Ein Lob auf das Auswendiglernen

Warum wir Katechismen brauchen

Artikel von Andrew Miller, Jonathan Landry Cruse und William Boekestein
26. April 2024 — 6 Min Lesedauer

Auswendiglernen. Das Wort weckt negative Assoziationen. Eltern denken dabei vermutlich an lange Listen von Jahreszahlen oder an das Lernen des Einmaleins. Mechanisches oder gewohnheitsmäßiges Wiederholen, um Kindern die Wahrheiten von etwas so Kostbarem wie dem Evangelium beizubringen, erscheint uns vielleicht extrem unattraktiv oder gar unangemessen.

Doch genau diese Methode empfehlen die Befürworter religiöser Katechismen. Kinder, die Katechismen lernen, prägen sich so die Antworten auf Fragen wie „Was ist Gott?“, „Was verstehst du unter der Vorsehung Gottes?“ und „Was ist Gebet?“ ein. Natürlich werden kleine Kinder auswendig gelernte Antworten nicht in Gänze verstehen, weil der Lernprozess mechanisch funktioniert. Kann das also richtig sein? Ist die Katechisierung von Kindern mittels Auswendiglernen nicht eine Form von Indoktrination oder Gehirnwäsche?

Dieser Einwand gegen die Katechese ist nicht ungewöhnlich, aber neu. Bis vor Kurzem hat man in diesem Zusammenhang noch nicht von „Gehirnwäsche“ gesprochen. Früher hat man dafür gesorgt, dass Kinder so viele nützliche Gedächtnisinhalte wie möglich speicherten, auch wenn sie diese nicht verstanden.

Heutzutage ist das Auswendiglernen jedoch aus mindestens zwei Gründen in Ungnade gefallen: Wir nehmen Rücksicht auf die Gefühle junger Menschen, und wir neigen zu der Auffassung, dass das Lernen individualisiert werden müsse, um „kinderfreundlich“ zu sein. Wenn Kinder nicht gerne auswendig lernen, sollten wir sie dann dazu zwingen? Sicher kollidiert das Memorieren von Inhalten, die wir nicht ganz verstehen, mit unserem kreativen Antrieb. Aber reichen diese Einwände aus, um eine jahrhundertealte Lernmethode über Bord zu werfen?

Formung ist das Ziel

Flannery O’Connor plädierte einmal für die Verwendung eines Lehrbuchs, das bei den Schülern unbeliebt war. Sie ließ sich jedoch von ihren Kritikern nicht beirren: „Und wenn der Schüler feststellt, dass dies nicht nach seinem Geschmack ist? Nun, das ist bedauerlich. Sehr bedauerlich. Sein Geschmack sollte nicht konsultiert werden – er wird gebildet.“ Das ist die Logik des Auswendiglernens. Es ist gewollt, dass kleine Kinder den Katechismus nicht sofort verstehen (und vielleicht nicht einmal mögen).

„Der Katechismus zielt nicht auf die vorhandenen Wünsche des Kindes ab, sondern auf diejenigen, die es haben sollte. Er soll prägen und formen.“
 

B.B. Warfield zitierte Lazarus Seaman, einen der Mitautoren des Kürzeren Westminster Katechismus, wie folgt: Die Fragen und Antworten sollen nicht auf den Wissensstand des Kindes abzielen, sondern auf das Wissen, „das das Kind haben sollte“. In ähnlicher Weise zielt der Katechismus nicht auf die vorhandenen Wünsche des Kindes ab, sondern auf diejenigen, die es haben sollte. Er soll prägen und formen.

Viele Eltern möchten, dass ihre Kinder die eigenen Meinungen, Ideen und Wünsche zum Ausdruck bringen. Das kann gut sein, aber um richtig geformt zu werden, müssen Kindern die elementaren Wahrheiten beigebracht werden, auf denen reife Ideen und Fähigkeiten basieren. Wie oft habe ich (William) mir schon gewünscht, andere Sprachen fließend sprechen zu können. Aber ich habe mir nie die Zeit genommen, Grammatik und Vokabeln zu lernen. Wenn ich mir diesen Wunsch jemals erfüllen will, muss ich zuvor die Grundlagen kennen. Immer wenn ich angefangen habe, erst einmal die elementare Dinge zu lernen, habe ich es nie bereut. In der Grundschule lernte ich zum Beispiel ein Lied auswendig, das die US-Bundesstaaten in alphabetischer Reihenfolge enthielt. In der dritten Klasse wusste ich so gut wie nichts über diese Staaten, aber dieses Lied hat mich auf den richtigen Weg gebracht.

Kinder lernen das ABC auswendig, lange bevor sie sagen können, wie das Alphabet funktioniert und warum es wichtig ist. Reife Bildung geschieht durch diszipliniertes Lernen von Informationen und Fähigkeiten, die aufeinander aufbauen. Dorothy Sayers argumentierte: „Es kommt nicht so sehr darauf an, dass diese Dinge vollständig verstanden werden, sondern dass man sie kennt und sich an sie erinnert. Vergessen wir nicht, dass wir Material sammeln“. Material zum Bauen.

Das gilt auch für die Religion. Wir wollen, dass unsere Kinder eine persönliche Beziehung zu Jesus haben. Aber eine selbstbewusste Beziehung zu Christus entsteht erst, indem man zuerst die Fakten lernt.

Glaubensgrundlagen

Die Grundlagen des christlichen Glaubens sind die wichtigsten Bausteine, die wir unseren Kindern mitgeben können. Katechismen werden zu Recht als „das ABC des Christen“ bezeichnet. Sie liefern das Material für eine solide religiöse Erziehung. D.G. Hart drückte es so aus:

„Wenn du damit aufwächst, wirst du nie darüber hinauswachsen müssen … Und eines Tages, so Gott will, wirst du an die Mühsal des Katechismuslernens zurückdenken und Gott dafür danken, dass deine Eltern und Lehrer dich Wahrheiten gelehrt haben, die die Christen seit Generationen tragen und auch dich für den Rest deines Lebens tragen können.“

Gute Katechismen systematisieren die Offenbarung Gottes, indem sie die Geschichte der Erlösung in groben Zügen erzählen. Historische Katechismen schildern die wichtigsten Ereignisse, die im Apostolischen Glaubensbekenntnis zusammengefasst sind, und beschreiben eine Form praktischer Frömmigkeit, die Gott selbst in den Zehn Geboten und dem Vaterunser lehrt.

Das ist die Lehre, die unsere Kinder brauchen – die Wahrheit, Glauben und Leben schenkt (vgl. Tit 2,10). Als Christen schämen wir uns nicht dafür, und deshalb sollten wir auch nicht davor zurückschrecken, unsere Kinder die Wahrheit zu lehren. Wenn wir ihnen Katechismen beibringen, werden sie weder einer Gehirnwäsche unterzogen noch zwangsbekehrt. Wir sollten nicht vergessen, dass wir den Heiligen Geist brauchen, um einen effektiven Einfluss auf ihr Leben zu haben.

Wie sollen wir jedoch unsere Kinder in der Furcht des Herrn erziehen, wenn wir ihnen keine Lehre für Herz und Verstand mitgeben? Wie sollen unsere Kinder glauben, wenn sie die Gute Nachricht nicht hören (vgl. Röm 10,14)? Anstatt von ihnen zu erwarten, dass sie von selbst zum Glauben finden, sollten wir ihnen grundlegende Lehrsätze vermitteln, auf denen sie ihr Leben aufbauen können.

Zum Auswendiglernen bestimmt

Seien wir ehrlich: Es sind wohl eher die Eltern als die Kinder von der Idee des Auswendiglernens genervt. Die meisten Kinder lieben es nämlich, banalste Gedichte oder Songtexte auswendig zu lernen und wiederholen diese bis zum Überdruss. Erwachsene finden Auswendiglernen zu anstrengend, während es Kindern Spaß macht.

„Seien wir ehrlich: Es sind wohl eher die Eltern als die Kinder von der Idee des Auswendiglernens genervt.“
 

Zum Glück gibt es gute Katechismen, die man leicht auswendig lernen kann. Wenn du auf der Suche nach einem zeitgemäßen und bibeltreuen Katechismus für deine Familie bist, eignet sich auf Deutsch der New City Katechismus, der neben den ausführlichen Antworten auch kürzere Antworten zum einfacheren Einstieg für Kinder bietet.

Besinnen wir uns doch wieder auf die Schönheit des Auswendiglernens. Geben wir unseren Kindern das beste geistige Baumaterial, das wir finden können, und vertrauen wir darauf, dass sie mit Gottes Hilfe später lernen werden, die im hintersten Winkel ihres Gedächtnisses abgespeicherten Fakten wieder zum Leben zu erwecken.