Warum man die Psalmen beten sollte

Artikel von Donald S. Whitney
9. Juni 2016 — 6 Min Lesedauer

Auch wenn es solche Menschen geben mag: Ich habe noch keinen Christen getroffen, der nicht von Zeit zu Zeit mit seinem Gebetsleben zu kämpfen hatte, weil er sich dabei ertappt hat, immer wieder dieselben alten Worten für dieselben alten Themen zu gebrauchen. Solch eine monotone Art zu beten wird schnell langweilig. Und wenn beten langweilig wird, fällt es schwer, innig und leidenschaftlich mit Gott zu reden.

„Wenn beten langweilig wird, fällt es schwer, innig und leidenschaftlich mit Gott zu reden.“
 

Kern des Problems ist dabei nicht, dass wir mit Gott über Altbekanntes sprechen. Dass die Themen dieselben bleiben, ist eigentlich normal, denn uns bewegen in der Regel immer wieder dieselben Dinge. Gott sei Dank gibt es Konstanten in unserem Leben, wie Familie, Gemeinde und Beruf, die sich nur selten dramatisch verändern. Was uns das Beten wirklich schwer macht, ist unsere Wortwahl: Phrasenhaft wiederholen wir uns, wenn wir vor Gott kommen. Solche Gebete ohne Abwechslung verlieren irgendwann jegliche Bedeutung.

Versager oder falsche Methode?

Oft fühlen wir uns dann beim Beten wie Versager. Wir halten uns für Christen zweiter Klasse, weil unsere Gedanken so schnell abdriften – obwohl wir uns Christus doch wirklich hingeben wollen, obwohl wir Gott lieben und uns nach einem tiefen Gebetsleben sehnen! Aber was wäre, wenn nicht wir das Problem wären, sondern unsere Methode?

Ich glaube, die einfachste, effektivste und biblischste Lösung für dieses Problem ist, damit aufzuhören, sich ständig eigene Gebete auszudenken, die letztlich in floskelhaften Wiederholungen enden. Stattdessen sollten wir durch die Bibel beten. Konkret heißt das, mit Gott über die Dinge zu reden, die uns in den Sinn kommen, wenn wir sein Wort lesen. Du könntest zunächst einen Abschnitt lesen und dann an den Anfang zurückgehen, um erneut betend durch die gerade gelesenen Zeilen zu gehen. Hättest du heute in deiner Stillen Zeit beispielsweise Psalm 23 gelesen, dann würdest du im Anschluss zurück zu Vers 1 gehen und die Dinge beten, die dir einfallen, wenn du „Der Herr ist mein Hirte“ liest.

Du könntest Gott dafür danken, dass er dein Hirte ist. Du könntest ihn in einer anstehenden Entscheidung um seine Führung bitten. Du könntest ihn anflehen, dass auch deine Kinder ihn als ihren Hirten lieben lernen. Und du könntest vieles mehr beten, was dir beim Nachdenken über diesen Vers in den Sinn kommt. Wenn dir nichts mehr einfällt, mache beim nächsten Vers weiter: „Mir wird nichts mangeln.“ Und so gehst du Vers für Vers durch den ganzen Psalm – bis dir die Zeit ausgeht. Wenn du so betest, wirst du bemerken, dass du nicht mehr dieselben alten Phrasen für die altbekannten Themen gebrauchst.

Gebete für jede Gefühlslage

„Gott hat die Psalmen durch seinen Geist als Lieder gegeben, die in besonderer Weise zum Gebet dienen.“
 

Obwohl du grundsätzlich durch jeden Abschnitt der Bibel beten kannst, eignen sich manche Bücher und Kapitel besser als andere. Im Großen und Ganzen halte ich die Psalmen für das bestgeeignete Buch, um durch Gottes Wort zu beten. Das liegt zum einen daran, dass die Psalmen das einzige Buch der Bibel sind, dessen Worte Gott ausdrücklich zu dem Zweck gegeben hat, sie wieder an ihn zu richten. Gott hat sie durch seinen Geist als Lieder gegeben, die in besonderer Weise zum Gebet dienen – alleine oder in der Gruppe. Zum anderen eignen sich die Psalmen gut, weil es für jede Gefühlslage einen passenden Psalm gibt. Egal was du erlebst, du wirst deine innersten Gefühle in einem oder auch in mehreren Psalmen ausgedrückt finden. Die Psalmen bringen das auf den Punkt, was in unseren Herzen nach Worten verlangt.

Wie kannst du ganz konkret vom Beten der Psalmen profitieren?

1. Du betest mit größerem Vertrauen in die Heilige Schrift.
Die Bibel wird dich in deinen Gebeten leiten. Gottes Wort selbst wird dir helfen, mehr mit Worten zu beten, die direkt aus Gottes Geist und Herzen kommen. Das heißt auch, dass du eher gemäß dem Willen Gottes beten wirst. Kannst du eine größere Gewissheit haben, gemäß dem Willen Gottes zu beten, als wenn du mit seinen eigenen Worten betest?

2. Die Langeweile muss weichen!
Die Langeweile verschwindet zum Beispiel dadurch, dass die Psalmen dich dazu herausfordern, für Dinge zu beten, für die du normalerweise nicht beten würdest. Du wirst feststellen, dass du plötzlich für Menschen und Umstände betest, an die du beim Schreiben deiner Gebetsliste niemals gedacht hättest. Und auch wenn du weiterhin für dieselben Dinge wie Familie, Gemeinde und Beruf betest: Du wirst es auf eine neue Weise tun. Statt zu sagen: „Herr, bitte segne meine Familie“, könntest du beispielsweise mit Psalm 3,3 spezifischer beten: „Herr, bitte sei heute ein Schutzschild für meine Familie.“

3. Dein Gebet ist stärker auf Gott ausgerichtet.
Die Psalmen richten deinen Blick auf Gott. Wenn du dich in deinen Gebeten von Gottes Wort leiten lässt, wirst du weniger selbstsüchtig beten, mit größerer Aufmerksamkeit für Gottes Wege, seinen Willen und seine Eigenschaften. Im Gebet geht es weniger darum, was Gott für dich tun soll – obwohl das immer ein Teil des biblischen Gebets ist – und mehr um die Anliegen Gottes und seines Reiches.

4. Dein Gebet ist fokussierter.
Betest du jeden Tag dieselben alten Phrasen, können deine Gedanken schnell abdriften. Du sprichst Gebete im Autopilot-Modus, ohne darüber nachzudenken, was du da eigentlich sagst und zu wem (zu Gott selbst!). Doch wenn du durch die Bibel betest, hilft dir das Wort Gottes selbst, fokussiert zu bleiben. Beginnen deine Gedanken abzudriften, weißt du, wo du wieder einsetzen kannst: beim nächsten Vers.

5. Dein Gebet wird mehr und mehr zu einem echten Gespräch mit Gott.
Sollte Gebet nicht genau das sein? Ein Gespräch mit einer Person, nämlich Gott selbst. Gebet ist kein Selbstgespräch. Doch viele scheinen genau das zu denken: Wenn sie vor Gott kommen, dann soll er die ganze Zeit schweigen und sie selbst reden ohne Punkt und Komma.

„Er spricht durch die Bibel zu uns und wir antworten mit unserem Gebet.“
 

Beten wir dagegen durch die Psalmen, verwandeln sich unsere Monologe in echte Gespräche mit Gott! Dabei denke ich nicht an geistliche Eindrücke oder eine innere Stimme, durch die Gott scheinbar Dinge zu uns sagt – ich bin gegen solche mystischen Vorstellungen! Nein, ich meine, dass Gott sein Wort – die Bibel – gebraucht, um mit uns ins Gespräch zu kommen. Er spricht durch die Bibel zu uns und wir antworten mit unserem Gebet.

Du würdest das gerne selbst erleben? Warum nicht jetzt gleich?
Schlage einen Psalm auf, lies, was Gott dort sagt und spreche mit ihm über sein Wort!