Der Brief, der das Leben von Augustinus, Luther und Wesley veränderte

Der Römerbrief

Artikel von J.V. Fesko
23. Juli 2024 — 5 Min Lesedauer

Der Römerbrief hat zu allen Zeiten einen tiefen Eindruck in der Kirche hinterlassen.

Der Kirchenvater Augustinus lief sein ganzes Leben lang vor Gott davon, aber Gott ging ihm unerbittlich nach. Eines Tages saß er in seinem Garten und hörte Kinder singen: „tolle lege“ (dt. „Nimm und lies“). Augustinus schlug daraufhin die Bibel in Römer 13,13–14 auf und las:

„Lasst uns anständig wandeln wie am Tag, nicht in Schlemmereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Neid; sondern zieht den Herrn Jesus Christus an und pflegt das Fleisch nicht bis zur Erregung von Begierden!“

Der Reformator Martin Luther wurde einst gefragt, ob er Gott liebe. Luther antwortete: „Manchmal hasse ich ihn.“ Er befürchtete, dass Gott ihn bestrafen würde, wie sehr er auch versuchte, ihm zu gefallen. Gott zeigte ihm durch den Heiligen Geist, wie die berühmte Aussage des Apostels Paulus zu verstehen ist: „Denn ich schäme mich des Evangeliums von Christus nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen; denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: ‚Der Gerechte wird aus Glauben leben‘“ (Röm 1,16–17). Luther erkannte, dass Paulus sich, als er von Gottes Gerechtigkeit sprach, nicht auf Gottes eigene Gerechtigkeit bezog, sondern auf die Gabe der Gerechtigkeit, die Sündern durch den Glauben an Christus geschenkt wird. Als Gott Luthers Augen öffnete, rief er aus: „Hier fühlte ich, dass ich ganz und gar wiedergeboren war, und die Pforten des Paradieses öffneten sich vor mir.“

„Luther erkannte, dass Paulus sich, als er von Gottes Gerechtigkeit sprach, nicht auf Gottes eigene Gerechtigkeit bezog, sondern auf die Gabe der Gerechtigkeit, die Sündern durch den Glauben an Christus geschenkt wird.“
 

Der Prediger John Wesley aus dem 18. Jahrhundert hatte wenig Interesse am Evangelium, bis er an einem Treffen teilnahm, bei der jemand aus Luthers Einleitung zum Römerbrief vorlas:

„Während er die Veränderung beschrieb, die Gott durch den Glauben an Christus im Herzen wirkt, fühlte ich mein Herz seltsam erwärmt. Ich fühlte, dass ich auf Christus vertraute, Christus allein für die Errettung; und mir wurde die Zusicherung gegeben, dass er meine Sünden, sogar meine, weggenommen und mich vom Gesetz der Sünde und des Todes gerettet hatte.“

Hier folgen drei Dinge, die du über den Römerbrief wissen solltest:

1. Das Evangelium ist ein Geschenk Gottes

Erstens ist die Erlösung ein für uns kostenloses Geschenk. Die Geschichte ist übersät von Religionen, die eine quid pro quo-Botschaft der Erlösung predigen – man muss gute Taten vollbringen, um gerettet zu werden. Dies war Luthers Bürde, die Angst und sogar Feindseligkeit gegenüber Gott in seinem Herzen schuf. Er wusste, dass Gott gerecht war und sein Gesetz anspruchsvoll war – es gab keine Möglichkeit, dass er genug gute Werke vollbringen konnte, um seine Sünden aufzuwiegen. Wie König David ausrief: „Und geh nicht ins Gericht mit deinem Knecht; denn vor dir ist kein Lebendiger gerecht!“ (Ps 143,2). Das gleiche Empfinden erscheint in einem Wallfahrtspsalm: „Wenn du, o HERR, Sünden anrechnest, Herr, wer kann bestehen?“ (Ps 130,3). Luther war sich dieser Wahrheit zutiefst bewusst, aber dann öffnete Gott in seiner Barmherzigkeit seine geistlichen Augen und er verstand, dass Gott den perfekten Gehorsam und das Leiden an unserer Stelle vollbracht hat. Diese Ausgießung der Gnade ist, wie Paulus sagt, „die Gnadengabe Gottes“ (vgl. Röm 6,23; 5,15–17).

2. Die Rettung wird allein durch Gnade, allein durch den Glauben und allein in Christus empfangen

Zweitens erkannten Wesley wie auch Luther, dass die einzige Möglichkeit, das Geschenk der Erlösung zu empfangen, darin bestand, allein auf Christus zu vertrauen, um sein Heil zu erlangen. Wie Paulus schreibt:

„Jetzt aber ist außerhalb des Gesetzes die Gerechtigkeit Gottes offenbar gemacht worden, die von dem Gesetz und den Propheten bezeugt wird, nämlich die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben an Jesus Christus, die zu allen und auf alle [kommt], die glauben.“ (Röm 3,21–22; vgl. 5,1; 10,6.17)

Paulus erläutert diese Aussage auch in seinem Brief an die Epheser. Er erklärt dort: „Denn aus Gnade seid ihr errettet durch den Glauben, und das nicht aus euch – Gottes Gabe ist es; nicht aus Werken, damit niemand sich rühme“ (Eph 2,8–9).

3. Das Evangelium hat uns von Satan, Sünde und Tod befreit, damit wir ein neues Leben führen können

Drittens: Wenn Gott uns allein aus Gnade, allein durch den Glauben und allein in Christus rettet, dann tut er das mit dem Ziel, damit wir in einem neuen Leben wandeln können, in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Die Gabe des Evangeliums und der Glaube an Christus sind kein Freibrief zur Sünde, wie Paulus nachdrücklich betont:

„Sollen wir in der Sünde verharren, damit das Maß der Gnade voll werde? Das sei ferne! Wie sollten wir, die wir der Sünde gestorben sind, noch in ihr leben? Oder wisst ihr nicht, dass wir alle, die wir in Christus Jesus hinein getauft sind, in seinen Tod getauft sind? Wir sind also mit ihm begraben worden durch die Taufe in den Tod, damit, gleichwie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters aus den Toten auferweckt worden ist, so auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ (Röm 6,1–4)

Gott konfrontierte Augustinus mit dieser Wahrheit, als er die Kinder „Nimm und lies“ singen hörte und Römer 13,13–14 öffnete. Augustinus wusste, dass er von seinen Sünden umkehren musste, und nur die Gnade Gottes in Christus konnte ihn befähigen, in Heiligkeit zu leben.

Zusammenfassung

Du solltest also folgende drei Dinge über den Römerbrief wissen: Das Evangelium ist ein für uns kostenloses Geschenk Gottes, das wir allein durch Gnade, allein durch Glauben und allein in Christus erhalten. Und das Evangelium befreit uns von Satan, Sünde und Tod, damit wir in einem neuen Leben wandeln. Augustinus, Luther und Wesley erkannten diese Wahrheit durch Gottes Gnade und wir sollten dafür beten, dass der Heilige Geist sie auch in unsere Herzen tief einprägt.