Für wen ist Christus gestorben?

Artikel von Daniel Hyde
13. Juni 2018 — 13 Min Lesedauer

„Denn du bist geschlachtet worden und hast uns für Gott erkauft mit deinem Blut aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen, und hast uns zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott, und wir werden herrschen auf Erden“ (Offb 5,9–10). Was für ein Lied. Was für ein Retter! Jesus Christus ist das Objekt unseres Lobpreises, weil wir die Objekte seines Leidens waren. Er gab sich selbst für uns und so geben wir uns selbst für ihn. Und wir sollten dieses Lied immer weiter zu diesem Retter singen, aus diesem Grund, für immer und ewig. Und wir werden es. Aber in dieser jetzigen Zeit gibt es Meinungsstreit. Nicht alle Christen glauben, dass Jesus intentionell und wirksam für sein Volk allein starb. Die große Frage ist, für wen ist Christus gestorben? Ich möchte mit dir untersuchen, wie dieses Lied der Heiligen im Himmel diese komplexe theologische Frage beantwortet.

Die biblischen Beschreibungen

Bemerke zwei Dinge, die in Offenbarung 5,9–10 beschrieben werden, die auch in vielen anderen Bibelstellen dargelegt werden. Erstens, die Bibel beschreibt Jesus Christus als sterbend, um jeden Aspekt unserer Errettung zu vollbringen. Die himmlischen Chöre preisen das Lamm. Und in ihrem Lobpreis sehen wir die Verbindung zwischen dem, was Christus tat – „Denn du bist geschlachtet worden und hast uns für Gott erkauft“ – und was er vollbracht hat – „du hast uns zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott“ – und was er in Zukunft vollbringen wird – „wir werden herrschen auf Erden“. Das ewige Lied sagt nicht bloß, dass Christus starb. Das Lied sagt auch nicht, dass Christus nur starb, um die Erlösung hypothetisch zu machen für alle, die sich entscheiden zu glauben, oder eine potentielle Erlösung für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind. Mit anderen Worten, dieses Lied sagt nicht aus, dass Jesus starb mit der Absicht, alle Menschen errettbar zu machen, aber nicht um irgendjemanden im Besonderen zu retten. Nein, der Grund für den Lobpreis ist, dass Jesus „Menschen für Gott erkauft hat“. Er bezahlte tatsächlich den Preis, um bestimmte Gefangene zu befreien. Jesus „machte sie zu Königen und Priestern für unseren Gott“. Jesu Tod vollbrachte definitiv etwas.

Es gibt noch verschiedene weitere Beschreibungen wie diese. Zum Beispiel wird Jesu Tod auf folgende Weise in der Schrift beschrieben:

  • Als Vollbringen des Gehorsams, den Gott von uns verlangte (Röm 5,19).
  • Als Vollbringen des Wegnehmens und Wegsendens unserer Sünde von Gottes Angesicht (Hebr 1,3; 9,14; 10,10.14).
  • Als Vollbringen von Sühne – das Abwenden von Gottes Gerechtigkeit und Zorn von uns (Röm 3,25).
  • Als Vollbringen von Versöhnung – das Zusammenbringen von Gott und uns in eine Beziehung von Frieden und Liebe (Röm 5,10).
  • Als Vollbringen von Erlösung – das Ausführen von uns aus der Knechtschaft der Sünde (Mt 20,28; Röm 3,24–25; 1Kor 1,30; Gal 3,13; Kol 1,13–14; Hebr 9,12; 1Petr 1,18–19).

Der zweite Aspekt bei der Beschreibung vom Tod Jesu Christi in Offenbarung 5,9–10 ist, dass er wirklich anstelle von bestimmten Personen starb. Lass mich das veranschaulichen. Es ist schwer für uns, die Verbindung zu ziehen zwischen dem, was vor Jahrzehnten am D-Day auf den Stränden der Normandie geschah und uns heute. Das heißt, uns fällt es schwer, zu denken, dass die Männer damals an unserer Stelle starben. Größtenteils kennen wir sie nicht und sie kennen uns nicht. Aber wenn jemand in unserem Leben sich vor ein Auto stellt, oder zwischen uns und ein Geschoss oder ins Feuer geht, um uns zu retten, ist es persönlich und mächtig. Das ist es, was Jesus tat. Er ist nicht eine abstrakte Person, der für eine abstrakte, gesichtslose Menschenmasse starb, die er nicht persönlich und individuell kannte. Nein, er starb persönlich für jeden einzelnen, den er liebte schon vor der Grundlegung der Welt.

Wir hören dies in den Ausrufen des Himmels, die von Herzen kommen und den Retter preisen, der „Menschen für Gott erkauft hat“, aber bemerke, wie spezifisch diese Erlösung für spezifische Menschen war. Das Lied geht weiter und sagt, dass die Erkauften „aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen“ kommen. Wörtlich sagt der Text, dass das Lamm Menschen „aus jedem Stamm heraus und aus jeder Sprache heraus und aus jedem Volk heraus und aus jeder Nation heraus“ erkauft hat. Er gab sein Leben für diese Menschen spezifisch und nicht für andere. Ferner feiert das Lied dies mit den Pronomen: „Du hast sie zu Königen und Priestern gemacht für unseren Gott, und sie werden herrschen auf Erden“ (Offb 5,10).

Es gibt noch viele weitere Beschreibungen wie diese in der ganzen Bibel. Lies die folgenden Bibelstellen und erkenne, wie sie Jesus beschreiben als jemanden, der wirksam für ein spezifisches Volk starb:

Jesus hat die Errettung nicht nur für alle möglich gemacht, sondern diejenigen, die er errettet, die errettet er wirksam: „Denn der Sohn des Menschen ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10). „Denn wenn wir mit Gott versöhnt worden sind durch den Tod seines Sohnes, als wir noch Feinde waren, wieviel mehr werden wir als Versöhnte gerettet werden durch sein Leben!“ (Röm 5,10) „Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm zur Gerechtigkeit Gottes würden“ (2Kor 5,21). „Der sich selbst für unsere Sünden gegeben hat, damit er uns herausrette aus dem gegenwärtigen bösen Weltlauf, nach dem Willen unseres Gottes und Vaters“ (Gal 1,4). „In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Übertretungen nach dem Reichtum seiner Gnade“ (Eph 1,7).

Jesus gab sein Leben für sein Volk: „Und du sollst ihm den Namen Jesus geben, denn er wird sein Volk erretten von ihren Sünden“ (Mt 1,21). „Gepriesen sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat sein Volk besucht und ihm Erlösung bereitet“ (Lk 1,68). „Ich bin mit Christus gekreuzigt; und nun lebe ich, aber nicht mehr ich selbst, sondern Christus lebt in mir. Was ich aber jetzt im Fleisch lebe, das lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich selbst für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20).

Jesus gab sein Leben für seine Schafe: „Ich bin der gute Hirte; der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. … Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und bin den Meinen bekannt, gleichwie der Vater mich kennt und ich den Vater kenne; und ich lasse mein Leben für die Schafe“ (Joh 10,11.14–15).

Jesus gab sein Leben für viele, nicht alle: „Gleichwie der Sohn des Menschen nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben zu geben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28). „Denn das ist mein Blut, das des neuen Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28).

Jesus gab sein Leben für seine Gemeinde: „So habt nun acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in welcher der Heilige Geist euch zu Aufsehern gesetzt hat, um die Gemeinde Gottes zu hüten, die er durch sein eigenes Blut erworben hat!“ (Apg 20,28) „Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch der Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat, damit er sie heilige, nachdem er sie gereinigt hat durch das Wasserbad im Wort, damit er sie sich selbst darstelle als eine Gemeinde, die herrlich sei, so dass sie weder Flecken noch Runzeln noch etwas Ähnliches habe, sondern dass sie heilig und tadellos sei“ (Eph 5,25–27).

Jesus gab sein Leben für seine Erwählten: „Er, der sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern ihn für uns alle dahingegeben hat, wie sollte er uns mit ihm nicht auch alles schenken? Wer will gegen die Auserwählten Gottes Anklage erheben? Gott ist es doch, der rechtfertigt! Wer will verurteilen? Christus ist es doch, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der auch zur Rechten Gottes ist, der auch für uns eintritt! Wer will uns scheiden von der Liebe des Christus?“ (Röm 8,32–35)

Jesus betet für sein Volk, nicht für die Welt: „Ich bitte für sie; nicht für die Welt bitte ich, sondern für die, welche du mir gegeben hast, weil sie dein sind“ (Joh 17,9).

All dies zeigt, dass Jesu Tod eine Stellvertretung war. Wenn er anstelle von allen Menschen gestorben wäre, dann werden alle Menschen gerettet werden. Wenn er nur für einige Stellvertreter war, dann werden diese gerettet werden.

Der biblische Einspruch

Was ist mit den ganzen Bibelstellen, die von „allen“ reden und unterstellen, dass Jesus für jeden ohne Ausnahme starb? Es gibt verschiedene Bibelstellen, aber was ich sagen will, ist, dass die „alle“-Stellen in ihrem Kontext gelesen werden müssen und auch im Kontext der ganzen Schrift. „Alle“ bedeutet nicht immer alle Menschen ohne Ausnahme, oder jeden Menschen, der jemals gelebt hat. Manchmal bedeutet „alle“, was es hier in Offenbarung 5,9–10 bedeutet, wo alle Arten von Menschen als erkauft beschrieben werden. Anderswo bedeutet „alle“ alle Nationen – die Juden zusammen mit den Heiden. Neben den Stellen, die von der Partikularität von Christi Tod sprechen, kannst du sehen, dass die beste Lesart der Schrift ist, dass Jesus sich selbst als Löseopfer für alle Arten von Menschen gab, Juden und Heiden, „aus allen Stämmen und Sprachen und Völkern und Nationen“.

Sieh dir Johannes 3,16–17 an. Bemerke, dass Gottes Ziel im Senden seines Sohns mit zwei Satzteilen beschrieben wird, die seine Absicht ausdrücken: „damit jeder, der an ihn glaubt … ewiges Leben hat“, und „damit die Welt durch ihn gerettet werde“. Wenn die „Welt“ in Vers 16 jedes menschliche Wesen umfasst, dann wird jeder Mensch gerettet werden, denn Vers 17 sagt aus, dass er die ganze Welt rettet. Wir wissen, dass das nicht stimmen kann, denn nicht jeder wird gerettet werden. Also muss die „Welt“ sich nicht auf alle Menschen beziehen, sondern auf etwas Anderes. Was ist die „Welt“? Es ist die „Welt“ der Finsternis und des Unglaubens (siehe Joh 1,10). Gott liebte diese Welt der gefallenen und rebellischen Sünder trotz ihres Hasses auf ihn. Noch mehr, Gottes Liebe erstreckt sich nicht nur auf sündhafte Juden, sondern auf die ganze Welt der Sünder, einschließlich der Heiden an allen Enden der Erde (Joh 4,42; 11,51–52; 12,32; Offb 5,9). Der Punkt von Joh 3,16–17 ist, dass Gottes Liebe so immens ist, dass jeder Sünder, der glaubt, gerettet wird. Er spricht von der Genügsamkeit Jesu.

Sieh dir auch 1. Johannes 2,1–2 an. Das Wesen der „Sühne“ ist es, Gottes Zorn abzuwenden. Wenn dieser Text sich auf jeden Menschen bezieht, dann heißt das, dass der Zorn des allmächtigen Gottes nicht länger auf irgendjemandem ruht. Wenn Johannes sagt, „aber nicht nur für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt“, dann redet er entweder wie in Johannes 3,16–17 von der Genügsamkeit Jesu oder wie es aus den Worten unseres Herrn in Johannes 17,20 klingt: „Ich bitte aber nicht für [die Jünger] allein, sondern auch für die, welche durch ihr Wort an mich glauben werden“.

Schließlich, schau dir 1. Timotheus 2,4–6 an. Der Kontext ist nicht Christi Tod, sondern Gebet im öffentlichen Gottesdienst. Paulus gebietet Gebet „für alle Menschen“ (Vers 1). Seine Sorge ist nicht für jeden individuellen Menschen, sondern für „alle Arten und Umstände von Menschen“ (Gebetsbuch der anglikanischen Kirche). Er spezifiziert Gebet für Regierungsbeamte, als würde er sagen: „Betet für sie, damit wir weiter für alle anderen beten können“. Gott will die Errettung von „allen Menschen“, das heißt von allen Arten von Menschen. Er sorgt sich nicht nur um die Juden, sondern auch um die Heiden, um die Reichen und die Armen, um die Weißen und die Schwarzen, um die Aristokraten und die Arbeiter, um Männer und Frauen. Wenn Gottes Wille oder Verlangen sich hier auf jeden einzelnen Menschen beziehen würde, was wäre dann mit den anderen Bibelstellen, die von seinem Willen oder Verlangen sprechen, manche zu erwählen, andere aber nicht? Gott ist nicht verwirrt, deshalb ist sein Wille für die Errettung von allen im Einklang mit seiner erwählenden Wahl, wenn wir verstehen, dass er alle Arten von Menschen retten will.

Der biblische Nutzen

Wieso ist das Ganze wichtig? Ich möchte abschließen, indem ich drei biblische Nutzen dafür angebe, die intentionale und wirksame Zufriedenstellung von Gottes Gerechtigkeit durch Jesus Christus am Kreuz für seine Erwählten zu bekräftigen.

Erstens, es gibt Gewissheit und Sicherheit, dass unser Retter für uns ist: von aller Ewigkeit, am Kreuz und in alle Ewigkeit. Diese Gewissheit und Sicherheit kann sagen: „Du bist würdig, das Buch zu nehmen und seine Siegel zu öffnen; denn du bist geschlachtet worden für mich und hast mich für Gott erkauft mit deinem Blut aus diesem Stamm und dieser Sprache und diesem Volk und dieser Nation, und hast mich zu einem König und Priester gemacht für unseren Gott, und ich werde herrschen auf Erden“.

Zweitens, es gibt uns Grund anzubeten. Er ist wirklich und persönlich für mich gestorben, um wirklich und mächtig meine Erlösung aus der Knechtschaft der Sünde und dem Reich des Teufels zu bewirken.

Drittens, es gibt uns Grund, zu predigen, zu evangelisieren und der Welt Zeugnis zu geben. Wenn Jesus wirklich, persönlich und mächtig für manche „aus jedem Stamm heraus und aus jeder Sprache heraus und aus jedem Volk heraus und aus jeder Nation heraus“ gestorben ist, dann gibt es besondere Menschen in jedem Stamm, jeder Sprache, jedem Volk und jeder Nation, die zu Buße und Glaube kommen müssen.

Was für ein Lied wird gerade im Himmel gesungen. Lasst es zu unserem Lied hier auf Erden machen. Die Dortrechter Lehrregel schreibt:

Dieser Entschluss, der aus der ewigen Liebe zu den Erwählten hervorgegangen ist, ist von Anfang der Welt bis auf die gegenwärtige Zeit, indem die Pforten der Hölle sich vergeblich widersetzten, mächtig erfüllt und wird auch noch fortlaufend erfüllt, und zwar so, dass die Erwählten zu seiner Zeit zu einer Vereinigung versammelt werden sollen und dass immer eine Kirche der Gläubigen auf das Blut Christi gegründet ist, welche jenen ihren Heiland, der für sie, gleich wie ein Bräutigam für die Braut, sein Leben am Kreuz hingab, beständig liebt, fortwährend verehrt und hier und in alle Ewigkeit preist. (2.9)

Die Stämme, Sprachen, Völker und Nationen sind unmittelbar vor unserer Haustür. Worauf warten wir? Jesu Tod ist genug für eine gewaltige Zahl an Welten von Sündern; sag es ihnen, wissend, dass Gott es wirksam seinem Volk durch seine mächtige Gnade zuteilwerden lassen wird.