Ein Vorgeschmack auf das himmlische Festmahl

Das Abendmahl

Artikel von Bobby Jamieson
2. August 2023 — 5 Min Lesedauer

Wenn ich in unserer Gemeinde die Abendmahlsfeier leite, trifft mich am Ende jedes Mal aufs Neue ein bestimmter Satz. Die Worte bleiben mir im Hals stecken, und wenn man genau hinsieht, kann man vielleicht sogar eine Träne in meinem Augenwinkel entdecken. Kurz bevor wir gemeinsam den Kelch nehmen, lese ich die letzten Worte Jesu im Matthäusevangelium, die sich mit dem Abendmahl beschäftigen:

„Ich sage euch aber: Ich werde von jetzt an von diesem Gewächs des Weinstocks nicht mehr trinken bis zu jenem Tag, da ich es neu mit euch trinken werde im Reich meines Vaters.“ (Mt 26,29)

Warum dieser Satz? Ich frage nicht, warum wir ihn lesen – das müsste eigentlich klar sein. Warum berührt er mich so? Von allen Momenten im Laufe eines Monats ist es dieser Augenblick, der das zukünftige Festmahl der Gegenwart am nächsten bringt. In diesem Moment ist die Hoffnung nicht nur etwas, wofür ich kämpfe oder was ich fühle, sondern etwas, das ich schmecke.

„In diesem Moment ist die Hoffnung nicht nur etwas, wofür ich kämpfe oder was ich fühle, sondern etwas, das ich schmecke.“
 

Beim Abendmahl erinnern wir uns an den Tod Jesu und verkünden ihn (vgl. 1Kor 11,25–26). Im Glauben erleben wir beim Abendmahl gemeinsam die rettende Gnade des Opfers Christi für uns (vgl. 1Kor 10,16–17). Beim Abendmahl erhalten wir einen Vorgeschmack auf das himmlische Fest. Das Abendmahl ist eine Vorspeise für das Festmahl, das an dem Tag beginnen wird, an dem Christus Himmel und Erde wieder vereint.

Denken wir an die Verheißungen Gottes in Jesaja 25,6–8:

„Und der HERR der Heerscharen wird auf diesem Berg allen Völkern ein Mahl von fetten Speisen bereiten, ein Mahl von alten Weinen, von fetten, markigen Speisen, von alten, geläuterten Weinen. Und er wird auf diesem Berg die Schleierhülle wegnehmen, die alle Völker verhüllt, und die Decke, womit alle Nationen bedeckt sind. Er wird den Tod auf ewig verschlingen. Und GOTT, der Herr, wird die Tränen abwischen von jedem Angesicht und die Schmach seines Volkes hinwegnehmen von der ganzen Erde. Ja, der HERR hat gesprochen.

An jenem Tag werden Tränen und Schande für immer vergessen sein. An jenem Tag wird der erdrückende, erstickende Schleier des Todes, der uns allen die Luft nimmt, nicht nur aufgehoben, sondern verschlungen werden. An jenem Tag wird der Tod nicht aufgeschoben oder abgewehrt, sondern verschlungen. Wenn all dieses Elend beseitigt ist, was wird an seine Stelle treten? Ein Festmahl. Ein Fest für die Besten. Ein Festmahl für Menschen aus allen Völkern. Ein Festmahl für immer.

Bringt uns das nicht zum Singen? Laut und kräftig mit der Menge der Heiligen, sodass unsere Stimmen anschwellen und rauschen wie der Nordpazifik im Winter?

„Und ich hörte etwas wie die Stimme einer großen Volksmenge und wie das Rauschen vieler Wasser und wie der Schall starker Donner, die sprachen: Hallelujah! Denn der Herr, Gott, der Allmächtige, hat die Königsherrschaft angetreten! Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben! Denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereit gemacht. Und es wurde ihr gegeben, sich in feine Leinwand zu kleiden, rein und glänzend; denn die feine Leinwand ist die Gerechtigkeit der Heiligen. Und er sprach zu mir: Schreibe: Glückselig sind die, welche zum Hochzeitsmahl des Lammes berufen sind! Und er sprach zu mir: Dies sind die wahrhaftigen Worte Gottes.“ (Offb 19,6–9)

Wirklich gesegnet. Vollkommen gesegnet. Endlich gesegnet.

Das Essen selbst ist ein Gleichnis für unsere Begrenztheit, ein Zeichen für die Vergänglichkeit all dessen, woran wir festhalten und was uns zusammenhält. Man wird hungrig, man isst, man wird satt, man wird wieder hungrig. „Alle Arbeit des Menschen ist für seinen Mund; die Seele aber wird nicht gesättigt“ (Pred 6,7).

Aber nicht nur der körperliche Appetit wird vom Essen berührt. Robert Farrar Capon sagte einmal:

„Das prächtigste Abendessen, die köstlichste Speise, die angenehmste Gesellschaft wecken mehr Appetit, als sie stillen. Sie stillen nicht den Durst des Menschen nach Sein, sie verstärken ihn über alle Maßen … Wir umarmen die Welt in all ihrer herrlichen Festigkeit, und doch zappelt sie in unseren Armen, erklärt sich selbst zu einer Pilgerwelt und offenbart durch die Fenster und Gitter ihrer Natur Städte, die noch begehrenswerter sind.[1]

Das Abendmahl ist eine Pilgerspeise. Wie das Passahfest ist es ein Mahl auf dem Weg. Das Abendmahl lenkt unsere Aufmerksamkeit, indem es unsere Sinne auf das ausrichtet, was Christus für uns getan hat, wo er uns hingestellt hat und wohin er uns führen wird. Auf unserer Reise durch die Wüste ist Christus selbst unser Manna, und das Abendmahl ernährt uns unterwegs – weil es für ihn selbst steht.

„Das Abendmahl stillt unseren Durst nach Gemeinschaft mit Gott nicht, sondern regt ihn über alle Maßen an.“
 

Aber wie Capon sagt, sind wir nicht nur ein Pilgervolk, sondern wir leben auch in einer Pilgerwelt. Die Schöpfung selbst seufzt vor Sehnsucht, in die bleibende Stadt verwandelt zu werden, nach der wir uns sehnen (vgl. Röm 8,19–21; Hebr 11,14.16; 13,14). Und das Abendmahl stillt unseren Durst nach Gemeinschaft mit Gott nicht, sondern regt ihn über alle Maßen an. Die Fenster und Gitter des Brotes und des Weines offenbaren das Begehrenswerteste aller Feste.


1 Robert Farrar Capon, The Marriage Supper of the Lamb, New York: The Modern Library, 2002, S. 188.