Warum John Stott mit wenig auskam
Ich habe immer ein Exemplar des Afrika-Bibelkommentars neben meiner Bibel liegen. Er hilft mir, die Heilige Schrift zu verstehen, und gibt mir die Möglichkeit, von Brüdern und Schwestern auf der ganzen Welt zu lernen. Diesen Kommentar gibt es zum Teil dank der Großzügigkeit von John Stott. Auf seinen Reisen um die Welt wurde er dazu inspiriert, „den Standard der biblischen Predigt“ in unterversorgten Gegenden zu erhöhen. Er verzichtete auf alle Tantiemen aus seinen Büchern, um die Gemeinden durch biblische Gelehrsamkeit und Ressourcen wie den Kommentar auf meinem Nachttisch zu stärken.
Am 27. Juli 2011 empfing Stott seine ewige Belohnung und traf seinen Erlöser von Angesicht zu Angesicht. Viele Christen kennen Stotts Schriften und sein öffentliches Wirken, aber die Entscheidungen, die er über seine persönlichen Finanzen und seinen Lebensstandard traf, behielt er zu Lebzeiten für sich. Als ich in den letzten Jahren mehr über diese Seite von Stotts Glauben erfuhr, entdeckte ich, wie sein Leben eine überaus geistliche Haltung in einer konsumorientierten Kultur widerspiegelt.
Aufopferungsbereitschaft in einer materialistischen Welt
Wir leben in einem Zeitalter des Überflusses. Unser Mangel an Selbstverleugnung und Mäßigung erstreckt sich auch auf die Art, wie wir einkaufen und essen und wie wir Unterhaltung konsumieren. Das Leben von Stott steht in krassem Gegensatz zu unseren kulturellen Tendenzen.
Jedes Gemeindemitglied, das ich getroffen habe und das mit Stott in der All Souls Church Gottesdienst gefeiert hat – von seinem Studienassistenten bis hin zu denjenigen, die ihn auf internationalen Reisen begleiteten –, spricht von seiner Großzügigkeit und seinem einfachen Lebensstil, von der Art und Weise, wie er eine aufopferungsbereite Haltung dem Luxus vorzog.
Stott widmete der Einfachheit ein ganzes Kapitel in seinem Buch The Radical Disciple. Darin sagt er, dass der Materialismus – der Fokus auf materielle Dinge – unser geistliches Leben ersticken kann. Jesus sagte, wir sollten keine Schätze auf der Erde anhäufen, und warnte uns vor Begehrlichkeiten. Auch der Apostel Paulus forderte uns auf, einen Lebensstil der Einfachheit, Großzügigkeit und Zufriedenheit zu entwickeln. Dabei stützte er sich auf seine eigene Erfahrung, dass er gelernt hatte, in jeder Lage zufrieden zu sein (vgl. Phil 4,11).
Hier sind drei Wahrheiten, die ich durch die Beschäftigung mit Stotts Leben und seinen Schriften über Einfachheit gelernt habe.
1. Ein einfaches Leben ist biblisch
Das Gewissen eines Christen muss sich von der Heiligen Schrift leiten lassen. Wenn es um materiellen Besitz geht, bedeutet das, dass er sich von den beiden Irrwegen der Askese (vgl. Kol 2,20–23) und des Materialismus fernhalten muss. Lukas schreibt: „Er sagte aber zu ihnen: Habt acht und hütet euch vor der Habsucht! Denn niemandes Leben hängt von dem Überfluss ab, den er an Gütern hat“ (Lk 12,15).
„Wir sind gut beraten, mit leichtem Gepäck zu reisen.“
Wir bringen nichts in die Welt hinein und verlassen sie mit nichts. Dazwischen sollte ein Christ mit Paulus sagen können: „Wenn wir aber Nahrung und Kleidung haben, soll uns das genügen!“ (1Tim 6,8). Wie Stott sagte: „Das Leben auf der Erde ist eine kurze Pilgerreise zwischen zwei Momenten der Nacktheit. Wir sind also gut beraten, mit leichtem Gepäck zu reisen.“
Unseren Lebensstil einzuschränken hat viele Vorteile. Ein Christ, der einfach lebt, kann mehr geben (vgl. 1Tim 6,18) und tiefere Dankbarkeit für unerwartete Gaben zeigen (vgl. 1Tim 4,4–5). Konkret sollten diejenigen, die in dieser Welt reich sind, der Aufforderung des Paulus folgen und „nicht hochmütig … sein, auch nicht ihre Hoffnung auf die Unbeständigkeit des Reichtums … setzen, sondern auf den lebendigen Gott, der uns alles reichlich zum Genuss darreicht“ (1Tim 6,17). Der Friedensvertrag von Lausanne, ein Bekenntnisdokument, an dem Stott maßgeblich beteiligt war, fasst diese Verantwortung zusammen: „Wir, die wir in wohlhabenden Verhältnissen leben, [müssen] unsere Pflicht akzeptieren, einen einfachen Lebensstil zu entwickeln, um großzügiger zur Hilfe und zur Evangelisation beitragen zu können.“
2. Ein einfaches Leben erfordert Planung
In einer Konsumkultur ist Einfachheit nicht selbstverständlich. Diejenigen, die in einer aufstrebenden Gesellschaft leben, müssen gezielte Entscheidungen in diese Richtung treffen. Für Stott bedeutete das, in einer kleinen Wohnung zu leben und einfache Mahlzeiten zu genießen. Freunde sagen, dass er aus Solidarität mit den Armen zusätzliche Essensportionen ablehnte. Das blaue Sakko, das er regelmäßig trug, war fast fadenscheinig und er schämte sich, als er einmal zugeben musste, sich ein zweites Paar Schuhe gekauft zu haben. Diese Entscheidungen machten deutlich, dass sein Leben nicht von materiellem Wohlstand bestimmt war.
„Stott setzte dem Streben nach mehr ein Ende und übte sich stattdessen in biblischer Zufriedenheit und Dankbarkeit.“
Stott dehnte seinen Minimalismus auch auf seine persönlichen Besitztümer aus (mit Ausnahme von Büchern). Als Rückzugsort zum Schreiben diente ihm eine kleine Einsiedelei ohne Strom an der Küste von Wales, wo er viel Zeit damit verbrachte, seine Bücher mit der Hand zu verfassen.
Obwohl Stott auf diverse Annehmlichkeiten verzichtete, war er sich bewusst, dass sein Lebensstil in London im Vergleich zum durchschnittlichen Christen in der Welt immer noch wohlhabend war. Also setzte Stott dem Streben nach mehr ein Ende und übte sich stattdessen in biblischer Zufriedenheit und Dankbarkeit.
3. Ein einfaches Leben bedeutet Aufopferung
Ein Vertreter von John Stotts Literaturstiftung berichtet, dass dieser an mindestens 60 Verlagsprojekten beteiligt war, für die ihm Tantiemen zustanden. Die meisten davon waren einzelne Bände, die er schrieb, wie Basic Christianity oder The Cross of Christ; andere waren Reihen, die er herausgab.
Stott lehnte es ab, die Tantiemen aus all diesen Projekten anzunehmen. Stattdessen übertrug er seine Einkünfte unwiderruflich auf eine Stiftung, deren Gelder Bibelschülern, der Ausbildung von Pastoren und der Erstellung von Kommentaren in Afrika, Asien und Lateinamerika zugutekamen. Diese millionenschwere Spende an die spätere Langham Partnership wirkt bis heute fort, zum Beispiel durch den Afrika-Bibelkommentar.
Einfachheit in deinem Leben
Einfachheit wird nicht für jeden Christen gleich aussehen. Eine große Familie in einer ländlichen Gegend wird dabei anders vorgehen als ein alleinstehender Mann, der wie Stott in einer Stadt lebt. Das ist eine Frage der Freiheit, und Gläubige können tun, was ihr Gewissen ihnen vorschreibt.
Aber unabhängig von unseren Lebensumständen bedeutet die Nachfolge Christi, dass wir uns gegen den seelenfeindlichen Einfluss des Materialismus wehren müssen. Lasst uns diese drei Prinzipien aus John Stotts Leben als Vorbild nehmen, um unseres zu überprüfen. Frage dich: „Was kann ich in meinem Lebensstil reduzieren, eliminieren oder einschränken, damit ich bewusst und aufopferungsvoll in das Wachstum der Gemeinde Christi investieren kann?“