auf dem Herzen, sowie Gemeinschaft zu haben mit Menschen, die Jesus noch nicht kennen. Mein Mann dient als Ältester in der Gemeinde und in der Summe verbringen wir viel Zeit mit Aufgaben im Reich Gottes, zu Hause wie auch außer Haus.
Ich bin wirklich sehr dankbar für die Vielseitigkeit meines Lebens als Ehefrau, Mutter, Freundin und Gemeindemitglied – wenngleich ich mich dem allem oft nicht gewachsen fühle. Zunehmend wird mir klar – vielleicht hängt das auch mit dem Heranwachsen der Kinder zusammen! –, dass ich mein Leben nicht im Griff haben kann. Vor einigen Jahren schien vieles noch überschaubarer zu sein.
Meine momentane Lebenssituation gibt aber auch sehr viel Freiraum, Jesus immer besser kennenzulernen und meinen Glauben vielseitig zu leben. Ganz praktisch nutze ich die Vormittage, um in der Bibel zu lesen, Predigten anzuhören, mich mit Glaubensschwestern zum Gebet und Austausch zusammenzusetzen. Zudem treffe ich mich sehr gerne mit Frauen, die nicht zu unserer Gemeinde gehören, und wünsche mir immer sehr, über Jesus ins Gespräch zu kommen. Natürlich habe ich auch Vieles im Haushalt und Alltag zu erledigen, und ich versuche ein gutes Gleichgewicht zu finden zwischen Maria und Martha-Sein (vgl. Lk 10,38-42). Die Verheißung aus Matthäus 6,33, dass wir zuerst nach dem Reich Gottes trachten sollen und seiner Gerechtigkeit, so wird uns alles zufallen, habe ich schon oft als wahr erleben dürfen. Ich empfinde es wirklich als Privileg, quasi vollzeitlich, im Dienst für Jesus meine Arbeit tun zu dürfen. Ich weiß, dass ich alle noch so unbedeutend scheinenden Aufgaben zur Ehre Jesus tun kann, aber wie kann das aussehen?
Die große Herausforderung ist natürlich herauszufinden, was Jesus ganz konkret in meinem Alltag ehrt. Ich bin dankbar, dass Jesus zugesagt hat, dass seine Schafe seine Stimme hören werden (vgl. Joh 10,27), sodass ich mich von seiner Stimme im Alltag leiten lassen kann. Je besser ich seine Stimme kenne, desto sicherer sind meine Schritte. Johannes 16,13 beschreibt, dass der Geist Gottes in alle Wahrheit leiten wird und in Psalm 119 steht, dass Gottes Wort ein Licht auf meinem Weg ist. Auch wenn ich beim Lesen nicht immer eine ganz persönliche Antwort auf jede Frage finde, empfinde ich es doch, als würde ich beim Lesen Wahrheit atmen. Diese Wahrheit richtet mich innerlich auf Gott aus in meinen Beurteilungen und Handlungen. Ich werde erfüllt von der Liebe Gottes im Begreifen seiner Gnade, weil ich ihn besser kennenlerne, und das lässt mich dankbar werden und in der Nachfolge Jesu leben.
Allerdings gibt es oft einen Unterschied zwischen dem, was ich im Verstand weiß, was ich leben sollte, und dem, was mir tatsächlich gelingt. Hierin liegt in meinem Glaubensleben eine große Gefahr. Zum einen bin ich manchmal nicht bereit, mir vom Geist Gottes die Diskrepanz von Theorie und Praxis aufzeigen zu lassen. Und wenn ich nicht zur Einsicht komme, dann ist auch keine Korrektur zur Ehre Jesu möglich. Zum anderen kann es passieren, dass ich sehr wohl erkenne, dass ich nicht im Glauben handle, aber dann resigniere, statt damit zu Jesus zu gehen (Mt 11,28: „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“). Mit meinem Scheitern nicht zu Jesus zu kommen stört die Beziehung zu ihm. Mir fehlt dann die Freimütigkeit, zum Thron der Gnade zu kommen, die ich aber laut Hebräer 4,16 nötig habe zur rechtzeitigen Hilfe. Insbesondere mein Scheitern im Alltag zeigt mir auf, wo ich noch nicht wirklich im Glauben lebe und wo ich ohne Jesu Licht Auswege im Dunkeln suche, die am Ende nicht zum Leben führen. Das, was Jesus ehrt, ist ein Glaube, der im Verstand ergriffen wurde, aber auch mit meinem Handeln im Alltag übereinstimmt. Die Herausforderung in all meinen vielen Aufgaben besteht darin, mit meinem Versagen richtig umzugehen. Besonders in Stresssituationen und im Bereich der Überforderung, mit der ich täglich konfrontiert bin, ist meine natürliche Reaktion der Selbstschutz. Das äußert sich in Selbstverteidigung in Form von Schimpfen, Fliehen, Verhärtung, Lieblosigkeit, Schuldwegweisungen und Rechtfertigungen, die mir nur noch einen Blick auf die Wellen im Sturm ermöglichen und nicht mehr auf Jesus. Das ist definitiv der Zeitpunkt, in dem ich anfange zu sinken wie Petrus in Matthäus 14,22ff.
Die wichtigste Entscheidung in dieser Misere ist es, nach Jesus zu rufen und seine Hand zu ergreifen. Was mich hindert ist mein Stolz, mit dem ich oft lieber untergehe, als ihn zu bekennen und loszulassen im Vertrauen auf Jesus. So klar habe ich vor meinem inneren Auge, dass mein Wert allein in Christus gegründet ist, weil er mich bedingungslos liebt und mit seinem teuren Blut für mich bezahlt hat. Leider lebe ich aber doch noch so sehr davon, meinen Wert in der Fehlerlosigkeit selbst zu schaffen oder zu erhalten. Diese Versklavung ist das Grundproblem meines Ausbrennens im Alltag. Die Erlösung davon ist das Verinnerlichen des Evangeliums. Die Grundaussage der Guten Nachricht ist eigentlich ganz einfach: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünde waren, für uns gestorben ist“ (Röm 5,8). Doch damit wir diese Wahrheit als Fundament in unserem gesamten Handeln leben, bedarf es in der Nachfolge Christi Heiligung und Reinigung von den falschen Zisternen, die wir uns ohne Gott selbst gegraben haben (vgl. Jer 2,13).
„Mein Leben und diese Welt durch das Lesen der Bibel immer wieder aus der Perspektive Gottes zu verstehen – von seinem Sieg her – schenkt mir Ruhe im Sturm, weil ich den kenne, dem auch heute noch Wind und Wellen gehorchen, und er kennt mich.“
Ich bin unendlich dankbar, dass Jesus mich hat erkennen lassen, dass er der Weg, die Wahrheit und das Leben ist. Mit seinen Augen sehe ich meinen Alltag, der so viele Baustellen beinhaltet, nicht als ein bedeutungsloses Leben. Ich darf verstehen, dass der Sinn meines Lebens ist, ihn zu ehren, indem ich ihm ähnlicher werde (vgl. Röm 8,28-29) und somit die Berufung leben darf, zu der der Mensch geschaffen wurde (vgl. 1Mose 1,27). All die großen Geschichten in der Bibel (z.B. die Erwählung Abrahams, der Auszug aus Ägypten, die Wüstenwanderung, die Eroberung des Landes Kanaan, das Einsetzen und Absetzen von Königen, das Leben als Jünger, der Bau seiner Gemeinde usw.) schreibt ein und derselbe dreieinige Gott. So wie damals handelt er auch heute in meinem Leben in einer bedingungslosen Liebe, mit der gleichen Souveränität und dem gleichen Ziel: „Ihr sollt heilig sein, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig“ (3Mose 19,2). Für diesen Weg hat Jesus den Kindern Gottes ein neues Herz in der Wiedergeburt geschenkt (vgl. Jer 31,31; Joh 3) und da, wo wir unsere Schwachheit erkennen, weil wir ohne ihn nichts tun können (vgl. Joh 15,5), da kommt er in uns zur Vollendung, denn seine Kraft ist in den Schwachen mächtig (vgl. 2Kor 12,9). So sollen wir als seine Zeugen als Salz und Licht in der Welt leben, aber nicht von der Welt sein. Dieser Kampf zwischen Licht und Finsternis, der am Kreuz von Golgatha bereits entschieden wurde, auf dass wir Frieden haben (vgl. Jes 53,5) ist die Erklärung für all die Dinge, die mein Leben hier noch zu einer Herausforderung machen, die es immer wieder richtig zu beurteilen gilt, um im Sturm der richtigen Stimme zu folgen. Mein Leben und diese Welt durch das Lesen der Bibel immer wieder aus der Perspektive Gottes zu verstehen – von seinem Sieg her – schenkt mir Ruhe im Sturm, weil ich den kenne, dem auch heute noch Wind und Wellen gehorchen, und er kennt mich. Sowie der Prophet Jesaja sagte, „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst! Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein!“ (Jes 43,1). Auch das Ende der Geschichte hilft mir, alles aus seiner Perspektive zu sehen: „Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein“ (Offb 21,4).