Als Gemeinde die Schönheit des Evangeliums widerspiegeln

Artikel von Tobias Glaum
22. September 2023 — 8 Min Lesedauer
Dieser Artikel gründet auf der Predigt Als Gemeinde die Schönheit des Evangeliums widerspiegeln über 1. Thessalonicher 5,12–28, gehalten am 13. November 2022 in der Immanuel-Gemeinde Wetzlar.

Eine Gemeinde verherrlicht Gott, indem sie in allem, was sie lehrt und tut, das Evangelium von Jesus Christus widerspiegelt. Jeder einzelne Aspekt des Gemeindelebens soll vom Evangelium durchdrungen sein, um das Evangelium großartig und schön aussehen zu lassen. Im letzten Abschnitt des 1. Thessalonicherbriefes geht es genau darum. Dort sehen wir, wie die Gemeinde das Evangelium auslebt und die Schönheit des Evangeliums widergespiegelt wird durch:

  • die Leitung der Gemeinde,
  • die Gemeinschaft der Gemeinde,
  • die Anbetung der Gemeinde
  • und die Quelle und Hoffnung der Gemeinde.

Die Leitung einer Gemeinde, welche die Schönheit des Evangeliums widerspiegelt

Paulus beginnt bei der Gemeindeleitung, die er anhand von drei Kennzeichen als jene beschreibt, „die [1.] an euch arbeiten und [2.] euch im Herrn vorstehen und [3.] euch zurechtweisen“ (1Thess 5,12). Bei diesen drei Dingen geht es um nichts weniger, als für die Ortsgemeinde zu sorgen, die Gott sich selbst durch das Blut seines eigenen Sohnes erworben hat (vgl. Apg 20,28).

Erstens arbeiten sie hart. Hier ist von schweißtreibender, mühsamer Arbeit zum Wohl der Gemeinde die Rede. Die Gemeindeleiter konnten sich anhand des Vorbilds von Paulus sehr gut vorstellen, was er damit meint. Sie konnten sich noch gut daran erinnern, wie er mühevoll für die junge Gemeinde und die neu bekehrten Christen in Thessalonich gearbeitet hatte (vgl. 1Thess 2,9.11). Auch Jesus Christus hat im Kampf um die Rettung seiner Gemeinde bis zur Erschöpfung gearbeitet und gelitten: Bis spät in die Nacht empfing er Kranke und Leidende, und noch vor Sonnenaufgang stand er wieder auf und suchte sich einen einsamen Ort, um zu beten. Sein Dienst machte ihn so müde, dass er sogar mitten im Sturm und Lärm seiner panisch schreienden Jünger im Boot tief und fest schlafen konnte. Im Garten Gethsemane hatte er solche Angst und kämpfte im Gebet so heftig, dass er schwitzte und sein Schweiß wie Blutstropfen auf die Erde fiel. Gott sandte einen Engel vom Himmel, um ihn zu stärken.

Zweitens stehen sie der Gemeinde „christusgemäß“ vor. Das heißt, sie leiten die Gemeinde mit einer von Jesus Christus, dem Herrn der Gemeinde, übertragenen Autorität, als Unterhirten unter dem großen Oberhirten, Jesus Christus. Was das bedeutet, erklärt Jesus in Markus 10,42–45 seinen Jüngern ganz offen, und begründet dies mit seinem eigenen Vorbild:

„Ihr wisst, dass diejenigen, welche als Herrscher der Heidenvölker gelten, sie unterdrücken, und dass ihre Großen Gewalt über sie ausüben. Unter euch aber soll es nicht so sein, sondern wer unter euch groß werden will, der sei euer Diener, und wer von euch der Erste werden will, der sei aller Knecht. Denn auch der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.“

Drittens lieben sie die Geschwister in der Gemeinde, indem sie sie in väterlicher, fürsorglicher und selbstloser Liebe zurechtweisen und ermahnen, wo dies erforderlich ist. Die Thessalonicher haben an Paulus gesehen, was das bedeutet, hat er doch „jeden Einzelnen von euch ermahnt und ermutigt … wie ein Vater seine Kinder, und euch ernstlich bezeugt …, dass ihr so wandeln sollt, wie es Gottes würdig ist, der euch zu seinem Reich und seiner Herrlichkeit beruft“ (1Thess 2,11–12). Sie führen den Dienst des Paulus fort, damit die Geschwister dazu ausgerüstet und ermutigt werden, ein Leben zu führen, durch das Gott geehrt wird.

„Paulus macht deutlich, dass Geschwister in der Gemeinde füreinander verantwortlich sind. Niemand ist ausgenommen.“
 

Für die Gemeinde wird es nicht schwer sein, eine solch aufopfernde, unermüdliche und liebevolle Gemeindeleitung anzuerkennen und diese Leiter ganz besonders zu lieben (vgl. Vers 12–13). Wenn Gemeinden eine solche Leiterschaft haben und einen solchen Umgang mit der Gemeindeleitung pflegen, dann wird die Schönheit des Evangeliums dadurch widergespiegelt.

Die Gemeinschaft einer solchen Gemeinde

In den nächsten Versen spricht Paulus die ganze Gemeinde an (Verse 14–15), wobei er sie anhand ihrer jeweils besonderen Herausforderungen in drei Gruppen aufteilt: Die „Unordentlichen“, die scheinbar mit dem Arbeiten aufhörten, weil Jesus doch ohnehin bald wiederkommt, brauchen Zurechtweisung. Die „Kleinmütigen“ brauchen Trost, denn sie kämpfen mit Trauer, Zweifel und Mutlosigkeit. Mit den „Schwachen“ könnte Paulus jene meinen, die in besonderer Weise immer wieder sexuellen Versuchungen unterlegen sind (vgl. 1Thess 4). Paulus macht hier jedenfalls deutlich, dass Geschwister in der Gemeinde füreinander verantwortlich sind. Niemand ist ausgenommen.

Bist auch du bereit, deinen Geschwistern zu dienen, wie sie es am meisten brauchen? Und hast du diese Verse auch schon von der anderen Seite her betrachtet? Sehr wahrscheinlich wirst du selbst einmal unordentlich, kleinmütig oder schwach sein. Vielleicht bist du es gerade heute. Wie gut ist es dann, Teil einer Gemeinde von Geschwistern zu sein, die dich lieben, auch wenn es bequemer wäre, dich zu ignorieren. Mach dir immer wieder bewusst, mit welch einer selbstlosen und aufopferungsvollen Liebe der Herr Jesus dich geliebt und gerettet hat, und sei so auch du bereit, dein Leben in Liebe für deinen Bruder und deine Schwester hinzugeben.

„Wie gut ist es, Teil einer Gemeinde von Geschwistern zu sein, die dich lieben, auch wenn es bequemer wäre, dich zu ignorieren.“
 

Weiter ermahnt Paulus, „seid langmütig gegen jedermann!“ (Vers 14). Das Evangelium nimmt dir jeden Grund, ungeduldig mit Geschwistern zu sein, die anstrengend sind. Denke an die Langmut, mit der Gott dich in Jesus Christus gerettet hat, erträgt und liebt. Wie sollte es auf der Grundlage des Evangeliums möglich sein, Böses mit Bösem zu vergelten (vgl. Vers 15)? So ist es deine Verantwortung, nicht nur das Böse zu lassen, sondern ständig darüber nachzudenken, wo es Gelegenheiten gibt, anderen aus der Gemeinde Gutes zu tun. Überlege einmal, wie gut das zu unserem Gott passt, der ständig damit beschäftigt ist, jeden kleinen und großen Vorgang in diesem Universum so zu lenken und zu koordinieren, dass es das Beste für seine Kinder ist. Wenn Gemeinden in einer solchen Gemeinschaft miteinander leben und einander lieben, dann wird die Schönheit des Evangeliums dadurch widergespiegelt.

Die Anbetung einer solchen Gemeinde

In schneller Abfolge fordert Paulus die Gemeinde in Thessalonich zu verschiedenen Dingen auf, die sie gemeinsam tun sollen: Mit der Aufforderung „Freut euch allezeit!“ (Vers 16) geht es Paulus nicht um ein aufgesetztes Dauergrinsen, sondern darum, unser ganzes Leben als freudige Anbetung Gottes zu verstehen. Auch wenn wir große Verluste und großes Leid haben, ist Gott uns eine ewige, bleibende Freude, die uns niemand nehmen kann. Pauls fährt fort: „Betet ohne Unterlass!“ (Vers 17). Wenn die Gemeinde im Gottesdienst und bei anderen Treffen miteinander betet, drückt sie damit aus, dass ohne Gottes Wirken all unsere Bemühungen völlig nutzlos sind. Wir haben keine Kraft, aber unser Gott ist allmächtig. Auch die Dankbarkeit soll ein Merkmal der Gemeinde sein (vgl. Vers 18).

„Als Gemeinde das zu leben, was Gottes Wort uns sagt, ist nur durch das gnädige Wirken Gottes in uns möglich.“
 

Schließlich fordert Paulus auf: „Den Geist dämpft nicht! Die Weissagung verachtet nicht! Prüft alles, das Gute behaltet! Haltet euch fern von dem Bösen in jeglicher Gestalt!“ (Verse 19–22). Wo Gottes Geist durch Gottes Wort wirkt, sollen wir bereit sein zu gehorchen. Wenn Gottes Wort ausgelegt wird („Weissagung“), da ist die Gemeinde aufgefordert, zuzuhören und zu prüfen, und zwar nicht anhand unserer Überzeugungen, sondern wiederum an Gottes Wort. Wenn Gemeinden Gott durch diese Dinge gemeinsam anbeten, dann wird die Schönheit des Evangeliums dadurch widergespiegelt.

Die Quelle und Hoffnung einer solchen Gemeinde

Womöglich kommt dir das Bild einer solchen Gemeinde etwas zu idyllisch und unrealistisch vor. Das ist verständlich, denn schließlich sind wir Menschen – sogar Sünder! – und jeder von uns ist dazu in der Lage, der Gemeinde großen Schaden zuzufügen. Als Gemeinde das zu leben, was Gottes Wort uns sagt, ist nur durch das gnädige Wirken Gottes in uns möglich, und das machen auch die letzten Verse des Briefes deutlich:

„Er selbst aber, der Gott des Friedens, heilige euch durch und durch, und euer ganzes Wesen, der Geist, die Seele und der Leib, möge untadelig bewahrt werden bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus! Treu ist er, der euch beruft; er wird es auch tun. Brüder, betet für uns! … Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus sei mit euch! Amen.“ (1Thess 5,23–25.28)

Wir sind abhängig vom Wirken Gottes, und Gott es liebt, sich durch sein Wirken in seiner Gemeinde zu verherrlichen. Was Paulus hier betet, ist gleichzeitig auch eine Aussage über das Wesen Gottes: Der Herr der Gemeinde ist der Gott des Friedens. Nur durch die Kraft und die Gnade Gottes kann die Gemeinde so geheiligt und gereinigt werden, dass sie voller Freude den Tag der Wiederkunft Jesu erwarten kann. Bis dahin beten wir dafür, dass er uns gnädig hilft, als Gemeinde die Schönheit des Evangeliums widerzuspiegeln.