Du kannst die Bibel verstehen
Manche von uns lassen die Bibellese schleifen, weil wir uns keine Zeit dafür nehmen. Ein voller Zeitplan raubt uns die Minuten, die wir sonst dafür verwenden würden, uns hinzusetzen und von Gott zu hören. Es gibt immer etwas, das wir gestern nicht geschafft haben oder ziemlich wichtige Dinge, die heute anstehen. Ist es nicht erstaunlich, wie viel in unserem Leben wichtiger zu sein scheint, als den Gott zu hören, der es erschaffen hat?
Für andere ist es nicht die Geschäftigkeit, die ihnen im Weg steht, sondern ein subtiler Zynismus gegenüber dem Bibellesen. Wie soll ich das Ganze jemals verstehen? Es ist schwer, extra früher aufzustehen und sich kostbare Minuten Zeit zu nehmen, wenn du dir nicht sicher bist, ob du das, was du vor dir hast, begreifen kannst. Oder wenn du dich nach dem Lesen seltsamerweise weiter von Gott entfernt fühlst, dich Tag für Tag vergeblich nach einem erfüllten Herzen sehnst oder du nur Bahnhof verstehst.
Wenn du dich schon einmal so gefühlt hast, bist du nicht allein. Sogar die Männer, die die Bibel geschrieben haben, kennen das Gefühl. Der Apostel Petrus sagt über die Briefe, die Paulus geschrieben hat: „In ihnen ist manches schwer zu verstehen“ (2Petr 3,16). Halte dir einmal vor Augen: Petrus hat, inspiriert vom Heiligen Geist, Bücher der Bibel geschrieben, und trotzdem hatte selbst er Schwierigkeiten, Römer oder Thessalonicher (oder welchen Brief auch immer er im Sinn hatte) zu lesen. Wenn er im Auftrag Gottes Texte verfassen konnte und trotzdem Probleme hatte, die Schrift zu verstehen, sollten wir nicht überrascht sein, wenn es uns ähnlich geht.
Bei mir ist das nicht anders. Ich habe mich durch die Volkszählungsberichte in 4. Mose gekämpft und mich durch die Nieren, Lebern und Eingeweide der levitischen Gesetze gequält. Ich bin die wiederholten Fehler Israels in 1. und 2. Könige leid. Manchmal fällt es mir schwer zu sehen, was der Hebräerbrief im Alten Testament sieht. Ein Großteil der Offenbarung ist mir noch immer ein Rätsel. Umso bedeutungsvoller und ermutigender finde ich immer wieder diese klaren und verständlichen Worte des Paulus: „Bedenke die Dinge, die ich sage; und der Herr gebe dir in allem Verständnis!“ (2Tim 2,7).
Begreifen ist möglich
Dies ist eine wunderbare Bestätigung von Paulus für Timotheus. Sie sagt im Wesentlichen: „Ich weiß, dass dir einiges von dem, was ich schreibe, nicht sofort einleuchten wird und du versucht sein wirst zu denken, dass du es nicht begreifen kannst – aber du kannst. Gib also nicht so schnell auf. Denke nicht, dass das zu hoch für dich ist. Erwarte immer, dass Gott dir seine Worte deutlich machen kann.“ Wer nicht zu Christus gehört, kann die Dinge Gottes nicht verstehen. Diese Personen blättern vergeblich durch die Erhabenheit und Weisheit der Bibel. „Der natürliche Mensch aber nimmt nicht an, was vom Geist Gottes ist; denn es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen, weil es geistlich beurteilt werden muss“ (1Kor 2,14). Aber du gehörst nicht dazu. Wenn du in Christus bist, kannst du Dinge sehen, die diese Personen nicht sehen können. Du kannst Dinge verstehen, die sie nicht verstehen können. Wo sie Dummheit und Belanglosigkeit sehen, siehst du unaussprechliche Schönheit, ein strahlendes Fenster in die Wahrheit. Nicht weil du schlauer oder gebildeter bist oder einfach nur den Text besser verstehst, sondern weil du kein natürlicher Mensch mehr bist, sondern eine übernatürliche Version deines Selbst, mit einem übernatürlichen Verstand, Herz und Blick.
Oder, wie Paulus an anderer Stelle die natürlichen Menschen beschreibt: „deren Verstand verfinstert ist und die entfremdet sind in dem Leben Gottes, wegen der Unwissenheit, die in ihnen ist, wegen der Verhärtung ihres Herzens“ (Eph 4,18). Aber bei dir ist das anders. Du bist nicht mehr von Gott entfremdet. Durch das Kreuz hat er dich zu sich gezogen und indem er dich zu sich gezogen hat, hat er dein Herz erweicht und deinen Verstand geöffnet. Der Gott, der die ganze Schöpfung mit Licht durchflutet hat, „hat es auch in unseren Herzen licht werden lassen, damit wir erleuchtet werden mit der Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes im Angesicht Jesu Christi“ (2Kor 4,6). Diese Tatsache gilt auch für dich, der du die Bibel aufschlägst.
Und weil du eine neue Schöpfung bist, kannst du mehr von der Bibel verstehen, als du vielleicht denkst.
Verständnis in allem
Du kannst nicht nur mehr verstehen, als du denkst, sondern der Apostel geht sogar noch weiter: „Der Herr wird dir in allem Verständnis geben.“ Wenn Gott in dir lebt, steht nichts in der Bibel über dir – weder die Stammbäume aus 4. Mose noch die Opfergesetze aus 3. Mose, weder die prophetischen Visionen aus Hesekiel noch die apokalyptischen Bilder der Offenbarung. Mit Gott ist alles innerhalb deiner Reichweite.
„Du kannst die Bibel verstehen, weil Gott dir das Verständnis schenken wird. Wenn du liest, schaut er dir nicht nur über die Schulter, sondern er ist in deinem Inneren – in deinen Augen, deinem Verstand, deinem Herzen – und zeigt dir, was du allein nie sehen würdest.“
Damit wir nicht denken, dass Paulus ausschließlich über die vorangegangenen Verse spricht, kommt er gleich im nächsten Kapitel erneut auf diese Wahrheit zurück: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Belehrung, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Erziehung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes ganz zubereitet sei, zu jedem guten Werk völlig ausgerüstet“ (2Tim 3,16–17). Alle Worte in der Bibel, die von Gott eingehaucht wurden – das gesamte Buch –, ist jetzt für dich gewinnbringend. Selbst auf den merkwürdigsten, verwirrendsten Seiten will Gott dich lehren, ermahnen, korrigieren, schulen, ausrüsten – er will zu dir sprechen.
Doch bevor das geschehen kann, müssen wir erst einmal verstehen, was Gott sagt – und genau dabei verspricht er uns zu helfen: „[D]er Herr gebe dir in allem Verständnis!“
Vielfältige Mittel für das Verständnis
Das bedeutet nicht, dass wir einfach so lange Bibel lesen, bis wir sie verstanden haben. Nein, Gott gibt die Gabe des Verstehens auf ganz verschiedene Arten. Bedenke, dass die meisten Christen in der Weltgeschichte keine Bibel besaßen (geschweige denn, dass sie sie überall in Taschen mit sich trugen). Sie waren auf das regelmäßige Lesen und Rezitieren der Heiligen Schrift in der Gemeinschaft angewiesen. Von der ersten Gemeinde bis heute sind die Gläubigen auf treue Lehrer angewiesen, die ihnen die Worte Gottes vortragen, erklären und vorleben.
Und Gott bietet uns heute unzählige Wege für ein besseres Verständnis – in erster Linie durch unsere Ortsgemeinden, aber auch durch Predigten, Artikel, Bücher, Studienbibeln, Online-Kurse, Kommentare, Podcasts und mehr. Das Verständnis kann auf unterschiedliche Weise eintreten. Der Punkt hierbei ist jedoch, dass du wirklich verstehen kannst, was in diesem Buch steht – alles davon, sagt Paulus.
Wenn wir sagen, dass wir alles in der Bibel verstehen können, heißt das nicht, dass wir alles sofort und in vollem Umfang begreifen werden. Das werden wir nicht – und schon gar nicht beim ersten (oder zweiten oder sogar zehnten) Durchlesen. Gott kann uns von jedem Abschnitt das Verständnis geben, ohne dass wir jeden Teil des Abschnitts verstehen müssen. Oft entscheidet er auch, das Verständnis dafür nicht sofort zu geben, sondern über Jahre oder sogar Jahrzehnte hinweg. Wenn wir weiterhin lesen (und danach leben), werden uns vertraute Verse mit neuer oder tieferer Bedeutung und Relevanz wichtig. Manche Fragen werden erst nach und nach beantwortet. Erwarte also nicht, dass du sofort alles verstehst, aber gehe davon aus, dass du heute bereits etwas verstehen kannst – und morgen noch etwas mehr.
Frag Gott
Bisher haben wir nur darüber gesprochen, dass wir mehr begreifen können, als wir vielleicht vermuten. Jetzt solltest du dich fragen, wie das geschieht. Was macht diese Art des übernatürlichen Lebens möglich? Wie gehen die Lichter an?
Aus eigener Kraft können wir die Bibel nicht begreifen. Wenn Gott uns mit diesem Buch allein ließe, würde es sich nicht lohnen, früher aufzustehen, mehr Zeit zu investieren und schwierige Verse und Kapitel durchzuarbeiten. Wir würden vergeblich suchen, fragen und ringen. Aber wenn es Gott ist, der die Dinge klar und verständlich macht, kann er unsere Grenzen und blinden Flecken überwinden. Du kannst die Bibel verstehen, weil Gott dir das Verständnis schenken wird. Wenn du liest, schaut er dir nicht nur über die Schulter, sondern er ist in deinem Inneren – in deinen Augen, deinem Verstand, deinem Herzen – und zeigt dir, was du allein nie sehen würdest.
Derjenige, der sich in der Bibel offenbart, will sich dir zeigen. Er gibt sich nicht damit zufrieden, dass die göttlich inspirierten Worte auf Papier stehen – er will sie in unsere Herzen schreiben. Er will in unseren Leben Verständnis, Freude und Veränderung sehen – und deshalb lässt er uns mit der Bibel nicht allein. Das mag der Grund sein, warum Paulus seinen Brief folgendermaßen beendet: „Der Herr Jesus sei mit deinem Geist! Die Gnade sei mit euch! Amen“ (2Tim 4,22). Wir brauchen die allgegenwärtige, geistliche Hilfe Gottes bei allem, was wir tun, und ganz besonders beim Verstehen seiner Worte.
Bemüh dich
Diese Art von Verständnis fällt jedoch nicht einfach aus den Wolken und landet sanft auf unserem Kopf. Nein, Gott schenkt nur den fleißigen Lesern die Gabe des Verstehens. Der folgende Vers verlangt fast genauso viel, wie er verspricht: „Bedenke die Dinge, die ich sage; und der Herr gebe dir in allem Verständnis!“ Das wird nicht einfach sein, Timotheus. Ja, Gott ist derjenige, der Verständnis schenkt, aber das bedeutet nicht, dass du nicht dafür arbeiten musst.
Ist es nicht seltsam, dass, wenn manche von uns hören, Gott schenke souverän Verständnis, sie dann annehmen, dass wir dabei weniger tun müssen? Satan lehrt diese Art von Rechnung (und nicht nur beim Thema Bibellesen).
Nein, 2. Timotheus 2,7 ähnelt viel mehr den Worten Gottes an Josua, bevor Israel in das verheißene Land einzog: „Lass dieses Buch des Gesetzes nicht von deinem Mund weichen, sondern forsche darin Tag und Nacht, damit du darauf achtest, alles zu befolgen, was darin geschrieben steht … Habe ich dir nicht geboten, dass du stark und mutig sein sollst? Sei unerschrocken und sei nicht verzagt; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir überall, wo du hingehst!“ (Jos 1,8-9).
„Ich bin mit dir“ bedeutet nicht: „Du musst nicht kämpfen.“ Neben dem Versprechen von Hilfe und Schutz gab Gott Josua den Auftrag, er solle „stark und mutig“ sein. Kämpfe umso härter, weil du weißt, dass ich mit dir bin und für dich kämpfen werde.
Wenn du also deine Bibel aufschlägst, sei stark und mutig. Gott wird mit dir sein, wo immer du liest. Lass dich nicht entmutigen oder einschüchtern. Bemühe dich umso mehr, weil du weißt, dass der Herr dir gerne Verständnis geben wird.