Gesunde Lehre dient der Einheit der Gemeinde

Buchauszug von Bobby Jamieson
14. Oktober 2022 — 6 Min Lesedauer

Unsere Gesellschaft rühmt sich ihrer Toleranz, Inklusion und Integration, doch grenzen Dutzende tiefsitzender Trennungen ganze Klassen von Menschen voneinander ab. Schlimmer noch, diese Trennungen hetzen Menschen gegeneinander auf – trotz aller gegenteiligen guten Bemühungen. Rassismus zum Beispiel ist in Amerika heute nicht nur gesetzlich verboten, sondern wird auch stigmatisiert. Dennoch hegen wir den Rassismus in der Versenkung unseres Herzens und Denkens, und schon beim kleinsten Anlass kann er wieder hochkochen.

Die Gemeinde jedoch überwindet diese Unterschiede und Trennungen wirklich: „Da ist weder Jude noch Grieche, da ist weder Sklave noch Freier, da ist weder Mann noch Frau; denn ihr seid alle einer in Christus Jesus“ (Gal 3,28; vgl. Kol 3,11).

Wie kann Paulus das sagen? Wie kann die Gemeinde diese Trennungen überwinden, die sich doch so hartnäckig den besten Friedensbemühungen der Welt widersetzen?

Im Galaterbrief sieht Paulus die Einheit von Juden und Griechen, von Freien und Sklaven, von Frauen und Männern als direkte Folge der Rechtfertigung – als Konsequenz dessen, dass wir von Gott als gerecht erklärt wurden – und zwar allein auf Grundlage des Glaubens, nicht aufgrund irgendwelcher eigenen guten Werke. Die Galater waren drauf und dran, für ihr Heil auf die Beschneidung und die Einhaltung des Gesetzes zu vertrauen (vgl. Gal 3,1; 5,2–4). Deshalb erinnert Paulus sie, dass alle Gläubigen von Gott gerechtfertigt wurden „durch den Glauben an Jesus Christus … und nicht aus Gesetzeswerken“ (Gal 2,16).

Deshalb konnten die Judenchristen und jene Heidenchristen, die das jüdische Gesetz hielten, keinen Vorrang gegenüber anderen Christen beanspruchen: „So erkennt auch: Die aus Glauben sind, diese sind Abrahams Kinder“ (Gal 3,7). Gerechtigkeit vor Gott und damit die Zugehörigkeit zu seinem Volk wird allein durch Gottes Gnade, allein durch Glauben und allein durch Christus gegeben. Gerechtigkeit vor Gott und die Zugehörigkeit zu seinem Volk können alle erlangen, die im Glauben zu Christus kommen, unabhängig ihrer Abstammung, ihres Sozialstatus, ihres Geschlechts oder irgendetwas sonst.

Mit anderen Worten: Die Lehre der Rechtfertigung durch Glauben allein ist das Fundament für die Einheit der Gemeinde. All jene, die zu Christus gekommen sind und ihren Glauben durch die Taufe bezeugt haben, haben „Christus angezogen“ (Gal 3,27) und sind Erben der Verheißungen Gottes (vgl. Gal 3,29). Und da wir in der Gemeinde alle „Christus angezogen“ haben, sind wir alle eins in Christus (vgl. Gal 3,28).

„Wir alle sind eingeladen, an Christus zu glauben; und alle, die das tun, werden in der Gemeinde als Brüder und Schwestern willkommen geheißen.“
 

Christus allein ist die Tür zur Gemeinde. Wir müssen nicht in der Lage sein, unseren Stammbaum auf Abraham zurückzuführen. Wir müssen keiner bestimmten politischen Partei angehören oder in einem bestimmten Stadtteil leben. Wir müssen weder einen besonderen Abschluss noch ein Mindesteinkommen haben. Wir alle sind eingeladen, an Christus zu glauben; und alle, die das tun, werden in der Gemeinde als Brüder und Schwestern willkommen geheißen. Sie alle sind aufgrund desselben Fundaments Familienmitglieder im Haus Gottes.

Die Einheit der Gemeinde gründet auf der Lehre von der Rechtfertigung allein durch den Glauben und resultiert aus ihr. Das ist eine der vielen Arten, wie gesunde Lehre der Einheit dient.

Gesunde Lehre dient der Einheit

Eine ähnliche Lektion findet sich im 1. Korintherbrief. Anlass des Briefes waren der Streit und das Konkurrenzdenken unter den Korinthern: „Ich rede aber davon, dass jeder von euch sagt: Ich gehöre zu Paulus! – Ich aber zu Apollos! – Ich aber zu Kephas! – Ich aber zu Christus!“ (1Kor 1,12). Paulus’ Reaktion auf diese Spaltungen ist bemerkenswert: „Ist Christus denn zerteilt? Ist etwa Paulus für euch gekreuzigt worden oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft?“ (1Kor 12,13).

Damit verdeutlicht er, dass die Gemeinde ebenso wenig zerteilt sein darf, wie Christus selbst es ist. Warum? Weil die Gemeinde der Leib Christi ist, was Paulus in Kapitel 12 ausführlich darlegt. Außerdem sollten Christen ihre höchste Loyalität keinem anderen als allein Christus entgegenbringen, da allein er es war, der für unsere Sünden gekreuzigt wurde (vgl. 1Kor 15,1–4). Ferner werden Christen nicht auf den Namen eines menschlichen Lehrers getauft, sondern auf den Namen des dreieinigen Gottes (vgl. Mt 28,19). Damit gehören Christen zum Herrn und nicht zu irgendeinem Lehrer.

All diese rhetorischen Fragen in 1. Korinther 1,13 liefern theologische Argumente für die Einheit der Gemeinde: Da wir der Leib Christi sind, sollen wir untereinander nicht gespalten, sondern vereint sein. Da unsere höchste Loyalität dem Herrn Jesus gilt und wir auf seinen Namen getauft worden sind, dürfen wir unsere Gemeinden nicht in Grüppchen um unsere Lieblingslehrer aufteilen.

„Zu unseren wichtigsten Berufungen als Christen gehört es, einander zu lieben, den anderen demütig zu ertragen und fleißig daran mitzuwirken, die Einheit der Gemeinde zu bewahren.“
 

Die Einheit der Gemeinde gründet auf und resultiert aus gesunder Lehre. Noch einmal: Gesunde Lehre ist ein Zusammenfassen dessen, was die Bibel lehrt, in sowohl biblisch wahrheitsgemäßer als auch lebenspraktischer Weise. Wenn also die Einheit der Gemeinde in Korinth gefährdet ist, führt Paulus sie zurück zu den theologischen Grundlagen, um die Gemeinde wieder mit Gottes Plan in Übereinstimmung zu bringen. Gesunde Lehre bildet nicht nur die Grundlage der Einheit, sondern stellt sie auch wieder her – sie ist quasi das Flickzeug für Einheit. Gesunde Lehre liefert nicht nur das Muster für die Einheit, sondern hilft der Gemeinde auch, sich wieder neu nach diesem Muster auszurichten, wenn sie einmal davon abgewichen ist. Gesunde Lehre dient der Einheit.

Dieselbe Dynamik sehen wir in Epheser 4, wo Paulus uns auffordert, unserer Berufung würdig zu wandeln (vgl. Eph 4,1). Wie sollen wir das tun? Indem wir demütig, sanftmütig und geduldig sind, einander in Liebe ertragen und eifrig darum bemüht sind, „die Einheit des Geistes zu bewahren durch das Band des Friedens“ (Eph 4,2–3). Zu unseren wichtigsten Berufungen als Christen gehört es, einander zu lieben, den anderen demütig zu ertragen und fleißig daran mitzuwirken, die Einheit der Gemeinde zu bewahren.

Warum sollten wir das tun? Paulus beantwortet diese Frage mit dem Verweis auf die tiefgründigsten Realitäten unseres Glaubens: Da sind „ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; ein Gott und Vater aller, über allen und durch alle und in euch allen“ (Eph 4,4–6). Jeder Aspekt unseres Glaubens verkündet laut: „Einheit!“ Da ist ein Leib Christi; ein Geist, der uns neues Leben gibt; eine Hoffnung, zu der wir berufen worden sind; ein Herr Jesus Christus; ein Glaube an diesen Herrn und eine Taufe auf seinen Namen; ein Vater über allem; und Vater, Sohn und Heiliger Geist sind ein Gott.

Die Einheit der Gemeinde basiert auf der Einheit des Glaubens. Daher sind wir dazu berufen, das Band des Friedens zu bewahren, welches uns zusammenhält: die Einheit, die der Heilige Geist uns gegeben hat. Weil die Gemeinde wirklich eins ist, sind wir dazu berufen, eins zu sein.

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Dies ist ein Auszug aus dem Buch Gesunde Lehre von Bobby Jamieson (S. 68–71). Weitere Infos und eine Bestellmöglichkeit gibt es hier.