Die Zuverlässigkeit des Neuen Testaments

Artikel von Craig L. Blomberg
11. Dezember 2024 — 15 Min Lesedauer

Viele Menschen denken heute, dass man den christlichen Schriften, die im Neuen Testament zusammengefasst sind, in ihrer Lehre kaum trauen kann. Ironischerweise waren noch nie so viele Beweise verfügbar wie jetzt, die ihre Zuverlässigkeit belegen. Natürlich kann die historische Forschung theologische Behauptungen (z.B. dass Jesus für die Sünden der Menschheit gestorben ist) niemals bestätigen oder widerlegen, aber ohne historische Fakten (z.B. dass Jesus gelebt hat und gestorben ist) hat die Theologie keine Grundlage.

Die Historizität der synoptischen Evangelien

Die synoptischen Evangelien (Matthäus, Markus und Lukas) enthalten das wichtigste Material, das Wissenschaftler bei der Suche nach dem historischen Jesus verwenden. Sie wurden wahrscheinlich innerhalb einer Generation nach Jesu Tod im Jahr 30 n.Chr. verfasst, als noch Augenzeugen seines Wirkens lebten. Die Schreiber waren entweder enge Weggefährten Jesu oder enge Mitarbeiter dieser Weggefährten. Lukas 1,1–4 deutet auf einen sorgfältigen historischen Entstehungsprozess hin. Die Gesamtgattung der Synoptiker ähnelt eher antiken Biographien als Romanen oder fiktiven Werken. Die Kulturen der jüdischen und römischen Welt des ersten Jahrhunderts waren Spezialisten der mündlichen Überlieferung. Sie kultivierten eine ausgeklügelte Gedächtniskunst, die es ermöglichte, Informationen mündlich weiterzugeben – sogar über lange Zeiträume – ohne sie zu verfälschen. Diese Technik bleibt bis in unsere heutige Welt weitgehend beispiellos.

„Scheinbare Widersprüche zwischen parallelen Berichten der Evangelien lassen sich in der Regel durch die historischen Konventionen der Zeit erklären.“
 

Die Unterschiede zwischen den Synoptikern entsprechen jener Flexibilität, mit der mündliche Geschichtenerzähler diese Informationen weitergaben, sowie den theologischen Besonderheiten und Schwerpunkten, die jeder Autor hervorheben wollte. Scheinbare Widersprüche zwischen parallelen Berichten der Evangelien lassen sich in der Regel durch die historischen Konventionen der Zeit erklären. In einer Welt, in der es keine Anführungszeichen gab, war es völlig akzeptabel, die Absicht einer anderen Person mit den eigenen Worten wiederzugeben, also etwa indirekt zu zitieren. Manchmal exzerpieren die Schreiber verschiedene Teile eines größeren Ganzen, manchmal verwenden sie unterschiedliche Genauigkeitsgrade, und sie ordnen ihr Material sowohl thematisch als auch chronologisch an.

Mindestens ein Dutzend außerbiblische Hinweise in nichtchristlichen (jüdischen, griechischen und römischen) Quellen aus den ersten Jahrhunderten der christlichen Ära (Flavius Josephus, Thallus, Sueton, Tacitus, Plinius der Jüngere, Mara Bar Serapion, Lukian von Samosata und mehrere Traktate des Talmud) bestätigen die Hauptaussagen der Synoptiker: Jesu uneheliche Geburt, sein Wirken im Kontext von Johannes dem Täufer, die Existenz seines Bruders Jakobus, die Berufung der Jünger, von denen fünf namentlich genannt werden, sein Konflikt mit den jüdischen Führern bei der Auslegung des Gesetzes, seine „wundersamen Taten“ und seine Einstufung als „Zauberer, der Israel in die Irre führte“. Wir erfahren, dass er unter Pontius Pilatus (also zwischen 26 und 36 n.Chr.) gekreuzigt wurde, dass seine Anhänger ihn für den Messias hielten und glaubten, er sei auferstanden, und dass sein Tod diesem Glauben kein Ende bereitete. Stattdessen begannen seine Anhänger recht schnell, sich zu versammeln und ihm Loblieder zu singen, als sei er Gott.

Die Historizität des Johannesevangeliums

Ein großer Teil des Johannesevangeliums enthält andere, aber nicht widersprüchliche Informationen als die der Synoptiker. Während Matthäus und Lukas höchstwahrscheinlich die Schriften von Markus kannten, benutzten und ergänzten, scheint es keine literarische Beziehung zwischen Johannes und einem der Synoptiker zu geben. Dieses vierte Evangelium wurde höchstwahrscheinlich eine Generation später (eher in den 90er- als in den 60er-Jahren) von einem der engsten Anhänger Jesu geschrieben. Er schrieb in seiner eigenen Sprache, beeinflusst durch die lebenslange Predigttätigkeit über Jesus, und wählte Informationen aus, die zuvor nicht schriftlich festgehalten worden waren. All dies geschah für eine Gemeinschaft von Christen in und um Ephesus. Die Gläubigen dort hatten mit einer doppelten Herausforderung zu kämpfen: Die feindseligen örtlichen Synagogen schlossen zunehmend Mitglieder aus, die sich zu Jesus bekannten. Zudem war die synkretistisch-griechische „christliche“ Bewegung auf dem Vormarsch. Die Gnostiker leugneten die reale physische Natur Jesu.

Nur bei Johannes erfahren wir zum Beispiel etwas über das etwa dreijährige Wirken Jesu, weil mehrere seiner Reisen nach Jerusalem zu Festzeiten beschrieben werden und sich datieren lassen. Johannes tut dies jedoch nicht, um uns dabei zu helfen, eine Chronologie des Lebens Jesu zu rekonstruieren. Seine theologische Überzeugung war, dass die Lehre Jesu bei diesen Gelegenheiten zeigte, dass er die Erfüllung der wahren Bedeutung der verschiedenen jüdischen Feste war. Was wir über die Chronologie des Lebens Jesu erfahren, ergibt sich zufällig; solche Details sind also vielmehr nicht erfunden, sondern treffen exakt zu. Auch geographische und topographische Hinweise kommen bei Johannes häufiger vor. Sie wurden durch archäologische Funde immer wieder bestätigt (z.B. die Teiche von Bethesda und Siloah, der Jakobsbrunnen, Gabbata, Bethanien, usw.). Sogar der auffallend andere Stil und Inhalt der Lehre Jesu bei Johannes taucht gelegentlich bei den Synoptikern auf (nirgendwo dramatischer als in Matthäus 11,27 oder Lukas 10,22) und auf jeder Seite des vierten Evangeliums tauchen begriffliche Parallelen zu den anderen Evangelien auf.

Die Historizität der Apostelgeschichte

Das Neue Testament enthält nur ein einziges Buch mit der Gattung oder dem Inhalt der Apostelgeschichte. Es handelt sich um ein theologisch reiches und literarisch ausgefeiltes Geschichtswerk. Die Zahl der Personen und Orte, die in diesem selektiven Bericht über Schlüsselereignisse in der ersten Generation der Kirchengeschichte bestätigt wurden, ist überwältigend. In nichtchristlichen Werken erfahren wir von Hannas, Claudius, Gamaliel, Kaiphas, Jakobus, Gallio, Agrippa I und II, Sergius Paulus, Felix, Drusilla, Festus, Bernice und anderen. Jede Stadt und jeder Ort, der ausgegraben wurde, entspricht nachweislich den Beschreibungen der Apostelgeschichte, inklusive der genannten Synagogen, den Theatern, der Stoa, den Häfen, Straßen, Flüssen und vielem mehr.

Besonders bedeutsam ist, wie Lukas die Namen der Herrscher in den verschiedenen Orten richtig wiedergibt, zumal diese in einigen Fällen in einer bestimmten Region oder von einer Zeitperiode zur nächsten sehr unterschiedlich waren. Dazu gehören der Sanhedrin, das italienische Regiment, die Tetrarchen, die Prokonsuln, die Magistrate, die Politarchen, der Areopag, der Stadtschreiber und der „Hauptmann“ (auf der Insel Malta). Allein die Tatsache, dass man die Apostelgeschichte mit den eher bruchstückhaften und manchmal beiläufigen Anspielungen auf das Leben Paulus’ in seinen Briefen verknüpfen kann, hebt die Apostelgeschichte von historischen Romanen (modernen wie antiken) ab. Die Tatsache, dass man eine plausible, detaillierte Chronologie der in der Apostelgeschichte geschilderten Ereignisse erstellen kann, besonders im Vergleich mit den Briefen von Paulus, und seine Missionsreisen als kohärente und sinnvolle Reisen darstellen kann, spricht ebenfalls für die Historizität der Apostelgeschichte.

Autorschaft der neutestamentlichen Briefe

Eine wichtige Frage bei den neutestamentlichen Briefen ist, ob sie wirklich von den Personen verfasst wurden, denen sie zugeschrieben werden. Fast alle Gelehrten sind sich einig, dass Römer, 1. und 2. Korinther, Galater, Philipper, 1. Thessalonicher und Philemon wirklich von Paulus stammen. Ein gewisser Zweifel besteht bei Kolosser, 2. Thessalonicher und Epheser, die größte Skepsis bei den Pastoralbriefen (Briefe an Timotheus und Titus). Doch es lassen sich gute Argumente dafür anführen, dass Paulus jeden dieser Briefe geschrieben hat. Die Kritik an 2. Thessalonicher und Epheser konzentriert sich stark darauf, dass die beiden Briefe 1. Thessalonicher bzw. Kolosser zu ähnlich seien, während der Stil der Pastoralbriefe von den unbestrittenen Paulusbriefen zu stark abweiche. Die Tatsache, dass Paulus Schreiber (Röm 16,22) und mögliche Mitverfasser eingesetzt hat (man beachte die Personen, die neben Paulus in den ersten Versen des 1. und 2. Korintherbriefs, des Kolosserbriefs und des 1. und 2. Thessalonicherbriefs erwähnt werden), muss ebenfalls berücksichtigt werden. Vor allem dann, wenn man bedenkt, dass Schreiber manchmal die Freiheit hatten, die Gedanken ihrer Auftraggeber in ihrem eigenen Stil niederzuschreiben.

Welche Briefe wurden von Paulus verfasst?

Ein interessanter Aspekt der Paulusbriefe, die in den 50er-Jahren verfasst wurden (Römer, 1. Korinther und 1. Thessalonicher), sind seine Zitate und Anspielungen auf die Lehren Jesu. Er kann diese nicht einfach durch das Lesen eines Evangeliums erhalten haben, da noch keines geschrieben worden war. Diese Hinweise zeigen, dass eine zuverlässige mündliche Überlieferung der Lehren Jesu im Umlauf war. Die Themen reichten von Ehescheidung und Wiederheirat (vgl. 1Kor 7,10 mit Mt 19,9) über die Annahme von Geld für den Dienst (vgl. 1Kor 9,14 mit Lk 10,7), die Einsetzungsworte beim letzten Abendmahl (vgl. 1Kor 11,23–25 mit Lk 22,19–20), die Wiederkunft Christi (vgl. 1Thess 5,2–4 mit Mt 24,42–44) bis zur Nichtvergeltung und Feindesliebe (vgl. Röm 12,17–20 mit Lk 6,27b–28a), um nur einige Beispiele zu nennen. In anderen Fällen sind die Parallelen zwischen Paulus und Jesus eher konzeptueller als wörtlicher Natur, aber immer noch nahe genug, um den Ansatz zu widerlegen, dass Paulus der wahre Begründer des Christentums war und die Botschaft Jesu wesentlich entstellte. Beispiele dafür sind Paulus’ Betonung der Rechtfertigung durch den Glauben (vgl. Röm 3,21–25 und Gal 2,15–21) im Vergleich zu Jesu Gleichnis vom Pharisäer und Zöllner (vgl. Lk 18,9–14), die Liebe als Erfüllung des Gesetzes (vgl. Gal 5,14 mit Mt 22,37–40) und die gegenkulturelle Bejahung von Frauen in verschiedenen Rollen, die normalerweise Männern vorbehalten waren (vgl. Lk 10,38–42 mit Röm 16,1.7).

Wer schrieb den Hebräerbrief?

Die Schriften vom Hebräerbrief bis zur Offenbarung werfen nicht so viele Probleme auf, obwohl die Frage der pseudonymen Autorenschaft immer wieder auftaucht. Nichtsdestotrotz kann auch hier ein gutes Argument dafür angeführt werden, dass sowohl Jakobus als auch Judas tatsächlich von Halbbrüdern Jesu geschrieben wurden, vielleicht schon in den späten 40er-Jahren und spätestens in den 60er-Jahren. Der Jakobusbrief ist voller Anspielungen auf die Lehren Jesu, vor allem auf die Bergpredigt, die Jakobus vermutlich niederschrieb, bevor er selbst etwas darüber in den Evangelien lesen konnte. Der Hebräerbrief ist in allen frühen Manuskripten anonym, und die frühe Kirche diskutierte darüber, ob er Paulus oder einem seiner Mitarbeiter zugeschrieben werden sollte. Die offensichtlichen Anspielungen auf die Vertreibung der Juden aus Rom im Jahr 49 (vgl. Hebr 10,34) und die Tatsache, dass noch keiner der römischen Christen den Märtyrertod erlitten hatte (vgl. Hebr 12,4) – was nur bis zum Jahr 64 der Fall war – deuten darauf hin, dass der Hebräerbrief zwischen diesen Jahren datiert werden sollte.

Wer schrieb für Petrus?

1. und 2. Petrus unterscheiden sich in Stil und Inhalt drastisch voneinander, was viele zu der Annahme veranlasst, dass der zweite dieser Briefe von jemand anderem als Petrus in einem anderen Kontext und zu einem viel späteren Zeitpunkt stammt. Für das geschliffene Griechisch des ersten Petrusbriefs könnte jedoch ein Schreiber verantwortlich sein, während der zweite Petrusbrief offenbar absichtlich in einem blumigen, asiatischen Stil verfasst wurde, um rhetorischen Nachdruck zu erzeugen. Alternativ könnte 2. Petrus 1,15 darauf hindeuten, dass dieser Brief posthum von einem der Jünger Petrus’ fertiggestellt wurde.

Welcher Johannes?

Der erste Johannesbrief ist völlig anonym, während der zweite und dritte Johannesbrief einfach „dem Ältesten“ zugeschrieben werden, aber Stil und Inhalt sind sehr ähnlich. Die Offenbarung wird einem Propheten namens Johannes zugeschrieben (vgl. Offb 1,1.4.9; 22,8) und trotz der Unterschiede, die sich hauptsächlich auf den Inhalt und die Gattung beziehen, ähnelt sie im Stil mehr den anderen Schriften, die die frühe Kirche Johannes zuschrieb, als allen anderen uns bekannten Dokumenten. Dass es sich um Johannes, den Sohn des Zebedäus und Jünger Jesu mit diesem Namen, handelt, ist nach wie vor sehr plausibel.

Bücher, die nicht zum Kanon des Neuen Testaments gehören

Andere Fragen betreffen das gesamte Neue Testament und nicht nur ein einzelnes Buch oder einen Abschnitt. Warum unterscheidet man die siebenundzwanzig kanonischen Bücher von der gnostischen Literatur oder von den sogenannten neutestamentlichen Apokryphen? Die frühchristlichen Diskussionen lassen folgende Hauptkriterien vermuten:

  • Apostolizität: Bücher, die von den Aposteln oder ihren engen Mitarbeitern stammen, also Werke aus dem 1. Jahrhundert
  • Orthodoxie: Bücher, die die Geschichte der israelitischen Schriften fortführen, in sich stimmig sind und mit der frühesten bekannten apostolischen Lehre übereinstimmen
  • Katholizität: Bücher, die weithin als maßgeblich und relevant akzeptiert und nicht nur auf einen Ort oder eine Sekte innerhalb des entstehenden Christentums beschränkt sind
  • Inspiration: Bücher, die Wahrheit widerhallen und vom Heiligen Geist zur Erbauung der Gemeinde eingesetzt werden

Der letzte Punkt ist zweifellos am meisten subjektiv, aber die ersten drei grenzen den Kanon ziemlich deutlich von anderen konkurrierenden Werken ab. In einem Großteil der gnostischen Literatur geht es darum, dass Jesus nach seiner Auferstehung ausgewählten Anhängern geheime, esoterische Lehren erteilt, die sich oft mit der Kosmologie des Universums befassen. Diese haben kaum Ähnlichkeit mit den Themen, die in den kanonischen Texten besprochen werden. Sie weisen auch nicht die zusammenhängende Erzählform auf, die die neutestamentlichen Evangelien kennzeichnet. Ein Großteil der Apokryphen füllt vermeintliche Lücken in den kanonischen Berichten über das Leben Jesu und das Wirken der Apostel mit eindeutig mystischen Informationen aus Heiligenlegenden.

Die Überlieferung der neutestamentlichen Handschriften

Wie sieht es mit der Überlieferung des Textes des Neuen Testaments aus? Ist sie vertrauenswürdig, wenn Wissenschaftler darauf hinweisen, dass es in den 25.000 fragmentarischen, teilweisen oder vollständigen Kopien dieser Texte in Griechisch und anderen alten Sprachen aus mehr als dreizehn Jahrhunderten vor der Erfindung des Buchdrucks bis zu 400.000 Textvarianten geben könnte? Im Durchschnitt gibt es also nur 16 eindeutige Varianten pro Manuskript. Bei der überwiegenden Mehrheit der Abweichungen geht es um die Schreibweise von Wörtern, die Verwendung oder Nichtverwendung eines Artikels, einer Konjunktion oder einer Partikel oder leichte Abweichungen in der Syntax. Der Großteil davon stammt aus den letzten Jahrhunderten, als Texte von Hand abgeschrieben wurden. Aber nur etwa 1.500 Abweichungen sind es wert, in die Fußnoten des Greek New Testament der United Bible Societies (UBS) aufgenommen zu werden, während typische Übersetzungen oft nur etwa 300–400 Abweichungen in ihren Fußnoten erwähnen. Der Leser erkennt darin schnell, dass nur sehr wenige davon wichtige Bedeutungsunterschiede betreffen. Die einzigen beiden Stellen, die mehr als einen oder zwei Verse betreffen, sind Markus 16,9–20 und Johannes 7,53–8,11, und es scheint klar zu sein, dass diese den Evangelien, die sie jetzt enthalten, später hinzugefügt wurden. Am wichtigsten ist, dass keine Lehre des Christentums nur von einem Vers oder mehreren umstrittenen Textstellen abhängig ist.

Und die Wunder?

Aber können wir an Dokumente glauben, die so reich an Wundern sind wie das Neue Testament? Wenn man von vornherein eine anti-übernatürliche Weltanschauung postuliert, dann nicht. Doch Voreingenommenheit und historische Forschung passen nicht zusammen. Die Behauptung, dass natürliche Erklärungen immer wahrscheinlicher sind, auch wenn man übernatürliche Erklärungen nicht von vornherein ausschließt, ist selbst eine Überzeugung, die sich empirisch nicht nachweisen lässt. Diese Haltung setzt die Rolle vertrauenswürdiger Zeugnisse als Grundlage der Geschichtsschreibung in unzulässiger Weise herab. Sie steht auch im Widerspruch zu vielen Erfahrungen in der heutigen Zeit, bei denen ganz gewöhnliche Menschen auf der ganzen Welt Zeugen von Gottes übermächtigem Eingreifen wurden (z.B. bei spontanen Heilungen), nachdem sie gebetet hatten.

Behauptungen über Wunder sollten weder a priori abgeschrieben noch unkritisch akzeptiert werden; sie sollten, wie alle anderen historischen Behauptungen, geprüft werden. Was die Wunder des Neuen Testaments von den Berichten in vielen anderen Texten unterscheidet, ist ihre konsequente Verknüpfung mit der Ankunft oder dem Antritt der Herrschaft Gottes in der Person Jesu und der von ihm begonnenen Bewegung (vgl. Mt 12,28; Lk 11,20). Behauptungen über Ähnlichkeiten mit anderen antiken Wundergeschichten erweisen sich bei genauerer Betrachtung als falsch. Denn die engsten Parallelen sind alle nachchristlich – zu spät, um die Verfasser des Neuen Testaments beeinflusst zu haben. Teilweise ähnliche vorchristliche Parallelen beziehen sich in der Regel auf Götter oder Göttinnen oder Helden aus einer düsteren mythischen Vergangenheit. Diese Erzählungen sind aber nicht mit Menschen aus der jüngsten Vergangenheit verbunden, von denen bekannt ist, dass sie ein reales menschliches Leben geführt haben. Dies gilt insbesondere für die Auferstehung Jesu, das spektakulärste und bedeutendste der grundlegenden christlichen Wunder.

Alles in allem sind die Beweise für die Zuverlässigkeit des Neuen Testaments ausreichend, um den christlichen Glauben zu untermauern, auch wenn sie nicht so überwältigend sind, dass sie einen zum Glauben zwingen.

Literaturhinweise

  • Blomberg, Craig L., The Historical Reliability of the New Testament, Nashville: B & H, 2016.
  • Blomberg, Craig L., Die historische Zuverlässigkeit der Evangelien, Nürnberg: VTR, 1998.
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  • Kruger, Michael J., Canon Revisited: Establishing the Origins and Authority of the New Testament Books, Wheaton: Crossway, 2012.
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