Ich habe abgetrieben

– Kann mir vergeben werden?

Artikel von R.C. Sproul
15. Februar 2018 — 3 Min Lesedauer

Da die Bibel von einer Sünde spricht, die nicht vergeben werden kann, ist oft spekuliert worden, worum es sich dabei handelt. Manche Menschen haben geschlossen, dass Abtreibung eine unverzeihliche Sünde sei, weil Mord eine der schrecklichsten Sünden ist und Abtreibung eine Form von Mord. Ist das ein berechtigter Schluss in Bezug auf die Sünde, die nicht vergeben werden kann? Nein.

Ohne in die theologischen Feinheiten zu tief einzusteigen, möchte ich kategorisch sagen, dass es kein biblisches Indiz gibt, welches diese Vorstellung unterstützt, und es gibt dagegen beträchtliche Indizien, die leugnen, dass Abtreibung die unverzeihliche Sünde ist.

König David machte sich des Mordes schuldig; zu seinem persönlichen Vorteil heckte er einen Plan aus, Urija umzubringen. David wollte Urijas Frau Bathseba heiraten. Davids Reue über seine Sünde ist ein Vorbild für biblische Zerknirschung. Sein Bußgebet in Psalm 51 ist ein Klassiker. Wir haben jeden Grund zu glauben, dass David, selbst nach der Doppelsünde von Ehebruch und Mord, Vergebung erlangte und erneute Gemeinschaft mit Gott. Es gibt nicht weniger Grund zu glauben, dass diejenigen, die eine Abtreibung machen, auch Vergebung erlangen können.

Um die tiefgehende Befreiung der Vergebung zu erfahren, muss man einfach zu Gott kommen und seine Sünde mit einem demütigen und zerknirschten Herzen bekennen. Zerknirschung umfasst echte und gottesfürchtige Trauer darum, dass man Gott ungehorsam war. Sie unterscheidet sich von falscher Reue dadurch, dass die falsche Form der Buße von Angst vor Strafe angetrieben ist. Falsche Reue sieht man bei einem Kind, dass sich vor der Bestrafung seiner Eltern fürchtet, nachdem es mit der Hand in der Süßigkeitenschublade erwischt wurde. Wahre Buße erkennt die Wirklichkeit der Schuld an und versucht nicht, sich zu rechtfertigen. Jeder, der zu Gott kommt in wahrer Demut, Zerknirschung und mit dem ernsten Vorsatz, die Sünde nicht noch einmal zu tun, wird gewisslich seine Vergebung empfangen.

Wir hören oft die Frage: „Wenn du die Möglichkeit hättest, dein Leben nochmal von vorn zu beginnen, was würdest du anders machen?“ Manche Leute antworten darauf, dass sie alles nochmal genauso machen würden. Das fällt mir schwer zu glauben. Jeder von uns hat Dinge in seiner Vergangenheit, für die er sich schämt. In meinem Fall sind das Dinge, die ich gesagt habe und wünschte, dass ich das nicht getan hätte. Aber wenn ein Wort einmal unsere Lippen verlässt, kann es nicht zurückgerufen werden. Es ist wie ein Pfeil, der von einem Bogen schießt. Ich kann meine Worte ändern oder dafür um Entschuldigung bitten, aber wenn sie einmal geäußert sind, können sie nicht ungeschehen gemacht werden. Was geschehen ist, kann nicht ungeschehen gemacht werden. Es ist ein Teil meiner Geschichte.

Obwohl das, was ich getan habe, nicht ungeschehen gemacht werden kann, kann mir doch vergeben werden. Vergebung ist eines der Wunderwerke der Gnade Gottes. Ihre Heilkräfte sind überwältigend. Wenn eine Frau eine Abtreibung gemacht hat, verlangt Gott nicht, dass sie für den Rest ihres Lebens mit einem roten „A“ auf ihrer Brust herumläuft. Er verlangt, dass sie für ihre Sünde Buße tut und zu ihm kommt für die Reinigung der Vergebung. Wenn Gott uns vergibt, dann ist uns vergeben. Wenn Gott uns reinigt, dann sind wir gereinigt. Das ist ein Grund zum ausgiebigen Feiern.

Kommt doch, wir wollen miteinander rechten! spricht der HERR. Wenn eure Sünden wie Scharlach sind, sollen sie weiß werden wie der Schnee; wenn sie rot sind wie Karmesin, sollen sie weiß wie Wolle werden. (Jes 1,18)