Warum man keinen Nichtchristen heiraten sollte

Artikel von Kathy Keller
22. Februar 2018 — 7 Min Lesedauer

Im Verlauf der Jahre unseres Dienstes war die pastorale Angelegenheit, mit der Tim und ich uns wahrscheinlich am häufigsten auseinandersetzen mussten, Ehen ­– entweder schon geschlossene oder beabsichtigte – zwischen Christen und Nichtchristen. Ich habe oft gedacht, dass es viel einfacher wäre, wenn ich mich aus dem Gespräch rausnehme und jemanden einlade, der schon mit einem Nichtchristen verheiratet ist, um mit Singles zu reden, die verzweifelt nach einem Schlupfloch suchen, das ihnen erlaubt jemanden zu heiraten, der ihren Glauben nicht teilt. Auf diese Weise könnte ich alle Bibelabschnitte überspringen, die Singles auffordern „im Herrn zu heiraten“ (1Kor 7,39) und „sich nicht unter ein ungleiches Joch zu beugen“ (2Kor 6,14) und das alttestamentliche Verbot einen Fremden zu heiraten, jemanden, der einen anderen Gott als den Gott Israels anbetet (vgl. 4Mo 12, als Mose eine Frau aus einem fremden Volk heiratet, die aber seinen Glauben teilt).

Man findet eine Fülle solcher Abschnitte, doch wenn jemand bereits seinem Herzen erlaubt hat, sich auf eine Person außerhalb seines Glaubens einzulassen, habe ich beobachten können, dass die Bibel bereits abgewertet wurde und nicht länger als die unverhandelbare Richtschnur für Glauben und Praxis gilt. Stattdessen werden Varianten der Frage der Schlange an Eva ­– „Hat Gott wirklich gesagt?“ – benutzt, so als ob dieser Fall eine Ausnahme sei, wenn man bedenkt wie sehr sie sich lieben, wie der Ungläubige in dieser Beziehung dem christlichen Glauben positiv gegenübersteht und sie Seelenverwandte sind, abgesehen eines gemeinsamen „Seelenglaubens“. Davon müde und ungeduldig geworden, bin ich versucht einfach nur mit den Fingern zu schnipsen und zu sagen: „Das wir nicht funktionieren, nicht langfristig. Die Ehe ist hart genug, selbst wenn zwei Gläubige, geistlich gesehen, in Harmonie stehen. Spar dir den Herzschmerz und finde dich damit ab.“ Doch solch eine Schroffheit an den Tag zu legen ist weder im Einklang mit der Güte Christi noch ist sie überzeugend.

Trauriger und Klüger

Wenn ich nur die traurigeren und klügeren Frauen – und Männer – die in einer ungleichen Ehe sind (entweder aus eigener Unvernunft oder weil er oder sie erst nach der Eheschließung zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist) mit den unbekümmert optimistischen Singles zusammenbringen könnte, die überzeugt sind, dass ihre Leidenschaft und Hingabe alle Hindernisse überwinden wird. Sogar das Hindernis des mutigen Ungehorsams wenden sie nicht auf ihre Situation an. Nur ein zehnminütiges Gespräch ­– eine Minute, wenn die Person es auf den Punkt bringt– wäre nötig. Die Worte einer Dame, die verheiratet war mit einem netten Mann, der nicht ihren Glauben teilte: „Wenn man denkt, dass man einsam ist, bevor man heiratet, ist das nichts im Vergleich zu dem, wie einsam man sein kann, NACHDEM man verheiratet ist!“ Das könnte der einzige wirklich effektive pastorale Ansatz sein: einen Mann oder eine Frau zu finden, die bereit sind, ehrlich über die Schwierigkeiten der Situation zu sprechen und sie einzuladen zu einem Seelsorgegespräch mit dem ungleichen Paar, das davor steht, einen großen Fehler zu begehen. Als eine Alternative wären einige kreative Filmemacher vielleicht bereit, durch das Land zu ziehen, Personen zu filmen, die mit dem Schmerz leben, mit einem Ungläubigen verheiratet zu sein, und 40 oder 50 Kurzvideos (weniger als fünf Minuten lang) aus erster Hand zusammenzuschneiden. Das gemeinsame Gewicht dieser Geschichten wiegte schwerer als eine Lektion aus zweiter Hand es je könnte.

Drei mögliche Ausgänge

Für den Moment erstmal Folgendes: Es gibt nur drei Wege, wie eine ungleiche Ehe ausgehen kann (und ich will „ungleich“ ausdehnen auf aufrichtige, brennende Christen, die einen Namenschristen oder jemanden heiraten wollen, der in der Erfahrung und in seinem Wachstum als Christ weit, weit hinter ihnen liegt):

1. Um mehr mit seinem Ehepartner zu harmonieren, muss der Christ Jesus an den Rand seines oder ihres Lebens drängen. Dieses schließt vielleicht nicht ein, den Glauben komplett abzulehnen, doch in Bereichen wie der Hingabe, der Gastfreundschaft gegenüber Gläubigen (Hauskreistreffen, jemanden in einer Notfallsituation zu beherbergen), Unterstützung der Mission, dem Zehnten, Kindererziehung, Gemeinschaft mit anderen Gläubigen – diese Dinge müssen geringgehalten oder vermieden werden, um den Hausfrieden zu wahren.

2. Alternativ, wenn der Gläubige in der Ehe an einem robusten christlichen Leben in der Praxis festhält, muss der nichtgläubige Partner sich kleinhalten. Wenn er oder sie nicht den Sinn des Bibelkreises und des Gebets oder von Missionseinsätzen oder Gastfreundschaft versteht, kann er oder sie nicht an der Seite des gläubigen Partners an diesen Aktivitäten teilnehmen. Die tiefe Einheit und Verbundenheit einer Ehe kann nicht aufblühen, wenn einer der Partner nicht ganz an den wichtigsten Verpflichtungen des anderen teilhaben kann.

3. So erfährt die Ehe Stress und bricht auseinander; oder sie erfährt Stress und bleibt zusammen, dadurch, dass eine Art Waffenstillstand erreicht wird, der beinhaltet, dass einer von beiden in einigen Bereichen kapituliert, was jedoch beide Seite einsam und unglücklich zurücklässt.

Klingt das nach einer Ehe, die du willst? Eine, die dein Wachstum in Christus erstickt oder das Wachstum von euch als Paar oder beides gleichzeitig? Denk an den Abschnitt aus 2. Korinther 6,14 über das „ungleiche Joch“, das du vielleicht für aus dem Kontext gerissen hältst. Die meisten von uns leben nicht mehr in einer Agrargesellschaft, doch versuch dir vorzustellen, was passierte, wenn ein Bauer auf zwei verschiedene Tiere ein Joch legen würde – sagen wir auf einen Ochsen und einen Esel. Das schwere hölzerne Joch, das für die Härte und Kraft eines Teams angelegt ist, wäre schief, da die Tiere unterschiedlich groß sind, unterschiedlich schwer sind, in unterschiedlicher Geschwindigkeit und Art gehen. Das Joch, anstatt die Kraft des Teams nutzbar zu machen, rieb und scheuerte beide Tiere, da die Last ungleich verteilt wäre. Eine ungleiche Ehe ist nicht nur unklug für Christen, sondern auch unfair für den Nichtchristen und wird für beide eine harte Prüfung werden.

Unsere Erfahrung

Vollständige Offenlegung: Einer unserer Söhne begann vor einigen Jahren Zeit mit einer säkularen Frau jüdischen Hintergrunds zu verbringen. Er hatte gehört, wie wir über Jahre hinweg über die Sorgen (und den Ungehorsam) gesprochen haben, mit einem Nichtchristen verheiratet zu sein, sodass er wusste, dass es keine Option war (etwas woran wir ihn sehr nachdrücklich erinnert haben). Trotzdem wuchs ihre Freundschaft und entwickelte sich zu mehr. Man muss unserem Sohn zugutehalten, dass er ihr sagte: „Ich darf dich nicht heiraten, es sei denn, du wirst Christin und du darfst nicht Christin werden, nur um mich zu heiraten. Ich werde im Gottesdienst zwar neben dir sitzen, aber wenn du es ernst meinst damit, das Christentum zu entdecken, musst du es selber tun – finde deine eigene Kleingruppe, lies Bücher, rede mit anderen Leuten darüber.“ Glücklicherweise ist sie eine Frau von großer Integrität und mit Verstand und fing an, sich selber mit den Wahrheitsansprüchen der Bibel zu beschäftigen. Als sie immer näher zum rettenden Glauben kam, fing unser Sohn – zu unserer Überraschung – an, in seinem Glauben zu wachsen, um mit ihr Schritt zu halten! Eines Tages sagte sie mir: „Ich denke, dass dein Sohn niemals hätte anfangen sollen, sich mit mir zu treffen!“ Sie kam zum Glauben und wurde getauft. Eine Woche später machte er ihr einen Antrag und sie sind nun seit zweieinhalb Jahren verheiratet, sie wachsen, sie haben Konflikte und sie tun Buße. (A.d.Ü. Der Artikel erschien 2012). Wir lieben sie beide und sind dankbar, dass sie sowohl Teil unserer Familie ist als auch Teil des Leibes Christi.

Ich erwähne diese persönliche Geschichte, weil so viele von unseren Freunden im Dienst einen ganz anderen Ausgang erlebt haben – Kinder, die außerhalb des Glaubens heiraten. Die Lektion daraus für mich ist, dass sogar in Häusern der Pastoren, in denen über Gott gelehrt und geredet wird und in denen die Kinder einen Blick darauf haben, wie ihre Eltern zerbrochene Ehen begleiten, Kinder mit Beziehungen spielen, die tiefer gehen können, als sie erwarten und in Ehen enden, die nicht immer ein glimpfliches Ende finden. Wenn das zutrifft auf Familien von christlichen Leitern, wie geht es dann wohl der Gemeindeherde damit? Wir müssen auf die Stimmen von Männern und Frauen hören, die in ungleichen Ehen stehen und zu ihrem Leid wissen, warum es nicht nur eine ungehorsame Entscheidung ist, sondern auch eine unkluge.


Wir empfehlen für ein intensives Studium der Frage den Artikel „Darf ein Christ einen Nichtchristen heiraten? Eine Biblische Theologie“ aus unserer Ressourcenbibliothek.