Gibt es Gott?

Rezension von Peter Prock
30. März 2023 — 5 Min Lesedauer

Die Frage nach Gott ist letztlich keine intellektuelle

Gibt es Gott? von R.C. Sproul (1939–2017), dem reformierten Pastor und Professor für Systematische Theologie, ist in der Reihe „Fragen zum christlichen Glauben“ bei Verbum Medien erschienen. Die gerade einmal 84 Seiten täuschen jedoch, wenn man meint, das Buch schnell durchlesen zu können. Sproul fordert vom Leser höchste Konzentration, um seiner Behandlung der Ausgangsfrage zu folgen.

„Menschen lehnen Gott nicht aus intellektuellen Gründen ab, sondern aus moralischen, da die Existenz Gottes ihrer Autonomie im Weg steht.“
 

Das Hauptanliegen des Buches ist es, zu zeigen, dass Logik und Vernunft auf die Existenz Gottes hinweisen. Es geht beim Glauben also nicht darum, den Verstand auszuschalten. Ganz im Gegenteil! Sehr spannend finde ich daher auch das abschließende Kapitel, in dem er folgert: Menschen lehnen Gott nicht aus intellektuellen Gründen ab, sondern aus moralischen, da die Existenz Gottes ihrer Autonomie im Weg steht. Damit dreht er den Spieß Menschen gegenüber um, die behaupten, der Glaube an Gott sei „lediglich das Ergebnis der psychologischen Bedürfnisse naiver Menschen“ (S. 78).

Vernunft und Logik beweisen den Schöpfergott

Sproul geht einleitend kurz auf grundlegende Fragen der Apologetik (d.i. die Verteidigung des christlichen Glaubens) ein. Er argumentiert für die Verwendung der Prinzipien einer klassischen Apologetik mit den Elementen von Vernunft und Logik im Gegensatz zu anderen apologetischen Ansätzen. Nach der klassischen Apologetik gibt es vier Möglichkeiten, die Realität zu erklären. Diese vier Möglichkeiten werden in den weiteren Kapiteln ausgeführt und diskutiert. Die erste Möglichkeit, unsere Erfahrung der Realität sei nur eine Illusion, und die zweite Möglichkeit, die Realität habe sich selbst erschaffen, werden ausgeschlossen. Es bleibt nur noch die Option einer Existenz aus sich selbst heraus übrig, die als Möglichkeiten drei und vier diskutiert werden. Aus logischen Gründen bleibt letztlich nur Möglichkeit vier, nämlich dass das Universum von etwas erschaffen worden sein muss, das aus sich selbst existiert, nämlich Gott. Ergänzt werden diese Gedanken von Kapiteln über das Verhältnis von Philosophie und Theologie und dem moralischen Argument für die Existenz Gottes von Immanuel Kant. Die Positionen von Zynikern, Skeptikern und Nihilisten werden nur kurz beleuchtet, ebenso die Unstimmigkeiten eines humanistischen Denkens.

Eine gewinnbringende Lektüre – mit Einschränkungen

Gibt es Gott? von R.C. Sproul ist ein äußerst interessantes und lehrreiches Buch, gleichzeitig aber auch ein sehr herausforderndes. Sproul versucht auf wenigen Seiten, ein außerordentlich komplexes Thema zu behandeln. Das hat zwar den Reiz, sich mit einem schwierigen Thema relativ schnell vertraut machen zu können. Leider hat es gleichzeitig den großen Nachteil, dass viele Leser – v.a. solche, die nicht schon etwas in die Thematik eingelesen sind – mit gewissen Zusammenhängen und Folgerungen kaum Schritt halten können. Das birgt die Gefahr, dass man das Buch zur Seite legt. Es braucht höchste Konzentration und am besten etwas Vorwissen, um von dem Buch maximal profitieren zu können. Der durchschnittliche Gemeindechrist sowie ein dem Glauben gegenüber skeptischer Mensch könnten überfordert sein, wenn sie nicht gerade philosophisch geschult sind.

„Wir dürfen nicht nur, sondern müssen unseren Verstand gebrauchen, um für den Glauben zu argumentieren.“
 

Persönlich konnte ich von der Lektüre sehr profitieren. Für mich war gerade die komprimierte Darlegung und die treffende Charakterisierung von Gedankengängen aus der Theologie- und Philosophiegeschichte spannend. Uns begegnen Namen wie Aristoteles, Immanuel Kant, David Hume, Ephraim Lessing, René Descartes, Denis Diderot, Friedrich Nietzsche, Ludwig Feuerbach, Anthony Flew, Albert Camus, Jean Paul Satre, Tertullian, Augustinus, Thomas von Aquin, Johannes Calvin, Cornelius van Til, Adolf von Harnack und noch weitere. Wenn man sich mit ihren Gedankengängen auseinandersetzt und da und dort weitere Quellen zurate zieht, bekommt man ein vielfältiges, jedoch bei Weitem nicht abschließendes Bild davon, welche Konzepte es im Zusammenhang mit der Frage nach Gott gibt. Wer sich diesbezüglich einen Überblick verschaffen möchte, dem kann ich das Buch empfehlen. Man muss sich jedoch bewusst sein, dass mit den Ausführungen Sprouls diese Thematik nicht allumfassend erschlossen wird.

„Das Grundproblem des Menschen sind seine Rebellion gegen Gott und sein Unwille sowie seine Angst, von seinem Schöpfer zur Rechenschaft gezogen zu werden.“
 

Eines wird durch die Beschäftigung mit den Gedanken von R.C. Sproul völlig klar: Wir dürfen nicht nur, sondern müssen unseren Verstand gebrauchen, um für den Glauben zu argumentieren. So muss man Atheisten und Anhängern des heute weitverbreiteten Materialismus nicht selten Denkfaulheit vorwerfen, wenn vielfach sehr oberflächlich gegen den Glauben argumentiert wird. Das aber sollten wir uns als Christen nicht vorwerfen lassen müssen. Jesus ermahnt uns dazu, Gott auch mit unserem Verstand zu lieben (z.B. Mt 22,37).

Ferner macht Sproul aber auch ganz klar, dass es letztlich in der Apologetik (und ebenso in der ganz alltäglichen Auseinandersetzung mit Menschen, die dem Glauben fernstehen) nicht beim Verstand und beim logischen Argumentieren bleiben darf. Das Grundproblem des Menschen sind seine Rebellion gegen Gott und sein Unwille sowie seine Angst, von seinem Schöpfer zur Rechenschaft gezogen zu werden. Mit Bezug zu Adam und Eva in 1. Mose 3 schließt das Buch mit dem Satz: „Der wahre Grund für die Leugnung der Existenz Gottes ist folgender: Auch wir sind nackt, und wir wissen es“ (S. 84).

Buch

R.C. Sproul, Gibt es Gott? Fragen zum christlichen Glauben, Verbum Medien: Bad Oeynhausen, 2022, 89 Seiten, ca. 6,90 EUR.
Das Buch kann auch direkt beim Verlag bestellt werden.