Was gehört zur Vorbereitung auf den Dienst als Pastor?

Artikel von Joshua Chatman
16. Dezember 2024 — 4 Min Lesedauer

Es wäre dumm (im schlimmsten Fall sogar tödlich), wenn du versuchst, einen Marathon zu laufen, ohne dich vorher durch ein entsprechendes Training darauf vorzubereiten. Deine Psyche, deine Beine und deine Lungen sind von ihrer natürlichen Konstitution her nicht darauf angelegt, eine so lange Strecke zu meistern.

Den Pastorendienst ohne eine angemessene Ausbildung anzustreben oder auszuüben, würde dir und anderen noch viel mehr schaden.

Ein theologisches Seminar kann Teil einer solchen Ausbildung sein. Es gibt allerdings zwei weitere Aspekte, die zu einer guten Ausbildung gehören, und die sogar noch wichtiger sind als ein Seminarabschluss: Mitgliedschaft in einer Gemeinde und das Vorbild treuer Pastoren.

Vielleicht denkst du jetzt, dass das doch selbstverständlich ist – es soll aber an dieser Stelle trotzdem noch einmal gesagt und bekräftigt werden. Die Art der Vorbereitung, die sich aus einer Gemeindemitgliedschaft und dem Vorbild treuer Pastoren ergibt, ist für den Dienst von unschätzbarem und unersetzlichem Wert.

Werde Mitglied einer Ortsgemeinde

Das Neue Testament ist eindeutig: Sich mit Christus zu identifizieren, heißt immer auch, sich mit seinem Volk zu identifizieren (vgl. Mt 16,18; Apg 2,47; Hebr 10,24–25). Die Gemeinde ist die Familie Gottes, die Gemeinschaft des Neuen Bundes. Strebt man innerhalb dieser Familie eine Führungsrolle an, muss man sich der Familie zunächst einmal formal anschließen, was durch die Gemeindemitgliedschaft passiert.

„In der Gemeinde lernst du sehr viele Dinge, die deinen späteren Leitungsstil prägen und formen werden.“
 

Dass einer Leitungsfunktion eine Mitgliedschaft vorausgeht, sagt einem schon der gesunde Menschenverstand. Wenn du dich einer Gemeinde nicht als Mitglied anschließt, kannst du nur Vermutungen darüber anstellen, wie die Ortsgemeinde als Leib Christi funktioniert und lebt. In der Gemeinde lernst du sehr viele Dinge, die deinen späteren Leitungsstil prägen und formen werden.

Als Gemeindemitglieder erleben angehende Pastoren, wie sich die Gemeinde mit den Freuenden freut und mit den Weinenden weint (vgl. Röm 12,15). Sie lernen, sich zu demütigen und ihren Leitern und anderen Mitgliedern zu unterordnen (vgl. Hebr 13,17; Eph 5,19). Sie sehen, was es heißt, an der Erfüllung des Missionsbefehls zu arbeiten.

Mitglied einer Gemeinde zu werden, ist auch deshalb wichtig, weil sich leitende Brüder – bevor sie ihren Pastorendienst beginnen – als vorbildliche Mitglieder ausgezeichnet haben sollten. Ein Pastor ist mehr als ein Gemeindemitglied, aber nicht weniger. Die Qualifikationen eines Ältesten setzen voraus, dass er ein vorbildliches Mitglied ist, bevor er als Ältester eingesetzt wird (vgl. 1Tim 3,1–7).

Angehende Pastoren müssen also die Arbeit eines Pastors tun, lange bevor sie selbst Pastoren werden. Sie müssen sich um die Reife ihrer Gemeinde bemühen, ihren Brüdern und Schwestern dienen (vgl. Röm 12,9–11; 1Petr 4,9–11), sich um die Belange anderer kümmern (vgl. Phil 2,1–5), in Liebe die Wahrheit sagen (vgl. Eph 4,15–16), Lasten tragen (vgl. Gal 6,2), eifrig die Einheit bewahren (vgl. Eph 4,1–3), verirrte und strauchelnde Schafe ermutigen (vgl. Hebr 3,12–13) und ihre Versammlung nicht verlassen (vgl. Hebr 10,24–25).

Je länger man ein treues Mitglied einer Gemeinde ist, desto besser ist man auf den Dienst als Pastor vorbereitet.

Folge dem Vorbild treuer Pastoren

Die Bibel fordert Gemeindeglieder dazu auf, dem Beispiel ihrer Pastoren zu folgen (vgl. Hebr 13,7). Dem Vorbild treuer Pastoren zu folgen, heißt, von denen zu lernen, die dir schon weit voraus sind. Außerdem erhältst du einen Einblick in die Arbeit, die dir bevorsteht, was dich vor romantischen Vorstellungen über den Pastorendienst bewahrt – wie zum Beispiel die Annahme, dieser bestehe nur aus Predigtvorbereitungen, oder die Vorstellung, Pastoren seien geistliche Geschäftsführer. Ein gutes Vorbild wird diese falschen Annahmen schnell entlarven und korrigieren.

„Ein gutes Vorbild wird diese falschen Annahmen schnell entlarven und korrigieren.“
 

Beim Theater sorgt der Regisseur dafür, dass für die Hauptfigur ein Ersatz da ist, eine Person, die bei Bedarf einspringen kann. Diese Zweitbesetzung beobachtet die Hauptfigur, lernt ihren Text, verfolgt ihre Bewegungen und stellt Fragen. Je mehr die Zweitbesetzung beobachtet, desto besser ist sie vorbereitet.

Indem sie Zeit mit treuen Pastoren verbringen, lernen angehenden Pastoren, wie man Predigten vorbereitet, für Gemeindemitglieder betet, die Heiligen für die Arbeit des Dienstes ausrüstet, sich um strauchelnde Schafe kümmert, verirrten Schafe hinterhergeht, Hochzeiten und Beerdigungen durchführt, Ältestenversammlungen leitet und vieles mehr. Diese Möglichkeiten sind von unschätzbarem Wert und stehen jedem zur Verfügung, der sie nutzen möchte. Man erlebt in Echtzeit, was man in Büchern liest – und das zahlt sich auf lange Sicht aus.

In der Erziehung sagt man oft, dass Kinder mehr durch das Vorbild als durch Worte lernen – und das trifft auch auf den Pastorendienst zu. Paulus konnte über den Charakter und die Kompetenzen seines Mitarbeiters Timotheus deshalb so lobend sprechen, weil dieser viel Zeit damit verbrachte hatte, Paulus nachzufolgen und an seiner Seite zu dienen (vgl. 1Thess 3,1–6; Phil 2,19–22, 1Tim 1,3–4; 2Tim 3,10–11).

Wenn du bei einem Marathon zehn, fünfzehn und zwanzig Kilometer geschafft hast, weißt du, was zu tun ist, weil du (wenn du weise warst) dafür trainiert hat. Die Erfahrungen, die du durch eine Gemeindemitgliedschaft und die mit treuen Pastoren verbrachte Zeit sammelst, werden dir dabei helfen, bis zur Ziellinie durchzuhalten.