Geballte Hoffnung in den Briefen von Petrus und Judas

Artikel von David Helm
14. September 2022 — 9 Min Lesedauer

Von den ersten Tagen der Kirche an hatten Christen mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Von den Versuchungen und Leiden, die das Leben in Sünde mit sich bringt, bis hin zu den Herausforderungen durch falsche Lehrer – das Leben als Christ ist hart. Die Briefe von Petrus und Judas ermutigen uns jedoch! Der erste Petrusbrief zeigt uns die Bedeutung der wahren Gnade – die geheimnisvolle Verbindung von gegenwärtigem Leiden und zukünftiger Herrlichkeit. Der zweite Brief von Petrus fordert uns auf, fest in der Erkenntnis Gottes zu stehen, die sich aus unserer Beziehung zu ihm ergibt. Der Judasbrief ermutigt uns schließlich, ohne Furcht für den Glauben zu kämpfen.

Der erste Petrusbrief

Das große Thema des Briefes wird in den letzten Versen von 1. Petrus als „wahre Gnade“ bezeichnet. Es ergibt sich aus dem Zusammenspiel von zwei wichtigen Aspekten: der Herrlichkeit, die uns bei der Wiederkunft Jesu Christi offenbart werden wird, und der Schwierigkeit des gegenwärtigen Lebens in einer Welt der Sünde. Petrus bezieht sich gleich zu Beginn seines Briefes auf unser zukünftiges Erbe und unsere Erhöhung als Gläubige. Er kommt zu dem Schluss, dass wir, weil Christus gelitten hat und anschließend verherrlicht wurde (vgl. 1Petr 1,11), auf die Gnade hoffen sollten, die durch Christus offenbart werden wird (vgl. 1Petr 1,13; 2,12; 4,13; 5,1.4.10). Diese verheißene Gnade kommt jedoch erst nach dieser gegenwärtigen Zeit des Leidens. Wie es für Gottes Sohn war, so wird es für uns alle sein, die wir in ihm sind. Petrus bringt diese Themen auch am Ende seines Briefes zusammen:

„Der Gott aller Gnade aber, der uns berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus Jesus, er selbst möge euch, nachdem ihr eine kurze Zeit gelitten habt, völlig zubereiten, festigen, stärken, gründen!“ (1Petr 5,10)

Der Weg nach oben führt über den Weg nach unten. Die Wiederherstellung kommt nach den Anfechtungen. Das ist die „wahre Gnade Gottes“, an der wir festhalten sollen (vgl. 1Petr 5,12).

„Der Weg nach oben führt über den Weg nach unten. Die Wiederherstellung kommt nach den Anfechtungen. Das ist die ‚wahre Gnade Gottes‘, an der wir festhalten sollen.“
 

Diese Zusammenführung zweier scheinbar unvereinbarer Wahrheiten – unsere erhabene Stellung in Christus und unsere gegenwärtigen Leiden auf der Erde – ist für Christen immer schwierig gewesen. Es fällt uns nicht leicht, Gottes guten Plan für uns mit den Herausforderungen dieses Lebens in Einklang zu bringen. Wir fragen uns, ob Gott wirklich einen guten Plan hat, wenn er zulässt, dass wir jetzt leiden – sei es für unseren Glauben (wie viele Christen auf der ganzen Welt es tun) oder einfach nur, weil wir schwache menschliche Wesen sind (die nie frei vom Stachel des Schmerzes und Todes sind). Petrus legt jedoch großen Wert darauf, gleich in den ersten Worten seines Briefes zu zeigen, dass genau dies die herrliche Gestalt von Gottes Plan „gemäß der Vorsehung Gottes, des Vaters“ war und ist (1Petr 1,2a). In den nächsten Versen sehen wir, dass ein ewiges Erbe sowohl auf gegenwärtigen Prüfungen als auch auf vergangenen Herrlichkeiten beruht (vgl. 1Petr 1,3–12).

Wenn das so ist – was sollen wir dann tun? Zu Beginn von Vers 15 antwortet Petrus, dass alles auf unseren Wandel hinausläuft, d.h. unser Verhalten und unsere Lebensweise als Christen. Das Wort für „Wandel“ in diesem Vers wird im Neuen Testament einundzwanzigmal verwendet, davon zehnmal von Petrus (vgl. 1Petr 1,15.17.18; 2,12; 3,1.2.16; 2Petr 2,7.18; 3,11). Petrus’ Strategie für eine christliche Lebensweise, die in der Hoffnung verwurzelt ist, konzentriert sich auf einige wenige Dinge:

  • Heiligung (vgl. 1Petr 1,13–21);
  • eine aufrichtige Liebe zu anderen, sowohl innerhalb als auch außerhalb der Gemeinde (vgl. 1Petr 1,22–2,12);
  • die Darstellung des Opfers Jesu Christi in unserer Unterordnung gegenüber gerechten und ungerechten Führern;
  • unsere eigene Bereitschaft zu leiden (vgl. 1Petr 2,13–4,6);
  • und unser demütiger und liebevoller Dienst an Gottes neuer Familie (vgl. 1Petr 4,7–5,11).

Überall ermutigt uns Petrus mit dem Beispiel Christi, der außergewöhnliche Prüfungen, einschließlich Tod und Sünde, überwunden hat. Seine Schlussfolgerung ist ganz einfach: Gott hat unser Heil bewirkt, uns unsere Identität gegeben, unsere gegenwärtige Berufung bestätigt und unser zukünftiges Erbe durch eine tiefgreifende Ironie gesichert – den Tod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi. Diese Ironie – diese geheimnisvolle Verbindung von Leiden und Herrlichkeit – ist die wahre Gnade.

Der zweite Petrusbrief

In seinem zweiten Brief unterweist uns Petrus über Gotteserkenntnis. Er fordert uns auf, Gott nicht nur mit dem Verstand zu kennen, sondern auch auf eine persönliche Art und Weise. Petrus ruft uns dazu auf, fest in der Erkenntnis zu stehen, die nur aus einer Beziehung mit Gott kommen kann. Er beginnt den Brief mit: „Gnade und Friede werde euch mehr und mehr zuteil in der Erkenntnis Gottes und unseres Herrn Jesus!“ (2Petr 1,2), und er schließt mit den Worten: „Wachst dagegen in der Gnade und in der Erkenntnis unseres Herrn und Retters Jesus Christus!“ (2Petr 3,18a). Diese Wiederholung zeigt, dass Petrus seine Gewissheit auf die Gnade Gottes in Jesus durch die Erkenntnis Christi gründet. Diese Erkenntnis hält den Brief zusammen. Das Wort „Erkentniss“ oder eine Form des Verbs „erkennen“ kommt in 2. Petrus 1,3.5.6.8.12.14.16; 2,20.21; und 3,18 vor (siehe auch „dies erkennen“ in 2Petr 1,20; 3,1–3.17). Es handelt sich um eine besondere Art von Wissen. Diese Erkenntnis hat einen biblischen oder apostolischen Ursprung (vgl. 2Petr 1,16; 2,1; 3,2), und betrifft das zweite Kommen Jesu Christi (vgl. 2Petr 3,1–4.12). Gestützt auf das Alte Testament und das apostolische Zeugnis fordert Petrus uns auf, an die Wiederkunft unseres Erlösers zu denken. Wenn wir dies jedoch vergessen – wenn wir nicht im Licht des Wissens um seine baldige Wiederkunft leben –, werden wir wie die Spötter, die nur für das gegenwärtige Zeitalter leben und der Sinnlichkeit und der Habgier verfallen sind (genau das spricht Petrus in Kapitel 2 an).

„Petrus ruft uns dazu auf, fest in der Erkenntnis zu stehen, die nur aus einer Beziehung mit Gott kommen kann.“
 

Was ist das Ergebnis dieser Erkenntnis? Petrus hofft, dass wir in unserem Glauben fest verwurzelt und gefestigt sind (vgl. 2Petr 1,12; 1Petr 5,10). Dies ist ein sehr persönliches Ziel von Petrus, da die Sprache und das Ziel des Briefes die Erinnerung an einen entscheidenden, wenn auch schmerzhaften Moment im Leben von Petrus wachrufen. Er verwendet viele Wörter, die das Fallen einerseits und die Stärkung andererseits beschreiben.

In der Nacht, in der Jesus verhaftet wurde, hatte er gesagt: „Ihr werdet in dieser Nacht alle an mir Anstoß nehmen; denn es steht geschrieben: ‚Ich werde den Hirten schlagen, und die Schafe der Herde werden sich zerstreuen‘“ (Mt 26,31). Als Petrus diese Worte hörte, antwortete er: „Wenn auch alle an dir Anstoß nehmen, so werde doch ich niemals Anstoß nehmen! … Und wenn ich auch mit dir sterben müsste, werde ich dich nicht verleugnen!“ (Mt 26,33–35). Dennoch fiel Petrus. Er fiel einmal. Er fiel zweimal. Und auf demütigende Weise fiel er zum dritten Mal zu den Füßen eines Dieners im Hof des Hohepriesters. Als er diesen Brief verfasst, kehrt Petrus zu der Sprache jener Nacht zurück. Er schreibt:

„Darum, Brüder, seid umso eifriger bestrebt, eure Berufung und Auserwählung fest zu machen; denn wenn ihr diese Dinge tut, werdet ihr niemals zu Fall kommen.“ (2Petr 1,10)

In derselben Nacht im Leben von Petrus hatte Jesus auch die Sprache der Stärkung verwendet. Jesus sagte zu Petrus: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat euch begehrt, um euch zu sichten wie den Weizen; ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre; und wenn du einst umgekehrt bist, so stärke deine Brüder!“ (Lk 22,31–32). Das Wort „stärken“ ist verwandt mit der Wendung „fest gegründet sein“ in 2. Petrus 1,12: „Darum will ich es nicht versäumen, euch stets an diese Dinge zu erinnern, obwohl ihr sie kennt und in der bei euch vorhandenen Wahrheit fest gegründet seid.“ Mit anderen Worten: In Übereinstimmung mit seiner eigenen persönlichen apostolischen Mission ist Petrus große Hoffnung für uns in diesem Brief, dass wir durch unsere Erkenntnis von Jesus Christus gestärkt werden.

Der Judasbrief

Der Judasbrief ermutigt uns als Christen, für unseren Glauben zu kämpfen. Das Thema des Briefes finden wir in Vers 3. Dieser Aufruf zum Ringen wurzelt in der Überzeugung von Judas, dass der Glaube von Gegnern angefochten wird (vgl. Jud 4.8.10.12.16.19) Die Struktur des gesamten Briefes ergibt sich aus diesen beiden Gedanken. Der Aufruf in Vers 3, für den Glauben zu kämpfen, findet seine Erklärung in den Versen 17–23. In den Versen 5–16 verteidigt Judas die Schlussfolgerungen, die er in Vers 4 über die Herausforderungen für die Christenheit zieht.

In den Versen 17–23 sehen wir, dass das Ringen um den Glauben verbunden ist mit …

  • der Berufung, an der Christen festhalten müssen – insbesondere müssen wir uns an die Worte der Apostel erinnern (vgl. Jud 17–19) und uns in der Liebe Gottes bewahren (vgl. Jud 20–21);
  • den Verpflichtungen, die Christen eingehen – wir sollen uns gegenseitig auf unserem allerheiligsten Glauben erbauen, im Heiligen Geist beten (vgl. Jud 20) und auf die Barmherzigkeit unseres Herrn Jesus Christus hoffen, die zum ewigen Leben führt (vgl. Jud 21);
  • und dem Verhalten, mit dem wir leben – wir sollen dafür bekannt sein, dass wir uns der Zweifelnden erbarmen (vgl. Jud 22), andere vor dem Feuer der Hölle retten und Barmherzigkeit zeigen, selbst gegenüber den Unbußfertigen (vgl. Jud 23).
„Judas fordert uns auf, für den Glauben zu kämpfen, aber er tut dies im Wissen, dass wir in Jesus Christus ohne Angst vor dem Straucheln kämpfen können.“
 

Der Judasbrief verdeutlicht, dass wir aufgerufen sind, auf diese Weise zu kämpfen, weil bestimmte Menschen den Glauben infrage stellen (vgl. Jud 4). In den Versen 5–10 wählt Judas drei historische Ereignisse aus (den Abfall der Rebellen in der Wüste, die Eigenmächtigkeit einiger Engelsgeschöpfe und die Unmoral einiger antiker Städte), um seinen Lesern zu verdeutlichen, dass es schon immer Anfechtungen des Glaubens gegeben hat und dass Gott ihnen stets mit göttlichem Gericht begegnet ist. In den Versen 11–16 führt Judas dann drei alttestamentliche Beispiele von Menschen an, die den Glauben herausforderten und so das Gericht über sich selbst brachten (Kain, Bileam und Korah).

Judas fordert uns auf, für den Glauben zu kämpfen, aber er tut dies im Wissen, dass wir in Jesus Christus ohne Angst vor dem Straucheln kämpfen können. Er schließt mit einer schönen Doxologie, die genau dies zum Ausdruck bringt:

„Dem aber, der mächtig genug ist, euch ohne Straucheln zu bewahren und euch unsträflich, mit Freuden vor das Angesicht seiner Herrlichkeit zu stellen, dem allein weisen Gott, unserem Retter, gebührt Herrlichkeit und Majestät, Macht und Herrschaft jetzt und in alle Ewigkeit! Amen.“ (Jud 24–25)