Grace at Work
Gebraucht Gott deine Arbeit, um seine Mission für diese Welt auszuführen? Hat deine Arbeit einen Sinn, der über deinen Gehaltsscheck hinausgeht? Die einfache Antwort lautet: Ja!
„Arbeit ist kein Fluch, sondern unsere Berufung, die Gott dem Menschen bereits vor dem Sündenfall aufgetragen hat.“
Bryan Chapell, emeritierter Präsident des Covenant Theological Seminary und ehemaliger Pastor der Historic Grace Presbyterian Church in Peoria (Illinois, USA), liefert dem Leser in seinem Buch Grace at Work: Redeeming the Grind and Glory of Your Job nicht nur diese eindeutige Antwort, sondern zeigt darüber hinaus, dass unsere Arbeit aus Gottes Perspektive tatsächlich eine Form der Anbetung ist. Grace at Work möchte Christen helfen, die Würde und göttliche Bestimmung in Bezug auf unseren persönlichen Beruf besser zu verstehen, um Gott und allen, die er liebt, mehr zu dienen.
Von Beginn an zur Arbeit berufen
In den ersten beiden Kapiteln legt Chapell einen wichtigen Grundstein für seine weiteren Ausführungen. Er erklärt anhand der Schöpfungsgeschichte, dass unsere Arbeit eine besondere Würde hat, weil Gott selbst die Menschen als seine Ebenbilder zur Arbeit berufen hat – so wie auch er arbeitet. Arbeit ist kein Fluch, sondern unsere Berufung, die Gott dem Menschen bereits vor dem Sündenfall aufgetragen hat. „Wir dürfen erkennen, dass Arbeit würdevoll ist und das Nichtstun im Gegensatz dazu der Bestimmung des Menschen widerspricht“ (S. 25).
Werkzeuge in Gottes Welt
Bedeutet das nun, dass der Mensch erst durch die Arbeit seine Würde und seinen Wert erhält? Chapell betont, dass Wert und Würde eines Menschen niemals in Abhängigkeit von seiner Arbeit oder seinen Leistungen stehen, sondern in seiner Gottebenbildlichkeit begründet sind. Gott schuf den Menschen in seinem Ebenbild, bevor er ihm den Auftrag zu arbeiten gab. Wir müssen uns Gottes Liebe und Barmherzigkeit nicht erarbeiten; er schenkt sie uns aus reiner Gnade. Auf dieser Grundlage dürfen wir unsere Arbeit vor allem als Möglichkeit sehen, Gottes Charakter dort widerzuspiegeln und den Menschen Gottes Güte und Fürsorge für die Welt und seine Geschöpfe verständlich zu machen.
„Mit unseren Begabungen, den Produkten, die wir herstellen, der Art und Weise unsere Arbeit zu verrichten, dem Einfluss unserer Arbeit auf die Gesellschaft und den persönlichen Beziehungen sind wir Gottes Werkzeuge für sein Erlösungswerk in einer gefallenen Welt.“ (S. 13)
Auf Jesus schauen
Wie wir als Christen nun konkret aus dieser Bestimmung heraus leben können, beschreibt der Autor in den Kapiteln 3 bis 7. Kurz gesagt: Wenn wir verstehen wollen, wie wir Gott in unserer Arbeit ehren können, sollten wir auf Jesus schauen.
„Wenn wir verstehen wollen, wie wir Gott in unserer Arbeit ehren können, sollten wir auf Jesus schauen.“
Was genau können wir im Blick auf unsere Einstellung von Jesus lernen? Sein Leben und seine Arbeit hier auf der Erde waren von größter Demut geprägt. Als König, Priester und Prophet erniedrigte er sich, um den Menschen zu dienen und den Willen seines Vaters zu tun. Wie viel mehr sollten wir in unserer Nachfolge Opferbereitschaft zeigen und begreifen, dass die höchste Priorität an unserem Arbeitsplatz nicht wir selbst sind, sondern die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten. Erst wenn wir Gottes Ehre als höchstes Ziel unserer Anstrengungen begreifen, werden wir persönliche Erfüllung in unserer Arbeit finden.
Erfolg wird aus Gottes Sicht also nicht durch Geld und Einfluss definiert, sondern dadurch, dass wir Jesu Namen durch unser Leben – und damit auch unsere Arbeit – groß machen. Als Christen leben wir mit einer „Ewigkeitsperspektive“. Sollte die Welt die Bedeutung und den Wert unserer Arbeit nicht wertschätzen, so dürfen wir dennoch wissen, dass Gott uns und unsere Werke sieht und sie gebraucht, um seinen Sohn und dessen Reich in dieser Welt bekanntzumachen.
In einer gefallenen Schöpfung
Am Ende des Buches, in Kapitel 8, richtet Chapell den Blick des Lesers auf den Aspekt der Sünde in dieser Welt. Auch wenn die Arbeit an sich von Gott eingerichtet worden ist, müssen wir uns der traurigen Realität stellen, dass wir seit dem Sündenfall in einer gebrochenen Welt leben und Arbeit oft Mühsal bedeutet. Auch in der Sphäre unserer Arbeit werden wir ständig mit Sünde konfrontiert – sei es durch andere oder uns selbst. Der Job kann sehr anstrengend oder manchmal eintönig sein. Auch Mobbing durch Arbeitskollegen kann dazugehören. Für viele Menschen liegt daher die Würde ihrer Sendung darin, Gott im Beruf trotz der Widrigkeiten treu zu sein.
Wir sollten jedoch nicht nur in den äußeren Umständen nach Stolpersteinen suchen. Oft sind wir selbst diejenigen, die anderen das Arbeitsleben durch Stolz, Ungerechtigkeit oder Rücksichtslosigkeit erschweren. Daher benötigen wir eine gesunde Portion Selbstkritik und die Bereitschaft, eigenes sündhaftes Denken und Verhalten ans Licht zu bringen. Christen wissen um die Verheißung der Vergebung und dürfen immer wieder zum Kreuz laufen und ihre Verfehlungen bekennen. Sie können ehrlich leben. Gott ist sogar dann treu, wenn wir es nicht sind.
Was ich persönlich mitnehme
Der Inhalt des Buches ist sicherlich für jeden Christen von großer Bedeutung. Unsere tägliche Arbeit nimmt allein in zeitlicher Hinsicht den größten Raum in unserem Leben ein. Demzufolge ist es für Jesusnachfolger ungemein wertvoll, sich mit Gottes Sichtweise auf unsere Beschäftigung näher zu befassen.
„Erfolg wird aus Gottes Sicht also nicht durch Geld und Einfluss definiert, sondern dadurch, dass wir Jesu Namen durch unser Leben – und damit auch unsere Arbeit – groß machen.“
Das Buch ist derzeit leider nur auf Englisch erhältlich. Allerdings ist es verständlich geschrieben und daher meines Erachtens auch für Deutschsprachler mit durchschnittlichen Englischkenntnissen gut lesbar. Kleine Anekdoten und Zitate erleichtern den Lesefluss und veranschaulichen die theologischen Wahrheiten geschickt. Manche Teile des Buches empfand ich als redundant, was damit zusammenhängen könnte, dass es aus einer Predigtserie heraus entstanden ist.
Von besonderem Nutzen waren für mich die Auslegung des Schöpfungsberichts in Bezug auf den Stellenwert unserer Arbeit in den Augen unseres himmlischen Vaters sowie der Blick auf Jesu Leben. Grace at Work hat mich zeitgleich ermutigt und herausgefordert, mein Leben neu auf Gottes Vorstellungen hinsichtlich meiner täglichen Arbeit auszurichten. Was ich tue, ist nicht lästige Pflicht, sondern ein Vorrecht. Ich bin dazu berufen, meinen Gott mit meinen Begabungen zu verherrlichen und mich daran zu freuen, dass er mich gebraucht. Es ist ein sehr beflügelnder Gedanke, dass Arbeit mit dem Ziel, Gott zu ehren, eine Form der Anbetung ist. Jeder Mensch ist unterschiedlich von Gott geschaffen worden, und Gott zeigt seine Herrlichkeit gerade dadurch, dass er Menschen mit unterschiedlichen Begabungen in andersartige Zweige beruft. Wir können und müssen nicht alle das Gleiche leisten. Wir dürfen die Gewissheit haben, dass – wenn wir danach streben, Gott mit unserer Arbeit zu ehren – er diese für seine Zwecke nutzen und sich selbst dadurch verherrlichen wird. Sogar dann, wenn wir selbst dieses „geheimnisvolle Wirken“ Gottes nicht sehen.
Buch
Bryan Chapell, Grace at Work: Redeeming the Grind and Glory of Your Job, Wheaton: Crossway, 2022, 240 Seiten, ca. 17,00 EUR.