Wie Gottes Herrlichkeit jede Predigt prägt
Unser Ziel ist, Gott in unseren Predigten zu verherrlichen, egal aus welchem Text der Schrift wir predigen. Es gibt verschiedene Aspekte, wie sich dieses Ziel auf unseren Umgang mit dem Predigttext auswirkt.
1. Hab Vertrauen, dass jeder Text etwas von Gottes Herrlichkeit enthält
Wir sollten eine feste Gewissheit haben, dass es nicht willkürlich, sondern biblisch begründet ist, die Wirklichkeit der Herrlichkeit Gottes durch den Text zutage zu bringen, wenn wir predigen. Die einfache, doch allumfassende Aussage in 1. Korinther 10,31 sollte uns den richtigen Eifer dafür geben: „Tut alles zur Ehre Gottes!“ Wenn es im ganzen Leben um Gottes Herrlichkeit geht, wie viel mehr sollte das für die Predigt gelten. Im Laufe der Zeit wird sich unsere Gemeinde zutiefst daran gewöhnen, die Herrlichkeit Gottes in der ganzen Schrift zu sehen und auszukosten.
2. Zeige in deiner Auslegung, wie authentische Freude über Gottes Herrlichkeit aussieht
Einer der wichtigsten Gründe, der unsere Predigt zur Auslegung als Lobpreis macht, ist, dass sie von der Wirklichkeit der Herrlichkeit Gottes durchdrungen ist. Wir bewirken so viel Schaden wie Nutzen, wenn wir die Herrlichkeit Gottes zwar in unsere Predigten einflechten, doch weder Freude noch Staunen an den Tag legen. Wenn der Prediger von der Herrlichkeit Gottes in einer Art und Weise spricht, die vermittelt, dass sie für ihn persönlich nur einen geringen Stellenwert hat, dann verleumdet er Gott. Diese Art Predigt vermittelt eine Lüge: nämlich, dass Gott nicht von überwältigender Schönheit und überragendem Wert ist. Selbstverständlich ist eine rationale Auslegung jedes Textes unverzichtbar. Genauso wichtig ist jedoch, dass der Gottesdienst, die Predigt und der Prediger selbst (vor, während und nach der Predigt) durchgängig von einem Geist authentischer und ernsthafter Freude erfüllt sind.
Wenn bei den Zuhörern ankommt, dass die Herrlichkeit Gottes lediglich eine Masche oder ein Markenzeichen des Predigers ist, nicht mehr als ein rhetorisches Mittel oder reine Tradition, dann können keine rednerischen Kunstgriffe diese Heuchelei überdecken. Es liegt in der ganzheitlichen Natur von Gottes Herrlichkeit, dass sie entweder die ganze Predigt durchstrahlt oder wie eine leere Floskel klingt. Die Auslegung als Lobpreis ist eine authentische Erläuterung und Verkörperung der Herrlichkeit Gottes.
3. Mache es dir zum Ziel, die Herrlichkeit zu erkennen und zu zeigen, und lerne so auf die Details zu achten
Wenn wir den Predigttext vor dem Hintergrund ihres höchsten Ziels, Gott zu verherrlichen, betrachten, dann lassen wir nicht die konkreten Details und jeweiligen Absichten des Textes verstummen. Das führt nicht dazu, dass wir weniger Interesse an einer gründlichen Textanalyse haben oder weniger aufmerksam dabei sind, wenn wir die spezifischen Wirklichkeiten dieses Textes erarbeiten. Die gründliche, detaillierte Erarbeitung, Analyse und Reflexion werden sogar gefördert. Denn der Reichtum von Gottes Herrlichkeit schwebt nicht über oder außerhalb der Textoberfläche, sondern wird in und durch die Wirklichkeiten des Textes gefunden.
Bestimmte übergeordnete theologische Überzeugungen, die wir beim Lesen im Hinterkopf haben, können die konkreten Details eines Textes überdecken, statt sie zu beleuchten. Wir können einem Text künstlich theologische Wahrheiten überstülpen, wodurch die jeweiligen Wirklichkeiten des Textes verstummen und stattdessen jeder Bibeltext in das Schema falsch eingesetzter Lehre gezwängt wird.
Es ist vorstellbar, dass die Herrlichkeit Gottes in den Händen eines faulen, uneinsichtigen oder unechten Predigers auf diese Weise behandelt werden könnte. Meine Erfahrung in vier Jahrzehnten des Predigens ist jedoch, dass die allumfassende, alles durchdringende Herrlichkeit Gottes, seine Schönheit und sein Wert, mich nicht davon abgelenkt oder abgehalten haben, den Details und Absichten des jeweiligen Bibeltextes genaueste Aufmerksamkeit zu schenken. Ganz im Gegenteil – das Wissen, dass jede neuentdeckte Nuance in der Bedeutung und Wirklichkeit einen neuen Einblick in Gottes Herrlichkeit schenkt, hat mich vielmehr motiviert, keine Mühen zu scheuen – weder in meiner Analyse bei der Vorbereitung, noch in der Auslegung.
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Weitere Aspekte beschreibt John Piper in seinem Buch Auslegung als Lobpreis. Dieser Auszug stammt aus dem Kapitel „Auslegung als Lobpreis und Gottes Herrlichkeit, Teil 2“ (S. 259–261).