Was, wenn ihre eure besten Leute aussendet?

Artikel von Steve Jennings
1. November 2022 — 5 Min Lesedauer

Kaum etwas ist leichter vorherzusehen als der Plot eines guten Sportfilms, bei dem das Verlierer-Team zum Champion wird. Stell dir ein Spitzenteam vor, das beschließt, seine stärksten Spieler zu anderen Teams gehen zu lassen, um die Qualität der Liga zu verbessern. Natürlich wird das Team zuerst von der Presse zerrissen. Die Starspieler stellen die gesamte Liga jedoch auf den Kopf, weil ihr Können und ihre Liebe zum Spiel ihre neuen Teams in die Spitzenklasse katapultiert. Gleichzeitig würde die Geschichte von den persönlichen Problemen eines Spielers im ursprünglichen Spitzenteam handeln, der kurz davorsteht, hinausgeschmissen zu werden, dadurch aber zu neuer Größe aufsteigt. Die meisten von uns haben solche Filme gesehen und kennen den Lauf der Geschichte. Aber solche Erzählungen sind nicht realistisch, oder? Wie viele von uns würden etwas tun, das so gegen die eigene Intuition geht? Wer würde seine besten Leute aufgeben?

Gemeinden sind keine Sportmannschaften. Ihre Arbeit ist von ungleich größerer Bedeutung. Könnte es dennoch sein, dass unsere Gemeinden nach demselben Muster handeln sollten? Sollten wir bereit sein, einige unserer besten Leute aufzugeben und darauf zu vertrauen, dass Gott andere aufstellt?

Ich denke schon. Gemäß ihrer Aufgabe und ihrem Auftrag im Evangelium sind Gemeinden dazu bestimmt, auszurüsten und auszusenden, auszurüsten und auszusenden, auszurüsten und auszusenden – und gleichzeitig ihre eigenen Reihen durch treue und regelmäßige Jüngerschaft wieder zu füllen.

„Gottes Wege zum Erfolg widersprechen manchmal unserem pragmatischen Denken. Doch genau das sollten wir erwarten.“
 

Gottes Wege zum Erfolg widersprechen manchmal unserem pragmatischen Denken. Doch genau das sollten wir erwarten. Ist die Gemeinde nicht dazu da, Gottes Weisheit zur Schau zu stellen, nicht unsere eigene? Denke doch an Gottes größten Triumph: Die Sünde wurde gesühnt, der Zorn abgewendet, der Fluch gebrochen und der Tod besiegt, indem der Sohn Gottes gebunden und geschlagen wurde und dann starb und auferstand – und das alles für sündige Menschen! Der Sieg wurde – menschlich gesprochen – in der Stunde der größten Schwäche errungen.

Was wäre also, wenn deine Gemeinde genau das täte, was für ihre Gesundheit und ihr Wachstum widersinnig erscheint? Was wäre, wenn ihr eure besten und klügsten Leute ausbilden und aussenden würdet, um andere Gemeinden zu gründen? Würde deine Gemeinde tatsächlich schwächer werden?

Ich kann nicht behaupten, dass dieses Vorgehen immer das Richtige ist. Es gibt verschiedene Phasen im Leben einer Gemeinde, und es gibt Gemeinden mit unterschiedlichen Bedürfnissen. Es ist eine Frage der Weisheit, kein Gebot. Ich kann jedoch sowohl aus Erfahrung als auch aus Gottes Wort sagen, dass diese Vorgehensweise generell dazu führt, dass

  • neue gesunde Gemeinden gegründet werden
  • und deine Gemeinde reifen wird.

1. Neue gesunde Gemeinden werden gegründet

Ich habe lange im Ausland gelebt und viele Missionare kennengelernt. Dabei habe ich mit Erstaunen festgestellt, dass Gemeinden oft unvorbereitete und unreife Menschen aussenden, um unter unerreichten oder wenig erreichten Menschen Gemeinden zu gründen. Gleichzeitig verfügen die sendenden Gemeinden über ausgezeichnete Mitarbeiter mit theologischer Ausbildung und geistlichem Scharfsinn.

Stellen wir uns nun aber vor, wie es wäre, wenn Gemeinden jene Menschen aussenden würden, in die sie unzählige Stunden und Ressourcen investiert haben: Menschen mit einem soliden theologischen Fundament, mit gut erprobten Gaben, bewährter Urteilskraft, erwiesener Heiligkeit und einer vom Evangelium durchdrungenen Lebens- und Arbeitsphilosophie. Was meinst du, was geschehen würde, wenn die Gemeinden das täten? Wertvolle Saat würde in die öden Ecken der Erde gepflanzt werden – das würde geschehen!

Unerreichte Völker müssen dringend mit dem Evangelium erreicht werden, aber um das zu bewerkstelligen, müssen gesunde, vom Evangelium geprägte Gemeinden in ihrer Mitte gegründet werden. Genau das geschieht, wenn etablierte Gemeinden ihre besten Leute vorbereiten und aussenden, um diese Gemeinden zu gründen.

Schau dir Paulus an: Er schickte Leute wie Timotheus und Titus aus – kluge Köpfe, in die er sich zuvor so sehr investiert hatte. In seinen Briefen sehen wir, dass er dies tat, weil er den Anspruch hatte, diejenigen zu erreichen, die das Evangelium noch nicht gehört hatten (vgl. Röm 15,21; 2Tim 2,2).

Natürlich fragst du dich, was mit deiner Gemeinde passieren wird, wenn du das tust. Darüber musst du dir keine Sorgen machen, denn es ist eine Win-win-Situation: Auch die Gesundheit deiner eigenen Gemeinde wird davon profitieren.

2. Deine Gemeinde wird reifen

Wenn ein Team sich von seinen besten und begabtesten Spielern trennt, ist es dazu gezwungen, neue Spieler an ihrer Stelle heranzutrainieren. Wenn dasselbe regelmäßig in einer Gemeinde geschieht, wird diese Gemeinde durch Gottes Gnade reifen.

„Wenn ein Team sich von seinen besten und begabtesten Spielern trennt, ist es dazu gezwungen, neue Spieler an ihrer Stelle heranzutrainieren.“
 

Dabei ist klar, dass Gemeinden nicht jeden aussenden können. Einige ihrer besten Leute sollten sie behalten! Immerhin benötigt jede Gemeinde einen starken Motor. Es kann für Gemeinden einfacher sein, sich mit einem Team von zuverlässigen Leuten einzurichten, bei denen alles glatt zu laufen scheint. Ohne diesen „Spielerwechsel“ könnte die Gemeinde jedoch beginnen zu stagnieren und zu verkümmern. Die Heilige Schrift gibt uns darum ein Muster vor: Jüngerschaft und Aussendung, Jüngerschaft und Aussendung. Dieser Rhythmus sollte sich im gewöhnlichen Leben einer Gemeinde widerspiegeln. So haben die jüngeren Gläubigen Vorbilder in den älteren. Sie verstehen, in welche Schuhstapfen sie treten müssen, wenn sie sehen, wie die älteren Christen diesen Weg gehen.

Vielleicht ist es für deine Gemeinde an der Zeit darüber nachzudenken, einige ihrer besten Leute auszusenden, um in deiner Nähe oder in fernen Ländern evangeliumszentrierte Gemeinden zu gründen. Vielleicht ist es an der Zeit sie auszusenden, um eine Arbeit zu unterstützen, die bereits im Gang ist. Hab keine Angst vor leeren Reihen! Durch treues Jüngermachen kann und wird Gott Menschen erwecken, die jedem Bedarf gerecht werden.