Macht es einen Unterschied, ob ich mich einäschern oder begraben lasse?

Artikel von Justin Dillehay
8. April 2024
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Im Verlauf der Geschichte kam es die längste Zeit niemandem in den Sinn zu fragen, ob Christen ihre Toten einäschern sollten oder nicht. Die übliche Praxis war das Erdbegräbnis, das auch als „christliches Begräbnis“ bezeichnet wurde. Einäscherung war etwas, worüber man in Wikingergeschichten gelesen hatte.

Aber die Dinge haben sich bei uns geändert. Mit der zunehmenden Verbreitung der Feuerbestattung kommt sie uns auch weniger fremdartig vor. In vielen Ländern ist die Feuerbestattung heute üblicher als die Erdbestattung, und viele Christen entscheiden sich ohne zu zögern für eine solche Art der Beisetzung. Dennoch wird mir als Pastor die Frage nach der Feuerbestattung immer noch gestellt, sodass es sich lohnt, darüber nachzudenken.

Ich würde sagen, dass „christliches Begräbnis“ kein unpassender Begriff ist, sondern vielmehr eine zutreffende Beschreibung.

Es ist nun nicht so, dass Gott nicht in der Lage wäre, eingeäscherte Überreste wieder auferstehen zu lassen – es wäre ihm ein Leichtes. Und die Feuerbestattung verstößt auch nicht gegen ein direktes biblisches Gebot – was aber wiederum nicht bedeutet, dass alle kulturellen Praktiken gleichermaßen gut mit der christlichen Theologie vereinbar sind. Ich würde vielmehr sagen, dass das Begräbnis insofern eine christliche Handlung ist, als sie biblische Präzedenzfälle, die biblische Bildsprache und die biblische Theologie über den menschlichen Körper und seine Zukunft besser widerspiegelt.

Aus diesem Grund ist das christliche Begräbnis eine Praxis, die auf eine traurige und doch freudige Art die christliche Hoffnung inmitten einer hoffnungslosen Kultur sichtbar verkündet.

Die richtige Frage

Zwar gibt es in der Bibel kein moralisches Verbot der Einäscherung, doch finden sich in der Heiligen Schrift zahlreiche Beispiele dafür, dass Gottes Volk seine Toten begrub, und fast keine Beispiele dafür, dass Gottes Volk eingeäschert wurde. Abraham und Sarah, Isaak und Rebekka, Jakob und Rahel, Joseph, Miriam, Mose, David, Elisa, Johannes der Täufer, Stephanus und vor allem Christus selbst wurden begraben (vgl. 1Mose 25,10; 35,19–29; 49,31; 50,14; 4Mose 20,1; 5Mose 34,6; Jos 24,32; 1Kön 2,10; 2Kön 13,20; Mk 6,29; Apg 8,2; 1Kor 15,4).

Es lohnt sich, nach dem Warum zu fragen. Es gab andere Möglichkeiten – Stephen Prothero sagt, dass „mit den bemerkenswerten Ausnahmen der Ägypter, der Chinesen und der Hebräer die Einäscherung die Standardpraxis der Antike gewesen zu sein scheint.“[1] Dennoch war das Erdbegräbnis die gängige Praxis des Volkes Gottes in beiden Testamenten. Warum?

Dieses Muster hörte mit der Fertigstellung der Bibel nicht auf. Die Geschichte zeigt, dass mit der Ausbreitung des Christentums im Römischen Reich die Einäscherung verschwand und durch das Begräbnis ersetzt wurde. Ähnlich geschah es in so ziemlich jeder Kultur, in der das Christentum dominant oder einflussreich wurde. Man könnte argumentieren, dass die Feuerbestattung erst mit dem Schwinden des Einflusses des Christentums in der westlichen Welt ein Comeback erlebt hat (obwohl steigende Bevölkerungszahlen und Bestattungskosten auch eine Rolle spielten).

Warum? Warum war im Laufe der Geschichte das Begräbnis im Volk Gottes immer die vorherrschende Praxis, selbst wenn das gegen die Kultur ging? Könnte es einen Zusammenhang zwischen den jüdisch-christlichen Überzeugungen über den menschlichen Körper und den jüdisch-christlichen Bestattungspraktiken geben?

Die Antwort lautet ja, und zwar aus einem einfachen Grund. Was wir nämlich über den menschlichen Körper und seine Zukunft glauben, hat Einfluss darauf, wie wir den menschlichen Körper behandeln – selbst nach dem Tod.

Der Körper in den Weltreligionen

Um ein Beispiel zu nennen: Historisch gesehen verbrannten Hindus ihre Toten. In Ländern wie Indien oder Nepal werden Einäscherungen oft in der Öffentlichkeit durchgeführt. Das liegt zumindest teilweise an dem, was Hindus über Reinkarnation und den menschlichen Körper glauben. Auf einer Hindu-Website heißt es: „Nach dem Tod hat das äußere Fleisch, der physische Körper, keinen Zweck mehr, und der schnellste Weg, die Seele zu befreien und den Reinkarnationsprozess zu unterstützen, ist die Verbrennung des Körpers.“[2]

Es überrascht nicht, dass wir hier eine Übereinstimmung zwischen dem sehen, was Hindus über den Körper und das Leben nach dem Tod glauben und in welchen kulturellen Praktiken sie das ausleben.

Andere Religionen betrachten den Körper als eine Hülle oder ein Gefängnis für die Seele. Das schließt zwar ein Erdbegräbnis nicht unbedingt aus, lässt aber den Glauben an eine leibliche Auferstehung sinnlos erscheinen – denn wer will schon in ein Gefängnis zurückkehren, wenn er einmal davon frei geworden ist (vgl. Apg 17,32)? Andererseits glauben zwar nicht alle, die Erdbestattungen praktizieren, an eine leibliche Auferstehung, aber der Glaube an eine leibliche Auferstehung scheint häufig zu Erdbestattungen zu führen (wie wir in der gesamten christlichen Geschichte sehen).

Religion ist Teil der Kultur, und kulturelle Überzeugungen beeinflussen kulturelle Praktiken.

Der Körper im Christentum

Hier gibt es einen wesentlichen Unterschied zwischen dem Christentum und dem Hinduismus. Als Christen glauben wir nicht nur an die Unsterblichkeit der Seele, sondern auch an die Auferstehung des Körpers. Im Gegensatz zu vielen anderen Religionen hat das Christentum eine positive Sicht auf den menschlichen Körper und die Schöpfung im Allgemeinen. Die Heilige Schrift lehrt, dass Gott die Welt und alles, was darin ist, erschaffen und dann für „sehr gut“ befunden hat (1Mose 1,31; und generell 1Mose 1–2). Dies ist ein Grundprinzip des Christentums: Die physische Schöpfung und der menschliche Körper sind gute Dinge, die von einem guten Gott geschaffen wurden.

Dies ist auch Teil der Grundlagen der christlichen Lehre von dem Menschen. Das menschliche Wesen könnte man entweder als verkörperte Seele oder als beseelten Körper bezeichnen. Beide Elemente sind lebenswichtig. Die Seele vom Körper zu trennen, ist die Definition des Todes (vgl. Jak 2,26). Das bedeutet, dass der Körper nicht nur eine Hülle ist, während die Seele das „wahre Ich“ ausmacht. Unser Körper ist ein wesentlicher Teil unserer menschlichen Natur.

Abigail Favale drückt es so aus: „Körper sind nicht einfach nur Körper, Körper sind manifestierte Personen.“[3] Augustinus schrieb im 5. Jahrhundert darüber in seiner klassischen Schrift Vom Gottesstaat und machte dort den Bezug zu unserem Umgang mit unseren Toten: „Denn wenn schon des Vaters Kleid oder Ring oder sonst etwas dergleichen den Nachkommen umso teurer ist, je größer die Liebe zu den Eltern war, so darf man die Leiber erst recht nicht geringschätzen, die doch viel vertrauter und inniger mit uns zusammenhängen als irgend eine Gewandung, die wir tragen; sie sind ja nicht ein bloß äußerlich anhaftender Schmuck oder Behelf, sondern gehören zur menschlichen Natur.“[4]

Deshalb will Gott unseren Körper auferwecken und nicht zulassen, dass unsere Seele im Tod für immer von ihm getrennt wird.

Jesus wurde begraben, weil Gott nicht vorhatte, seinen Heiligen der Verwesung zu überlassen – stattdessen wollte er ihn am dritten Tag auferwecken (vgl. Apg 2,27; 1Kor 15,4). Und während die meisten Brüder und Schwestern Christi vor ihrer Auferstehung die Verwesung erleben werden, gilt für uns dieselbe Logik: „Wenn aber der Geist dessen, der Jesus aus den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird derselbe, der Christus aus den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt“ (Röm 8,11; vgl. 1Kor 15,5-55).

So wie die Theologie der Hindus ihre kulturellen Praktiken beeinflusst, so beeinflusste die frühchristliche Theologie die kulturellen Praktiken der Kirche, stellt der Theologe Timothy George fest: „Wie die Katakomben in Rom bezeugen, bestanden die frühen Christen darauf, ihre Toten zu begraben. Christliche Grabstätten wurden coemeteria (Friedhöfe) genannt, was wörtlich ‚Schlafstätten‘ bedeutet und den Glauben an eine zukünftige Auferstehung widerspiegelt.“[5]

Kurz gesagt: Der Glaube daran, dass der menschliche Körper im Wesen gut ist und in der Zukunft auferstehen wird, ist ein grundlegender Bestandteil des christlichen Glaubens und der christlichen Weltanschauung. Wenn dieser Glaube also die kulturellen Praktiken im Umgang mit dem Körper nach dem Tod geprägt hat, sollte uns das nicht überraschen.

Die richtigen Signale senden

Angesichts der Tatsache, dass Christen die Erdbestattung bis vor Kurzem fast durchgehend praktiziert haben, sollten wir innehalten und nachdenken, bevor wir einfach dem aktuellen kulturellen Trend folgen. Todesrituale entstehen nicht in einem kulturellen und theologischen Vakuum. Ist der aktuelle Trend gut?

Noch wichtiger ist, dass wir angesichts der historischen Praxis des Volkes Gottes (sowohl in der Heiligen Schrift als auch danach) überlegen müssen, ob die natürliche Übereinstimmung zwischen christlichem Glauben und christlicher Bestattung diese universelle Praxis erklärt. Russell Moore bemerkte einmal: „Die Frage ist nicht einfach, ob die Feuerbestattung immer eine persönliche Sünde ist … die Frage ist, ob die Beerdigung des Körpers eine christliche Handlung ist, und wenn ja, welche Signale sie sendet?“[6]

Ich denke, die Antwort auf Moores Frage lautet: Ja – die Erdbestattung ist eine christliche Handlung, und sie vermittelt den Glauben, dass das, was in Schwachheit gesät wurde, eines Tages in Kraft auferstehen wird (vgl. 1Kor 15,42–43). So beschreibt Paulus die Auferstehung der Toten in 1. Korinther 15 – dem berühmtesten aller Abschnitte über die Auferstehung – wo er das Bild eines in die Erde gesäten Samens verwendet: „Aber jemand könnte einwenden: Wie sollen die Toten auferstehen? Und mit was für einem Leib sollen sie kommen? Du Gedankenloser, was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt! Und was du säst, das ist ja nicht der Leib, der werden soll, sondern ein bloßes Korn, etwa vom Weizen, oder von einer anderen Saat“ (1Kor 15,35–37).

Das Begraben des Körpers ist wie das Säen eines Samenkorns. Beide gehen in die Erde, und in beiden Fällen ist das, was aus der Erde kommt, biologisch beständig, aber unvergleichlich besser. Christus verwendet dasselbe Bild für seinen eigenen Tod und sein Begräbnis: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, so bleibt es allein; wenn es aber stirbt, so bringt es viel Frucht“ (Joh 12,24).

Dies sind weniger Beweistexte, die uns gebieten, unsere Toten zu begraben, als vielmehr Fingerzeige auf die natürliche Übereinstimmung zwischen der Auferstehung als Inhalt christlichen Glaubens und des Begräbnisses als christlicher Praxis.

Ob in der Landwirtschaft oder bei Beerdigungen: Das Begräbnis ist kein abschließender, sondern ein einleitender Akt. Es ist nicht einfach ein Ende, sondern ein Anfang. Das ist die Hoffnung, die wir als Heilige in Christus haben. Und das ist eine Chance, die wir inmitten einer gottlosen Kultur nutzen müssen. Bei einem christlichen Begräbnis entsorgen wir nicht einfach einen Leichnam, sondern wir säen einen Samen. So wie wir in der Hoffnung auf die Ernte säen, begraben wir in der Hoffnung auf die Auferstehung.

Rückbesinnung auf das christliche Begräbnis

Ich stimme mit Moores Eingeständnis überein: „Was mich als christlichen Geistlichen stört, ist nicht so sehr, dass einige von uns eingeäschert werden, sondern dass es den Rest von uns nicht zu interessieren scheint. Wie die Kultur um uns herum neigen wir dazu, den Tod und die Beerdigung als eine individuelle Angelegenheit zu betrachten.“[7]

Aber kein Mensch ist eine Insel, und Beerdigungen sind ebenso wie Hochzeiten seit jeher gemeinschaftliche Angelegenheiten mit öffentlichen Auswirkungen. Auch wenn die Verantwortung für die Bestattungsvorbereitungen unweigerlich bei uns als Einzelpersonen liegt, sollten wir diese Entscheidungen auf der Grundlage der Heiligen Schrift und ihrer Bilder treffen und nicht einfach als pragmatische, geschichtsvergessene, westlich geprägte Individualisten, die von der Flut mitgerissen werden.

Mir ist bewusst, dass oft finanzielle Erwägungen eine Rolle spielen, wenn es darum geht, eine Feuerbestattung der Erdbestattung vorzuziehen. Für diejenigen unter uns, die ihre Angehörigen lieber beerdigen würden, es sich aber nicht leisten können, habe ich nichts als Mitgefühl. Aber da Mitgefühl für sich genommen nicht viel wert ist, würde ich vorschlagen, dass wir, wenn wir als Gemeinde immer noch der Meinung sind, dass die Erdbestattung eine christliche Handlung ist, unser Geld in die Hand nehmen und solchen Menschen finanzielle Unterstützung anbieten sollten.

Ich bin der Meinung, dass es eine natürliche Übereinstimmung zwischen den christlichen Überzeugungen über den Körper und der historischen christlichen Praxis der Bestattung gibt. Mein Ziel ist es nicht, irgendjemanden zu verurteilen oder zu beschämen, der sich für eine Feuerbestattung entschieden hat (ganz zu schweigen von denjenigen, die einfach die Anweisungen ihrer verstorbenen Angehörigen befolgt haben). Mein Wunsch ist, uns etwas zum Nachdenken zu geben, wenn wir Entscheidungen über unsere Bestattung treffen und wenn wir diesbezüglich Pläne mit unseren Freunden und Angehörigen besprechen, insbesondere mit denen, die in Christus sind.

Die Beerdigung ist eine christliche Handlung, da sie die Beispiele, Analogien und Lehren der Bibel über den Körper besser widerspiegelt. Unsere Kultur wird gottlos – lasst uns also gegenkulturell sein. Lasst uns das christliche Begräbnis wiederaufleben lassen. Und lasst uns mit unseren Taten und Worten sagen: „Wir glauben an die Auferstehung des Leibes.“


1Stephen Prothero, Purified by Fire: A History of Cremation in America, Berkeley 2002, S. 5.

2Shashi Gossain, „Why do Hindus cremate their dead?“, online unter: https://simplehinduism.com/why-do-hindus-cremate-their-dead-2/ (Stand: 30.03.2024).

3Abigail Favale, The Genesis of Gender: A Christian Theory, San Francisco, 2022.

4Augustinus, Vom Gottesstaat, online unter: https://bkv.unifr.ch/de/works/cpl-313/versions/zweiundzwanzig-bucher-uber-den-gottesstaat-bkv/divisions/16 (Stand: 30.03.2024).

5Timothy George, „Cremation Confusion: Is it unscriptural for a Christian to be cremated?“, Christianity Today, 21.05.2002, online unter: https://www.christianitytoday.com/ct/2002/may21/27.66.html (Stand 30.03.2024).

6Russell D. Moore, „Grave Signs: On the Godly Waste of Christian Burial“, Touchstone, 20.01.2007, online unter: https://www.touchstonemag.com/archives/article.php?id=20-01-024-v (Stand: 30.03.2024).

7Ebd.