Predigen in einer Gemeindegründung

Artikel von Clint Darst
11. Juni 2024 — 8 Min Lesedauer

Du hast die Menschenmengen gesehen und erkannt, dass sie wirklich drangsaliert und hilflos sind, wie Schafe ohne einen Hirten. Während du in der Gnade gewachsen bist, hast du zunehmend das Mitgefühl unseres Herrn für die Verlorenen gespürt. Du bist der Aufforderung des Herrn der Ernte gefolgt, ihn um mehr Arbeiter zu bitten.

Und nun bist du dem Ruf gefolgt und gegangen. Deine Gemeinde hat deinen Charakter, deine Begabung und deine Einsatzbereitschaft bestätigt. Sie hat dir geholfen, einen strategischen Standort zu finden, ein Kernteam aufzubauen und die Mittel für die Gründung einer neuen Gemeinde aufzubringen. Du bist umgezogen, hast evangelistische Bibelstunden gestartet und Gastfreundschaft ausgeübt. Der Tag, an dem ihr euch nun als neue Gemeinde zusammenschließen und öffentliche Gottesdienste abhalten werdet, rückt immer näher.

Du hast zwar Erfahrung im Predigen, aber zum ersten Mal wirst du Woche für Woche die Predigt halten müssen.

Wenn du dich auf diese mühevolle, gewichtige, freudvolle und herrliche Arbeit einlässt, möchte ich dir vier einfache Ermutigungen mitgeben.

1. Predige das Wort

Der erste Sonntag auf der Kanzel wird sehr aufregend sein. Gemeindemitglieder aus der Muttergemeinde, Freunde, Familie und hoffentlich auch Besucher aus der Gegend werden zusammenkommen, um die Gründung dieser neuen Gemeinde zu feiern. Du fühlst dich überwältigt und dankbar.

Doch wahrscheinlich werden sich die darauffolgenden Wochen ganz anders anfühlen, wenn sendende Gemeindemitglieder, Freunde und Familienangehörige in ihre Gemeinden zurückkehren und du dich in einem weniger idealen Gebäude mit weit weniger Menschen versammeln wirst. Was machst du, wenn die anfängliche Begeisterung verflogen ist? Oder wenn du von deinem Manuskript aufschaust und viel weniger Menschen siehst, als du gehofft hast?

„Vertraue darauf, dass der Heilige Geist kraftvoll wirkt, wenn du die Gemeinde durch treue Auslegungspredigten zu Jüngern machst.“
 

Mein Bruder im Dienst, predige das Wort (vgl. 2Tim 4,2). Vertraue darauf, dass der Heilige Geist kraftvoll wirkt, wenn du die Gemeinde durch treue Auslegungspredigten zu Jüngern machst.

Beginne vielleicht mit dem Markus- oder Johannesevangelium und ermutige die Gemeinde zu evangelistischen Beziehungen, indem ihr das Leben Jesu betrachtet. Oder vielleicht hast du eine Gemeinde in einer Gegend gegründet, in der ein kulturelles Christentum vorherrscht, in dem es aber keine starken Gemeinden gibt. Dann könntest du mit dem Galaterbrief anfangen, um das Evangelium zu erklären.

Ob so oder so, predige das Wort. Gib nicht der Versuchung nach, viele Leute durch Showeinlagen, Unterhaltung oder Beredsamkeit zu versammeln. Jesus versprach, seine Gemeinde zu bauen. Er versprach, dass diejenigen, die ihr Leben auf sein Wort bauen, den Stürmen des Lebens standhalten werden. Deine Gemeinde braucht das Wort. Das neue Werk braucht den Hauch des Geistes, damit es wachsen kann; baue das neue Werk deshalb auf das Wort, das vom Geist selbst eingehaucht ist.

2. Predige das Kreuz

Der Apostel Paulus fand in Korinth eine chaotische Gemeinde vor, die der heidnischen Stadt, in der sie sich befand, schmerzhaft ähnlich war. Sie war durchdrungen von sexueller Unmoral, zerspalten, fixiert auf rhetorisch begabte Persönlichkeiten und von synkretistischen Lehren getrieben. Mit welcher Strategie half Paulus dieser angeschlagenen Gemeinde?

Er beschloss, nichts anderes unter ihnen zu wissen als das Kreuz Christi (vgl. 1Kor 2,2). Statt mit berühmten Rednern zu konkurrieren, predigte er die Torheit des Kreuzes, seine eigene Schwäche, Furcht und sein Zittern offenbarend (vgl. 1Kor 2,1–5). Seine Schwächen, die Kraft des Geistes und das Kreuz Christi waren die perfekten Zutaten für die Korinther, damit sie ihr Vertrauen auf die Kraft Gottes und nicht auf Paulus selbst setzten.

Bruder, predige jede Woche das Kreuz Christi. Gib deiner Gemeinde die gute Nachricht. Vermittle ihnen die Herrlichkeit des Kreuzes aus jedem Text. Wenn du sie mit dem Kreuz gewinnst, wirst du sie für das Kreuz gewinnen. Wenn du sie mit Intelligenz gewinnst, gewinnst du sie für die Intelligenz. Wenn du sie mit Humor gewinnst, gewinnst du sie für den Humor. Halte Christus hoch, den Gekreuzigten, den Begrabenen, den Auferstandenen, den Aufgefahrenen, den, der sicher wiederkommt.

Egal ob dein erstes Jahr voller Sonntage mit Hunderten oder nur Dutzenden von Menschen ist, predige das Kreuz. Ganz gleich, ob du von einer schönen Kanzel in einem alten Kirchengebäude predigst oder hinter einem Notenständer in der Mensa einer Mittelschule stehst, die nach der Pizza und den Kroketten vom letzten Freitag riecht, predige ihnen den gekreuzigten Christus.

Predige ihnen das Kreuz mit der Leidenschaft eines Menschen, der seine gegenwärtige und ewige Freude darauf gründet. Wenn dein Herz von der Herrlichkeit des Kreuzes entflammt ist, wird deine Leidenschaft beständig bleiben, anstatt mit der Anzahl der Gemeindebesucher hin- und herzuschwanken. Das wird die Leute dazu anleiten, sich an Christus zu erfreuen und aus dem Überfluss dieser Freude heraus die gute Nachricht vom Kreuz zu denen zu bringen, die wie Schafe ohne Hirten sind.

3. Predige mit einem evangelistischen Herzen

Ich gehe davon aus, dass dir die Szene in Matthäus 9 bekannt ist. Jesus zog durch alle Städte und Dörfer, predigte, lehrte und heilte. Er verkündete die frohe Botschaft und zeigte großes Mitgefühl für alle möglichen Menschen an allen möglichen Orten. Darin zeigt der Herr der Ernte, dass wir ebenso mit offenen Augen, gebrochenen Herzen, schwieligen Knien und bereitwilligen Füßen leben müssen.

Jesus sah die Menschenmengen. Er sah ihre Sünde und ihr Leid. Die Jünger beobachteten mit Sicherheit, wie er mit mitleidigem Gesichtsausdruck auf die Mengen blickte. Sein Herz war gebrochen für die verlorenen Menschenmassen. Dann wandte er sich mit Mitleid in den Augen an die Zwölf und befahl ihnen, den Herrn der Ernte zu bitten, Arbeiter auszusenden. Die Jünger sollten sich hinknien und um Arbeiter bitten.

Fast augenblicklich schickte er sie los. Sie waren die Antwort auf ihre eigenen Gebete. Sie waren die bereitwilligen Füße, die ausgesandt wurden, um die gute Nachricht zu verkünden.

Pastor, es ist besonders wichtig, dass deine Gemeinde evangelistisches Mitgefühl von dir lernt. Wenn du das Wort vom Kreuz predigst, verwende Illustrationen und Anwendungen, um ihnen zu helfen, das Evangelium zu sehen, zu fühlen, zu beten und es mit ihren verlorenen Freunden und Familienmitgliedern zu teilen. Achte in deinen Predigten darauf, dass sie sehen und hören, wie sich Mitgefühl anfühlt. Ermahne sie zu beten, denn nur Gott kann neues Leben schenken. Rüste sie aber auch aus, das Evangelium mit mutigem Mitgefühl weiterzugeben, denn Gott benutzt bereitwillige Füße, um die gute Nachricht zu verbreiten.

Denk beim Predigen daran, dass deine Zuhörer lernen müssen, wo sie hinsehen, was sie fühlen, wohin sie sich wenden und was sie tun müssen. Leite die Gemeinde an, mit offenen Augen, gebrochenen Herzen, schwieligen Knien und bereitwilligen Füßen zu leben.

4. Predige mit Gespür für deine Zuhörer

Predige das Wort und das Kreuz nicht nur mit einem evangelistischen Herzen, sondern auch mit weisem Verständnis für den kulturellen Kontext. Paulus wurde allen Menschen alles, damit einige gerettet würden (vgl. 1Kor 9,22). Wir müssen nicht allzu sehr auf die Kultur fixiert sein. Aber es wäre töricht, etwas zu ignorieren, was Paulus eindeutig berücksichtigte.

„Denk daran: Du predigst nicht zu deiner sendenden Gemeinde.“
 

Lerne die Stadt oder den Ort kennen, an den Gott dich berufen hat. Informiere dich über die Geschichte. Lerne die vorherrschende Kultur und die der Minderheiten kennen. Bemühe dich, die Schönheit und die Zerbrochenheit dieses Ortes und der Menschen zu verstehen. Je besser du die Menschen kennst, für die du betest, dass deine Gemeinde sie erreicht, desto leichter wird es sein, Bibeltexte zu veranschaulichen und geeignete Anwendungen für diese Menschen zu finden.

Denk daran: Du predigst nicht zu deiner sendenden Gemeinde. Diese Versammlung ist nicht dieselbe, die du verlassen hast. Du predigst auch nicht zu deinen Pastorenfreunden oder Seminarkollegen. Gott hat dich dazu berufen, diese kleine Herde zu leiten und auszurüsten, um an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit und für ein bestimmtes Volk Salz und Licht zu sein.

Zweifellos ist das Wichtigste in deiner Predigt und in deiner Gemeinde das, was sie mit allen anderen gläubigen Predigern und Gemeinden gemeinsam hat. Allerdings wird kontextbezogene und kulturelle Ignoranz – oder (noch schlimmer) kontextbezogene und kulturelle Arroganz – sicherlich nicht zur Zurüstung deiner Mitglieder beitragen, damit sie mit offenen Augen, gebrochenen Herzen, schwieligen Knien und bereitwilligen Füßen hinausgehen. Kenne und liebe die Menschen an dem Ort, an den Gott dich berufen hat, um zu dienen und Zeugnis zu geben.

Fazit

Bruder, wann immer du hinter die ehrwürdige Kanzel oder das wacklige Notenpult trittst: Predige das Wort! Achte darauf, dass die Bedeutung des Textes das Hauptthema für die Predigt bestimmt. Predige jede Woche das Kreuz. Mache das Evangelium jedes Mal kristallklar.

Und während du das tust, lebe evangelistische Barmherzigkeit und kontextbezogene Weisheit vor, damit das Evangelium überzeugend ist und für diejenigen Sinn ergibt, unter denen Gott dich zu leben berufen hat. Möge der Geist die Heiligen ausrüsten und die Toten zum Leben erwecken, während du diese herrliche Arbeit ausübst.