Einer, den Gottes Gnade fand

Rezension von Matthias Lohmann
8. Februar 2024 — 4 Min Lesedauer

Im Umfeld von Evangelium21 ist Wolfgang Wegert sehr bekannt und hochgeschätzt. Ich durfte Wolfgang 2006 bei der Pastorenkonferenz Together for the Gospel kennenlernen und hatte seitdem viele Möglichkeiten, ihn privat, aber auch als Prediger zu erleben. Wolfgang hat wirklich viel zu sagen. Immer wieder mal klang durch, dass er auf ein sehr bewegtes Leben im Dienst des Herrn zurückschauen kann. Insofern war ich voller Vorfreude, als ich seine Autobiographie in die Hände bekam. Innerhalb weniger Tage habe ich dieses Buch mit großem Genuss gelesen.

Mehr als eine Autobiographie

Dabei ist dieses Buch viel mehr als nur eine Lebensgeschichte, denn neben vielen Berichten aus seinem Leben durchziehen das Buch auch viele kurze theologische Abhandlungen von Themen, die in Wegerts Leben eine Rolle gespielt haben. Die freie Gnade und die damit verbundene Erwählung und Vorherbestimmung tauchen nicht nur im Vorwort und im ersten Kapitel, sondern an vielen Stellen im Buch auf. Wegert rühmt Gott für seine Gnade, die ihn schon in der frühen Kindheit fand. Von klein auf durfte er sowohl Gottes Segen als auch sein Ziehen erleben, durch das er dann zum Glauben kam. Wegert weiß sich durch Gottes freie Gnade erwählt und gerettet, und das erfüllt ihn mit einer tiefen Dankbarkeit, die durch das ganze Buch wunderbar erkennbar ist. Doch es bleibt nicht bei diesem einen theologischen Thema. Schon im ersten Kapitel finden sich in engem Bezug zu Wegerts Eltern etwa kurze Ausführungen zum Thema Scheidung und Wiederheirat und zum Segen Gottes. Dann folgen inmitten der autobiographischen Erzählungen aus der Kinder- und Jugendzeit kurze biblisch-theologische Betrachtungen zum göttlichen Erziehungsauftrag an Vater und Mutter und zur Frage nach übernatürlichen Heilungen. Bei alledem merkt man: Wegert erzählt aus seinem Leben als Pastor, der das Anliegen hat, nicht nur zu berichten, sondern alles auch theologisch einzuordnen, sodass seine Leser nicht nur seine Lebensgeschichte, sondern auch Gottes Wort besser kennenlernen.

„Wegert erzählt aus seinem Leben als Pastor, der das Anliegen hat, nicht nur zu berichten, sondern alles auch theologisch einzuordnen, sodass seine Leser nicht nur seine Lebensgeschichte, sondern auch Gottes Wort besser kennenlernen.“
 

Sehr zu Herzen geht ein 15-seitiger Abschnitt, in dem Wegert sich daran erinnert, wie er seine Ehefrau Gertrud kennenlernte. Es war die sprichwörtliche Liebe auf den ersten Blick. Dass diese Liebe bis ins Alter fortbesteht, bezeugen viele Abschnitte, in denen er immer wieder auf Gespräche und gemeinsame Erfahrungen mit seiner Frau verweist, die ihm ganz offensichtlich in all den Jahren eine treue Wegbegleiterin war.

Es folgt ein spannendes Kapitel auf das nächste: von der Berufung aus der Tätigkeit als Bauingenieur hin zum Pastorendienst, über den gewagten Neubau eines Hotels, in dem dann auch die Gemeinderäume sein sollten, und dem Bericht über eine längere Phase einer qualvollen Depression bis hin zu wunderbaren Berichten von Bekehrungen und erwecklichen Aufbrüchen in der Arche Gemeinde in den 1970er-Jahren.

Veränderte Glaubensüberzeugungen

Die nächsten über 100 Seiten widmen sich dem Aufbau des Missionswerks und sind voller erstaunlicher Berichte über Wegerts weltweites Wirken als Evangelist. Beim Lesen dieses Teils fühlte ich mich abwechselnd an Ereignisse aus der Apostelgeschichte und für mich eher befremdliche Berichte pfingstkirchlicher Erweckungsveranstaltungen erinnert. Die nötige theologische Einordnung dieser Phase und der zugrundeliegenden Theologie folgt dann jedoch etwas später im Buch.

Wegert beschreibt auch, wie aus dem vormals sehr bekannten Pfingstpastor ein gemäßigt charismatischer, aber vor allem reformierter Pastor wurde, der seine Gemeinde letztlich aus dem Pfingstbund herausführte. In diesem Abschnitt finden sich nun deutlich längere theologische Abhandlungen, die durch kürzere Berichte über die jeweiligen Veränderungen in Wegerts persönlichem Glauben wie auch die Veränderungen in der Gemeinde aufgelockert werden. Darauf folgt noch eine ausführliche Betrachtung über die Rolle von Mann und Frau in Familie und Gemeinde und ein Bericht darüber, wie sich die Arche Gemeinde auch in dieser Frage aus tiefer biblischer Überzeugung entgegen dem gesellschaftlichen Trend positioniert hat.

Stabübergabe und Anhang

Abgeschlossen wird die Autobiographie mit dem Bericht darüber, wie Wolfgang Wegert die Leitung der Gemeinde an seinen Sohn Christian übergeben durfte. Dass dieses Werk mehr als eine Biographie ist, wird wohl nirgends deutlicher als beim Blick auf den ausführlichen Anhang. Hier finden sich weitere Erläuterungen und ein ausführliches Bibelstellenregister. So ist dieses Buch nicht nur unterhaltsam und spannend, sondern auch lehrreich. Es macht Mut und lässt den Leser immer wieder staunen über Gottes mächtiges und gnädiges Wirken im Leben und Dienst von „einem, den Gottes Gnade fand“.

„Dieses Buch ist nicht nur unterhaltsam und spannend, sondern auch lehrreich.“
 

Wegerts Leben verdient eine Biographie – und diese verdient es, gelesen zu werden. Sicher wird nicht jeder Leser allen theologischen Aussagen zustimmen. Anderen werden vielleicht noch Abhandlungen zu grundlegenden Fragen fehlen. Ich hätte mir zum Beispiel noch eine prägnante Erklärung des Evangeliums, aber auch zum Schriftverständnis gewünscht. Aber kein Buch kann alles umfassen, und dieses Buch enthält schon erstaunlich viel. Danke, Wolfgang Wegert, für diese tiefen Einblicke in dein Leben, deine theologischen Überzeugungen und dein großes Pastorenherz!

Buch

Wolfgang Wegert, Einer, den Gottes Gnade fand: Ein Pastorenleben und seine unerwartete Wende, Hamburg: Arche Medien, 2023, 496 Seiten, 24,90 EUR.