Geld & Gemeinde

Rezension von Eric Sollberger
24. August 2023 — 7 Min Lesedauer

„Um in Erfahrung zu bringen, worauf eine Ortsgemeinde wirklich Wert legt, muss man ihre ausformulierte Vision, ihre Webseite und ihre Hochglanzbroschüren ignorieren und direkt auf ihr Budget blicken“ (S. 9). Mit dieser steilen These steigt der Autor, Jamie Dunlop, in sein Buch ein. Das Budget offenbart nämlich, welche Werte uns wirklich wichtig sind. Dunlop argumentiert weiter, dass es in seinem Buch gar nicht in erster Linie ums Geld geht: „Letztendlich ist es ein Buch über den Wert von Jesus Christus“ (S. 17). Das Budget ist für ihn eine zutiefst geistliche Sache – wenn man überhaupt zwischen geistlich und weltlich unterscheiden will. Es ist ja in unserem persönlichen Leben nicht anders: Wofür wir Geld ausgeben, sagt viel darüber aus, was uns wirklich wichtig ist.

„Wofür wir Geld ausgeben, sagt viel darüber aus, was uns wirklich wichtig ist.“
 

Jamie Dunlop beschreibt sich als „Pastor mit dem Herzen eines Hirten und dem Kopf eines Geschäftsmanns“ (S. 14). Er hängte eine erfolgreiche Karriere als Geschäftsmann an den Nagel, um seiner Gemeinde, der Capitol Baptist Church in Washington D.C., als Ältester vor allem im Bereich Verwaltung und Finanzen zu dienen. Das englischsprachige Original wurde schon 2019 im Rahmen von 9Marks herausgegeben. Dieses Jahr veröffentlichte das EBTC (Europäisches Bibel Trainings Centrum) das Buch in deutscher Sprache und bietet auf seiner Webseite auch vier praktische Checklisten im Excel-Format an, die im Anhang des Buches aufgeführt werden.[1]

Treue Verwalterschaft als Hirtenaufgabe

In der gut geschriebenen Einleitung erfahren wir, welche Absicht der Autor verfolgt, und erhalten einen kurzen Überblick über das Buch. Der Hauptteil ist dann in neun Kapitel unterteilt. Wie so oft im Leben ist es zentral, sich zuerst die Ziele Gottes vor Augen zu führen; darum geht es im ersten Kapitel. Als biblische Grundlage nimmt Dunlop das Gleichnis von den Talenten aus Matthäus 25 und wendet es auf das Gemeindebudget an. Die ersten beiden Knechte investieren das anvertraute Gut, der dritte Knecht vergräbt es. Warum handelt er anders? Als er von seinem Herrn zur Rede gestellt wird, offenbart sich, dass er ihm nicht vertraut: „Herr, ich kannte dich, dass du ein harter Mann bist“ (Mt 25,24). Ganz anders seine Mitknechte: Sie vertrauten ihrem Herrn und setzten das anvertraute Vermögen ein, um ihm zu dienen. Und so fasst Dunlop zusammen, „dass es Gottes Ziel für euer Gemeindebudget ist, dass er durch eure Treue verherrlicht wird“ (S. 30).

„Die Kommunikation des Budgets sollte als Chance genutzt werden, um über geistliche Prioritäten zu reden.“
 

Um grundsätzliche Fragen geht es auch im 2. Kapitel. Wenn das Budget eine geistliche Sache ist, dann erstaunt uns die Behauptung der Kapitelüberschrift nicht mehr: „Leiterschaft – Die Budgetierung ist eine Hirtenaufgabe“. Das heißt aber nicht, dass die Gemeinde dabei passiv bleibt. Ganz im Gegenteil ist es dem Autor wichtig, dass sie einbezogen wird. Sieben Budgetaufgaben werden genannt, die Pastoren oder Älteste übernehmen müssen; eine davon habe ich mir fett angestrichen: Die Kommunikation des Budgets sollte als Chance genutzt werden, um über geistliche Prioritäten zu reden.

Über Einnahmen und Ausgaben

Ab dem 3. Kapitel geht es dann um einzelne Budgetposten. Dunlop startet mit dem Einkommen, einem Budgetposten, der so seine Tücken hat. Sollte man das Spendeneinkommen überhaupt budgetieren? Wie ist es mit dem Zehnten? Sollten wir einen „großen“ Glauben haben und mutig budgetieren oder doch lieber alles dem „Zufall“ überlassen? Das sind einige der Fragen, denen Dunlop nachgeht. Dabei betont er immer wieder, dass die Treue der Gemeindeglieder wichtiger sei als die Höhe des Einkommens. Darum sollte man auch regelmäßig darüber lehren und für finanzielle Treue der Gemeindeglieder beten. Einige praktische Tipps runden das Kapitel ab.

Als erster Ausgabenposten werden die Mitarbeiter in den Fokus genommen. Warum man überhaupt Mitarbeiter bezahlen soll, beantwortet er mithilfe von 1. Timotheus 5,17–18. Er weiß aber auch um die Gefahren einer Anstellung – jeder neue Mitarbeiter könnte dazu führen, dass einige Mitglieder es sich gemütlich machen und denken: „Prima, es braucht mich jetzt nicht mehr.“ Daher ist es wichtig, das Ziel der Zurüstung der Heiligen für den Dienst nie aus den Augen zu verlieren. Ganz praktisch wird es am Schluss des Kapitels: Dort finden sich Ratschläge zur Höhe der Vergütungen, die sehr ausgewogen sind. Vor allem, wenn eine Gemeinde zum ersten Mal einen Mitarbeiter anstellt, ist das äußerst praktisch.

Programme, die Gemeinschaft unterstützen

Weitere Ausgaben entstehen rund um das Programm. Doch wie entscheidet man, welche Aktivitäten man fördern möchte und welche nicht? Im 5. Kapitel lehrt Dunlop, dass sich die Gemeinde am Missionsauftrag ausrichten soll und unterscheidet zwischen „attraktionsfokussierten“ und „treuefokussierten“ Gemeinden. Dahinter stecken zwei unterschiedliche Erfolgsdefinitionen: Die erste Gemeinde sieht den Erfolg in der Größe der angezogenen Menschenmenge, die zweite in der Art der Gemeinschaft, die dabei entsteht. Durch das Evangelium entstanden im 1. Jahrhundert keine Zielgruppengemeinden mit möglichst homogener Mitgliedschaft, sondern Gemeinschaften, welche die tiefen Gräben der antiken Gesellschaft überwanden. Juden und Heiden, Sklavenhalter und Sklaven, Männer und Frauen, alle saßen gemeinsam am Tisch des Herrn. Welch ein Wunder! Nur Programme, die diese Art von Gemeinschaft fördern, sollten durch Gelder der Gemeinde unterstützt werden.

In Mission und Evangelisation investieren

Um Mission und Evangelisation dreht sich das sechste Kapitel. Da ich selbst in einem Missionswerk tätig bin, war dies natürlich speziell interessant. Die Mittel sind begrenzt, außerdem geht es um die Ewigkeit. Es ist daher äußerst wichtig, das Geld am richtigen Ort zu investieren. Mit fünf guten Grundsätzen hilft uns Dunlop, weise Entscheidungen zu treffen. Der letzte behandelte Ausgabenposten betrifft die Verwaltung. Anhand von Apostelgeschichte 6 erläutert er, wie auch die Verwaltung dem Evangelium dienen kann. Hier werden auch einige Fragen rund ums Gemeindegebäude beantwortet.

„Unsere Gemeindeglieder sollten wissen, dass keine Investition mehr rentiert als die Investition ins Reich Gottes.“
 

Zum Schluss wird es wieder grundsätzlicher: Im 8. Kapitel geht es um die Kommunikation. Die sich im Lauf des Jahres bietenden Chancen im Budgetprozess sollte man nutzen, um über finanzielle Treue und gute Haushalterschaft zu reden. Unsere Gemeindeglieder sollten wissen, dass keine Investition mehr rentiert als die Investition ins Reich Gottes. Das neunte und letzte Kapitel ist kurz und umfasst vor allem eine Checkliste. Damit lassen sich die nächsten Schritte planen, sodass der wertvolle Buchinhalt nicht einfach nur Theorie bleibt.

Knapp und hilfreich

Zum Zielpublikum gehören gemäß eigenen Angaben Pastoren, Älteste und sonstige Mitarbeiter, die fürs Gemeindebudget mitverantwortlich sind – und für diese ist das Buch eine große Hilfe. Als bezahlter Mitarbeiter fällt einem vielleicht das Reden übers Geld ein wenig schwerer, es geht ja immer auch ums eigene Gehalt. Da kann es vorteilhaft sein, einige Exemplare dieses Buches in der Gemeinde aufzulegen oder gezielt abzugeben und so dem Autor diese heikle Aufgabe zu überlassen.

Natürlich könnte man zum Umgang mit Finanzen noch viel mehr schreiben und teilweise auch noch ausführlicher begründen. Es scheint mir aber ein Markenzeichen von 9Marks-Materialien zu sein, dass neben theologischer Gründlichkeit viel Wert auf die praktische Anwendung gelegt wird, und das alles in knapper Form. Wer also in kurzer Zeit möglichst viel übers Gemeindebudget wissen möchte, ohne aus den Augen zu verlieren, dass es beim Geld um Geistliches geht, der erhält mit diesem Buch eine wertvolle Hilfe in die Hand. Natürlich können generell alle Gemeindeglieder davon profitieren, denn auch sie müssen spätestens bei der Abstimmung übers Budget dafür Verantwortung übernehmen.

Buch

Jamie Dunlop, Geld & Gemeinde: Biblische Prinzipien zum Erstellen des Budgets in Gottes Gemeinde, Berlin: EBTC, 2023, 232 Seiten, ca. 14,90 EUR.


1 www.geldundgemeinde.de (Stand 13.07.2023).